Bera und Paukenröhrchen

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maxi996
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Bera und Paukenröhrchen

#1

Beitrag von maxi996 »

Hallo zusammen,

unser hochgradig/an Taubheit grenzend schwerhöriger Sohn (Charge-Syndrom) hatte vorgestern seine zweite Bera unter Vollnarkose. Er ist jetzt 8 Monate, korrigiert 6 Monate alt. Die erste Bera war vor ca. 5 Monaten. Damals hatten wir von der Pädaudiologin eine Hörschwelle von 80dz auf beiden Ohren auf der Verordnung eingezeichnet bekommen, im Bericht stand dann kurz und knapp Hörschwelle <90... :help: Paukenergüsse lagen angeblich nicht vor, die Neugeborenenhörsreenings waren aber alle auffällig.
Da die Beras immer im Rahmen von anderen OPs in einem weiter entfernten Krankenhaus mitgemacht wurden, haben wir hier vor Ort einen anderen Pädaudiologen. Der hatte sich auch schon etwas über die Aussage <90 gewundert - das könnte ja theoretisch auch 20dz bedeuten :D
So, jetzt hat mein Mann eben die neuen Ergebnisse mitgeteilt bekommen: rechts <80, links > 90... Also in meinen Augen wieder so schwammige Aussagen... Es war jetzt so, dass unser Sohn in den letzten Wochen deutliche Paukenergüsse hatte; das zeigte auch die am Tag vor der OP noch mal durchgeführte Tympanometrie. Der Arzt hatte sich deswegen dann auch entschlossen Paukenröhrchen zu legen. Die Bera hat dann unmittelbar im Anschluss statt gefunden. Meine Fragen jetzt:

Ist das eigentlich üblich, dass die Ergebnisse so angegeben werden? Ich mein, größer 90 kann ja auch 120 sein :help:

Ist davon auszugehen, dass die Paukenergüsse/gerade eben gelegten Röhrchen noch Einfluss auf die Bera-Ergebnisse haben? Der HNO-Prof meinte ja, die Pädaudiologin meinte nein...

Über uns schwebt ja immer noch das Damokles-Schwert CI. Bis zu welchem Alter sollten wir ihm eigentlich Zeit mit den Hörgeräten geben? Er trägt sie seit November - wobei wir immer noch im Einstellungsprozess sind und vor wenigen Wochen auch noch mal die Geräte gewechselt haben...

Ich habe meinen Mann jetzt gebeten, sich die Hörkurven und alle Befunde geben zu lassen. Mal sehen, was da jetzt kommt.

Vielen Dank für euer Fachwissen!

LG
Maxi
fast-foot
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#2

Beitrag von fast-foot »

Hallo maxi996,
maxi996 hat geschrieben:Da die Beras immer im Rahmen von anderen OPs in einem weiter entfernten Krankenhaus mitgemacht wurden, haben wir hier vor Ort einen anderen Pädaudiologen. Der hatte sich auch schon etwas über die Aussage <90 gewundert - das könnte ja theoretisch auch 20dz bedeuten
So, jetzt hat mein Mann eben die neuen Ergebnisse mitgeteilt bekommen: rechts <80, links > 90...
Zunächst zur Angabe "> 90":

Ueblicherweise wird nur mit Reizsignalen getestet, deren Schalldruckpegel höchstens 90 dB beträgt. Wenn so keine Reaktion im Hirnstamm fest gestellt werden kann, muss die Hörschwelle (laut diesem Test) "logischerweise darüber liegen".

Zur Angabe "< 80".

Ich interpretiere sie in dem Sinne, dass bei einem Reizpegel von 80 dB eine Reaktion fest gestellt wurde, welche sicher als Folge einer Verarbeitung des akustischen Reizes im Hirnstamm eigestuft wird. Bei allen Werten darunter ist man sich offenbar nicht sicher (vielleicht, weil "das Signal stark verrauscht ist" oder die Latenzen nicht wirklich ins Bild passen oder optisch kein Ausschlag erkennbar ist etc. etc.

Natürlich sollte die Angabe meiner Ansicht nach theoretisch "fix" sein. Als Voraussetzung hierzu muss allerdings ein Pädakustiker auch wissen, dass die BERA-Ergebnisse bei Kleinkindern Informationen liefern, welche stark von den tatsächlich vorhandenen Hörschwellen abweichen können.
maxi996 hat geschrieben:Ist das eigentlich üblich, dass die Ergebnisse so angegeben werden? Ich mein, größer 90 kann ja auch 120 sein
In Bezug auf "> 90":

Im Prinzip ja (heisst dann, dass bei Reizen mit Schalldruckpegeln bis 90 dB keine Reaktion im Hirnstamm erkennbar ist).

In Bezug auf "< 80":

Nein; hier wird einfach ein Wert angegeben (welcher normalerweise 10 dB unter dem Pegel des Reizes liegt, bei welchem gerade noch eine Reaktion im Hirnstamm nachgewiesen werden kann).
Ist davon auszugehen, dass die Paukenergüsse/gerade eben gelegten Röhrchen noch Einfluss auf die Bera-Ergebnisse haben? Der HNO-Prof meinte ja, die Pädaudiologin meinte nein...
Ich würde sagen, wenn das Sekret nicht all zu zähflüssig ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass noch ein Teil abgeflossen bzw. verdunstet ist.
maxi996 hat geschrieben:Über uns schwebt ja immer noch das Damokles-Schwert CI. Bis zu welchem Alter sollten wir ihm eigentlich Zeit mit den Hörgeräten geben? Er trägt sie seit November - wobei wir immer noch im Einstellungsprozess sind und vor wenigen Wochen auch noch mal die Geräte gewechselt haben...
Ich persönlich würde sagen, eine Implantation kann dann in Erwägung gezogen werden, wenn nach Testen von optimal eingestellten (die Einstellung benötigt ebenfalls Zeit) Hörgeräten (beidseits) über den Zeitraum von mindestens einem halben Jahr keine oder nur ungenügende Hörreaktionen erfolgen, wobei es gut wäre, wenn dem Kind bereits Gebärden angeboten würden. Unter dieser Voraussetzung kann man gemäss glaubwürdiger Studien sogar bis zum Alter von vier Jahren warten, ohne dass in Bezug auf die Entwicklung der Lautsprache "gegenüber einer Implantation zu einem früheren Zeitpunkt signifikant nachweisbare Nachteile zu erwarten sind".

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
Katja_S
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#3

Beitrag von Katja_S »

Hallo Maxi,
ert einmal herzlich willkommen hier! Mein Sohn ist beidseitig an Taubheit grenzend schwerhörig (hat allerdings noch weitere Behinderungen). Bei uns war die Aussage nach den Bera-Tests immer "bis 110 dB keine Reaktion erkennbar". Das bedeutet ja im Prinzip etwas ähhnliches. Ansonsten kann ich dir zu den Angaben nicht viel schreiben, weil ich auch "nur" eine Mutter bin, die aus eigenen Erfahrungen schreiben kann (bzw das wiedergeben kann, was ich in den letzten 7 Jahren gehört und gelesen habe).
Wir haben bei Erik insgesamt 7 Monate Hörgeräte getestet (angefangen mit korr. 5 (unkorr. 8) Monaten (ist ein Frühchen)). Uns wurde gesagt, dass man dies auf alle Fälle mindestens ein halbes Jahr machen sollte, um sicher zu gehen, dass diese nicht ausreichen. Das kann man sicher auch länger machen, wenn es unklar ist, ob HG nicht doch ausreichen, bei uns war aber recht schnell klar, das nicht (hat trotz extrem stark eingestellten HGs das Plappern eingestellt, Hörkurven lagen bei 70-80 dB im Hochtonbereich (im Tieftonbereich zwar etwas besser, aber für die Sprache ist ja eher der Hochtonbereich interessant)). Sein 1. CI hat er dann mt 1 Jahr bekommen, sein 2. CI mit 4 Jahren (das war aus speziellen (medizinischen) Gründen vorher nicht möglich). Er profitiert enorm davon und für uns in unserer Situation war das die richtige Entscheidung (obwohl ich mir vor den OPs natürlich schon Sorgen gemacht habe).
Wann (und ob überhaupt) euer Sohn ein CI bekommt, ist aber eure Entscheidung! Ihr könnt sicherlich in Ruhe Hörgeräte testen und dann, wenn klar ist, dass diese nicht ausreichen, entscheiden, ob ihr euch für oder gegen ein CI entscheidet. Dein Sohn ist ja noch recht klein.
Sieht dein Sohn denn gut? Ich frage das nur, weil beim Charge-Syndrom meines Wissen nach auch Seheinschränkungen vorliegen können. Für mich hat das bei der CI-Entscheidung eine große Rolle gespielt, dass mein Sohn vor den CIs den (fast) fehlenden Hörsinn nicht durch besonders gutes Sehen ausgleichen konnte und kann (hat eine Optikusatrophie).
Ich wünsche euch, dass euer Sohn sehr von den HG profitiert und ihr erst gar nicht über eine Implantation nachdenken müsst (auch wenn CIs eine große Chance sein können, ist es natürlich immer schöner, wenn eine Implantation erst gar nicht nötig ist).
Habt ihr Hörfrühförderung?
Ich wünsche euch alles Gute!
Gruß
Katja
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
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maxi996
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#4

Beitrag von maxi996 »

Danke euch beiden!
Fast foot, wenn ich dich richtig verstehe heißt das also, dass bis 90 dz getetstet wurde, da keinerlei Reaktion festzustellen war und weiter nicht getestet wurde? Ich meine, mal von anderen gehört zu haben, dass da bis 120dz getestet wurde? Ist das immer verschieden? Kann ich denn eigentlich davon ausgehen, dass wenigstens ein Hörnerv angelegt ist, da es auf dem Ohr zumindest bei der 1. Bera eine Reaktion gegeben hat? Sonst bräuchte ich mir ja nicht einmal über CI den Kopf zu zerbrechen...

Katja, ich glaube, wir haben uns schon mal in einem anderen Forum geschrieben. Eure Signatur kommt mir bekannt vor ;-)
Unser Sohn hat auch eine Sehbeeinträchtigung, also ganz Charge-typisch. Wie stark die ist, wissen wir noch nicht. Aber wir haben das Gefühl, dass Sehen besser als Hören geht.
Aber schön, dass das bei euch mit den CI´s so gut klappt. Das ist leider bei Charge-Kindern oft nicht so der Fall. Das hat mir auch noch mal eine Dame vom Taubblindenwerk in Hannover gesagt, die uns letzte Woche besucht hat. Viele kommen trotz CI nicht in die Sprache. Und das zeigen auch die Charge-Kinder, die ich bisher kennen gelernt habe. Deshalb graut es mir auch so davor; ich setze irgendwie eher auf Hörgeräte oder möchte es gerne...

Mit Gebärden stehe ich ehrlich gesagt noch ziemlich auf Kriegsfuß - auch wenn ich weiß, dass sie für unseren Sohn wichtig sind. Mich nervt, dass ich auch das noch lernen soll. Ich musste mir schon Castillo Morales aneignen, Bobath, Voijta und dazu die ganzen pflegerischen Sachen. Ich bin schlicht auf und habe gerade überhaupt keine Lust, mich in noch etwas einzuarbeiten. Hier stapeln sich die Fachbücher, die ich von den diversen Förderleuten bekomme und ich weiß einfach auch gar nicht, wann ich das alles lesen soll. Immerhin habe ich auch noch ein Kind (und in ein paar Monaten auch wieder einen Beruf).
Nervig finde ich auch, dass die Gebärden überhaupt nicht einheitlich sind. Alleine für Schluss/Ende habe ich jetzt schon drei verschiedene Varianten unserer verschiedenen Therapeuten mitbekommen. Und letztlich "spricht" die Sprache ja auch keiner. Also ich kenne nicht eine einzige Person, kein Kind, das die Gebärdensprache beherrscht. Wie soll man denn so kommunizieren? In unserer Stadt gibt es auch keine Kurse dazu. Laut SPZ gibt es gerade mal ein Kind, das hier Implantat versorgt ist - aber damit zumindest in die Sprache gekommen ist. Also tolle Aussichten für mein Kind...
Tut mir leid, dass ich gerade so resigniert wirke, aber das bin ich einfach auch.

LG
Maxi
Momo
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#5

Beitrag von Momo »

Liebe Maxi,

wer behauptet denn dass keiner Gebärdensprache spricht? Das stimmt nun mal gar nicht. Ich kann zwar verstehen, dass dich das alles sehr fordert und manches mal auch überfordert, aber ein Kind braucht eine Sprache und zwar eine vollwertige um sich geistig entwickeln zu können. Und dass es zum Teil unterschiedliche Gebärden für ein und dasselbe gibt, sit in der Lautsprache auch nicht anders. In der Regel sind sie allerdings regional einigermaßen einheitlich. Die Frage ist, ob die „Fachleute“ vielleicht ein anderes Gebärdensystem verwenden (z.B. GuK Gebärden) oder veraltete Gebärden nutzen. Leider sind auch an Hörgeschädigteneinrichtungen nur wenig Leute, die Gebärdensprache beherrschen. Außerdem, und da stimme ich dir zu, hilft ein Buch gar nicht. Das muss man durch aktives Gebärden lernen, wie eine Sprache.

Was ihr tun könnt:

1. ihr könnt euch vom HNO oder Kinderarzt „Tommys Gebärdenwelt“ inkl. DVDs verschreiben lassen. Das ist eigentlich das Standardwerk für Kinder. Wie das genau geht, steht hier: http://www.kestner.de/n/verschiedenes/p ... -tommy.htm

2. gibt es die Möglichkeit bilinguale Frühförderung zu beantragen (wenn es eine bei euch gibt) oder aber ansonsten alternativ dazu neben der normalen Frühförderung einen Hausgebärdensprachkurs (für das Kind über die Eingliederungshilfe, Sozialamt; für die Eltern über das Jugendamt). Infos dazu Hier: http://www.kestner.de/n/elternhilfe/ver ... schule.htm

Und wenn man mal erleben möchte wie schon kleine Kinder in Gebärdensprache kommunizieren, der kann das u.a. hier: http://gehoerlosekinder.de/

Für Familien mit Charge Kindern gibt es auch ein eigenes Familientreffen:
http://www.charge-syndrom.de/index.php/termine-treffen/

Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
Katja_S
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#6

Beitrag von Katja_S »

Hallo Maxi,
kann gut sein, dass wir uns in einem anderen Forum schon geschrieben haben...Ich erinnere mich dunkel.
Uns ging es damals bei der Implantation nicht "nur" ums "In die Sprache kommen". Uns wurde vor der CI-Implantation ja mehrfach gesagt, dass es bei Erik unwahrscheinlich ist, dass er in die Sprache kommt (eben wegen seiner Hirnschädigung und der geistigen Behinderung). Wir wollten aber, dass unser Sohn möglichst viel von seiner Umwelt wahrnehmen kann, damit er sich in seinem Rahmen entwickeln kann. Für mich zumindest wäre es damals auch schon ein Erfolg gewesen, wenn er Freude an Umgebungsgeräuschen/ Tönen/Musik gehabt hätte oder auf meine Stimme reagiert hätte, vielleicht einiges verstanden hätte. Verstehst du,was ich meine? Dass er jetzt so gut lautsprachlich kommunizieren kann , ist natürlich für uns erst recht toll (selbst wenn die Grammatik teilweise falsch ist und er auch nicht alle Wörter richtig auspricht). Man kann nie vorhersagen, wie sehr ein Kind vom CI profitiert.
Vermutlich habe ich dir das damals auch schon geschrieben, ich finde es nur immer wieder schade, wie sehr das Hören auf das "dadurch Sprechen lernen" reduziert wird. Wenn ein Kind gut sieht, ok, dann kann es das "Nicht Hören" sicher großteils ausgleichen, bei sehhörgeschädigten Kindern ist das nicht so einfach. Nicht umsonst gilt das ja als eigene Behinderung.
Im übrigen finde ich die Gebäürdensprache eine sehr schöne Sprache, während unserer CI-Rehas habe ich schon einige gehörlose Eltern mit ihren Kindern getroffen und mich auch schon mit diesen über einer Gebärdendolmetscherin unterhalten (oder auch direkt, wenn einer der Elternteile so gut sprechen konnte, dass man sich verständigen konnte). Ich nehme mir immer wieder vor, die Sprache zu lernen (auch wenn Erik die Gebärden so nicht wirklich ausführen könnte). Damals ging es mir wie dir: Man hat zig Arzttermine (davon nur wenige wegen dem Hören), ist Stunden am Tag mit Füttern beschäftigt, turnt 3-4 x am Tag nach Vojta, hat Frühförderungen, Ergo, dann steht wieder eine OP an (nicht nur die CI-Ops, sondern bei uns daneben noch Shunt-OP, Hodenhochstand-OPs..) etc. Da sieht man es als große Hürde, nebenbei noch eine Fremdsprache (was die Gebärdensprache für mich zumindest ja ist) zu lernen. Zumal ja jeder sagt: Jetzt müssten Sie noch das und das...Sind doch nur ein paar Minuten am Tag.....
Da kann ich dich sehr, sehr gut verstehen! Aber natürlich wäre es gut, wenn du deinem Sohn eine Sprache anbieten könntest. Vielleicht kannst du ja nach und nach zumindest ein paar Gebärden einführen? Wir haben damals zumindest einfache Gebärden für Essen, Tinken, Schlafen etc. benutzt (das macht man ja fast automatisch). Bei uns war es dann so, dass uns m Prinzip Eriks Sprachentwicklung überholt hat...
Sorry, langer Text geworden und vielleicht hatte ich dir das auch schon mal geschrieben :shy: .
Jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Erfolg mit den Hörgeräten :D .
Gruß
Katja
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
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maxi996
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#7

Beitrag von maxi996 »

Katja, genau das meine ich. Seit Monaten sagt mir jeder, was ich alles tun soll und muss, um meinen Sohn zu fördern. Mal eben dies, dann das und das... Essen üben, Mundmotorik trainieren, am besten 3-4 Voijta, Übungen fürs Sehen, Fingerspiele fürs Hören und und und...
Das mag ja auch alles richtig und gut sein, aber es muss eben auch leistbar sein. Unser Terminkalender platzt aus allen Nähten: Arzttermine, Akustiker, OP´s, Sehfrühförderung, Hörfrühförderung, heilpäd. Frühförderung, Physiotherapie, Logopädie und und und... Wir wohnen im ländlichen Raum, hier sind die Wege weit. Für jeden HNO- oder Akustikertermin fahre ich fast eine Stunde. Dazu unser anderes Kind, das ich jedes Mal unterbringen muss bzw. das ja nun mal auch Bedürfnisse und Termine hat. Wenn mein Mann und ich die Kinder abends versorgt haben, müssen wir Abrechnungen für Beihilfe und Krankenkasse machen oder wir schlafen wir auf dem Sofa ein. Ich weiß schlicht einfach nicht, wie ich da noch eine neue Sprache lernen soll. Und wenn ich im Sommer wieder arbeiten muss, wird das zeitlich sicher nicht einfacher
Von unseren eigenen Bedürfnissen nach mal ein wenig Sport, einem Treffen mit Freunden mal abgesehen...
Du hast natürlich Recht, dass es sicher beim Hören um mehr geht, als ums Sprechen lernen. Aber Sprache gibt einem ja nun mal die Möglichkeit zur Kommunikation, zum dabei sein und sich mitteilen können.
Ich kenne hier wirklich niemanden, der die Gebärdensprache beherrscht. Weder in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft... Sicher gibt es Leute, die die Gebärdensprache können, aber die wohnen doch in der Regel sehr verstreut irgendwo in Deutschland. Und mit Gebärden wird sich unser Kind vielleicht mal mit uns austauschen können, aber mit wem sonst? Bei uns ist z.B. auch die nächste Gehörlosenschule 1 Stunde entfernt...

Danke für deine Tipps, Momo. Im Charge-Verein sind wir schon Mitglied. Das es hier bilinguale Frühförderung gibt, bezweifle ich. Aber ich mache mich mal schlau. Ich hätte ja von der heilpäd. Frühförderung schon gerne jemanden gehabt, der Gebärden kann - gibt es aber nicht. Hausgebärdenkurs und die DVD´s sind bestimmt gut - aber ich frage mich eben, wann ich das noch machen soll. Ich hab schon jetzt einfach keine Kraft mehr für irgendetwas und wünsche mir einfach nur ein normales Leben zurück...

LG
Maxi
Momo
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#8

Beitrag von Momo »

Liebe Maxi,
ich verstehe natürlich was du meinst und ich kann mir vorstellen wie schwer und anstrengend das ist. Ich weiß auch wie sehr es einen zerreißt, wenn zusätzlich auch noch ein Geschwisterkind dabei ist.
Natürlich ist es richtig, dass es sicher nicht direkt bei euch um die Ecke gebärdensprachliche Kinder gibt (obwohl man sich ja manches mal wundert…). Dennoch ist es natürlich so, dass ein Kind was gar keine Sprache hat sich mit niemandem verständigen kann und da wäre es ja schon ein super Vorteil, wenn man sich wenigstens im familiären Umfeld verständigen kann. Später für die Schule muss man dann sehen was passt, aber eine Vorraussetzung um überhaupt bildungsfähig zu sein ist ein funktionierendes Sprachsystem als Grundlage. Und da ist egal ob es eine gebärdete oder gesprochene Sprache ist. Das nur mal so ganz allgemein zum Thema.
Zur euere speziellen Situation: ich kann mir vorstellen, dass es einfach nur Kraft kostet das alles zu meistern. Vielleicht müsste man mal gemeinsam mit den ganzen Therapeuten/ Fachleuten überlegen, wo man „bündeln“ kann, um euch zumindest zeitlich zu entlasten. So haben wir damals z.B. Logopädie und Frühförderung nicht gleichzeitig gemacht und uns eine Frühförderin gesucht, die auch einen sprachfördernden Hintergrund hatte. Als das nicht mehr ausreichte, haben wir die FF gestrichen und Logo gemacht. Ich weiß einfacher gesagt als getan, zumal mein Sohn „nur“ hörgeschädigt ist. Als er in den Kindergarten kam, haben wir uns ganz bewusst für den Hörgeschädigtenkindergarten entschieden, weil er dort alles an Hörförderung und Logo im Kindergarten bekam und nachmittags dann einfach mehr Luft war (in einem Regelkiga z.B. hätten alle Therapien oder ein Teil ja zusätzlich nachmittags stattfinden müssen). Wir haben immer wieder neu überdacht, ob alles so wie es ist stimmig ist und ggf. nachgesteuert und neue/ andere Schwerpunkte gesetzt, denn alles zur gleichen Zeit ist manchmal auch einfach ein Zuviel. Verstehst du wie ich das meine?
Vielleicht wäre das bei euch auch an der ein oder anderen Stelle möglich zunächst einmal Schwerpunkte zu setzen und vielleicht eben auch an einer Stelle zwei Bereiche abzudecken, z.B. war das bei uns Frühförderung, Logo und Ergo zusammen im Rahmen der Frühförderung. Später dann stattdessen Logopädie und Motopädie (weil FF nicht mehr ausreichte/ passte) usw.
Wo kommt ihr denn her? Vielleicht kennt jemand eine bilinguale Frühförderung? Welche SH Schule ist zuständig, vielleicht können die ja auch jemanden schicken, der zus. Gebärden (zumindest schonmal unterstützend) anbieten kann.
Ich wünsche euch ganz viel Kraft!
Herzliche Grüße
Wiebke und Sohn (fast 21 Jahre) mit 1 HG und 1 CI
fast-foot
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#9

Beitrag von fast-foot »

Hallo maxi996,
maxi996 hat geschrieben:Fast foot, wenn ich dich richtig verstehe heißt das also, dass bis 90 dz getetstet wurde, da keinerlei Reaktion festzustellen war und weiter nicht getestet wurde? Ich meine, mal von anderen gehört zu haben, dass da bis 120dz getestet wurde? Ist das immer verschieden?
Nein. Es wird insbesondere seit nicht all zu langer Zeit üblicherweise nicht mehr mit Reizen sehr hoher Pegel getestet, da eine Gefährdung für das Gehör besteht.
Insbesondere in früheren Zeiten betrugen die Schalldruckpegel der Signale bis 120 dB. Heute ist dies meines Wissens eher unüblich (aus gutem Grunde - zumal Sinustöne (daraus bestehen die Testsignale häufig) besonders gefährlich sind).
maxi996 hat geschrieben:Kann ich denn eigentlich davon ausgehen, dass wenigstens ein Hörnerv angelegt ist, da es auf dem Ohr zumindest bei der 1. Bera eine Reaktion gegeben hat? Sonst bräuchte ich mir ja nicht einmal über CI den Kopf zu zerbrechen...
Laut Ergebnis der BERA kann im Hirnstamm eine Reaktion auf Grund eines dem rechten Ohr dargebotenen akustischen Reizes mit Schalldruckpegel von 80 dB nachgewiesen werden (so, wie ich die Angabe interpretiere). Somit muss der rechte Hörnerv elektrische Signale weiter leiten, also grundsätzlich funktionieren.

Auf Grund der Hörschwelle (gemäss BERA) kann man davon ausgehen, dass der Erwerb der Lautsprache mittels Hörgerät(en) möglich sein wird.

Die Schwelle liegt zwar eher an der Grenze. Allerdings ist

1. die Messung nicht unbedingt sehr genau, da bspw.

2. die Potentiale noch sehr schwach ausgeprägt sind und darüber hinaus liegt

3. die Hörschwelle auch bei normal hörenden Kindern dieses Alters nicht bei 0 dB, sondern bei etwa 25 dB, wobei

4. eine Hörgeräteversorgung die Entwicklung der retrocochleären Hörbahnen entscheidend voran treiben kann, was

5. eine Herabsetzung der Hörschwelle zur Folge hat etc.

Nur auf Grund der einen Angabe spricht also nichts dagegen, dass unter Verwendung von Hörgeräten die Lautsprache erworben werden kann. Natürlich ist beim linken Ohr nicht klar, ob überhaupt etwas gehört werden kann bzw. ob es den Erwerb der Lautsprache entscheidend erleichtern kann. Wenn eine vormalige BERA auf das Vorhandensein einer (wenn auch hohen) Hörschwelle links schliessen liess, ist die Annahme nahe liegend, dass auch der linke Hörnerv grunsätzlich in der Lage ist, elektrische Signale weiter zu leiten (und dass auch im Hirnstamm eine Verarbeitung statt finden kann).

Gerne kannst Du die Resultate sämtlicher Untersuchungen (insbesondere auch die Potentialkurven der BERA ("Zick-Zack-Linien") anomymisiert hochladen, so dass ich mir ein genaureres und umfassenderes Bild von Art und Ausprägung der Hörstörung machen kann.

Vielen Dank!

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
maxi996
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#10

Beitrag von maxi996 »

Hallo Wiebke,

danke für deine ganzen Anregungen. Ich schaffe es erst heute wieder mich zu melden, da die Entlassung aus dem KH anstand. Ich hab ja schon einiges davon versucht, nämlich indem ich z.B. von der Frühförderung einfach gerne jemanden gehabt hätte, der sich mit Gebärden auskennt. Gibt es scheinbar aber hier nicht. Überhaupt höre ich nur immer, dass sich ja eigentlich niemand mit der Kombination einer Hör- und Sehschädigung auskennt - scheinbar sind wir weit uns breit die Einzigen, die dieses Schicksal ereilt hat. Laut unserem Kinderarzt sind wir die Experten - na toll, das kann es ja eigentlich auch nicht sein. Wir wohnen im nördlichen Münsterland und gehören zur SH Schule Münster. Die ist aber wie gesagt fast eine Stunde entfernt. Soweit ich weiß wäre da auch ein Hörgeschädigtenkindergarten (den ich ja liebend gerne wählen würde), aber die Entfernungen sind einfach unrealistisch - zumindest für ein so kleines Kind. Man kann sich mit einem behinderten Kind ja glücklich schätzen, wenn man in der Nähe einer großen Stadt wohnt. Auf dem Lande hat man da scheinbar verloren. Aber wenn hier jemand einen Tipp für unsere Region weiß, nehme ich ihn gerne an ;-) Habt ihr denn entschieden, welche Therapie für euch jetzt gerade die Richtige war oder hat euch da jemand beraten? Ich kann das so gar nicht einschätzen, was ich erst einmal hinten an stelle und was gerade wichtig ist. Die Logopädie haben z.B. noch gar nicht wg dem Hören, sondern wg der Schluckproblematik. Na ja, vielleicht muss ich mich da noch mal durchfragen...

Fast-foot, danke für die Infos! Ich habe einen kurzen Blick auf die Hörkurven geworfen und es scheint wirklich so zu sein, dass nur bis 95dz getestet wurde. Aber das scheint dann ja Sinn zu machen. Ich lade die Hörkurven über die Feiertage mal hoch und würde mich freuen, wenn du etwas dazu sagen könntest...

LG
Maxi
Katja_S
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#11

Beitrag von Katja_S »

Hallo Maxi,
ich habe hier etwas Probleme mit dem Zitieren (das klappt hier im Forum bei mir nie):
Von daher hoffe ich, dass du durchblickst:
"dass sich ja eigentlich niemand mit der Kombination einer Hör- und Sehschädigung auskennt - scheinbar sind wir weit uns breit die Einzigen, die dieses Schicksal ereilt hat. "

Nee, die einzigen seid ihr sicher nicht! Mein Sohn hat ja z.B. auch eine Sehhörbehiderung und in seiner Schule (er geht in eine Schule für seh- und mehrfachbehinderte Kinder) gibt es mehrere Kinder (spontan fallen mir 4-5 ein) mit einer gleichzeitigen Seh-und Hörschädigung. Aber das hhilft dir ja leider nicht wirklich weiter, außer vielleicht, zu wissen, nicht alleine da zu stehen...
Gibt es bei euch denn keine Hörsehfrühföderung? In Hannover gibt es doch (wie hier in B.-W. in Schramberg-Heiligenbronn) ein Zentrum für Taubblinde/Sehhörgeschädigte oder? Bieten die keine Hörsehfrühförderung an? Erik hatte damals neben der Sehfrühförderung und der Hörfrühförderung auch eine Hörsehrfrühförderin, die ca. alle 4 Wochen zu uns nach Hause gekommen ist (im Endeffekt hatten wir dann 1 x die Woche eine Sinnesfrühfördeurng). Als er dann in den Kindergarten gekommen ist, kam sie alle 4-8 Wochen da hin und bei Fragen (auch als es dann um die Schulwahl ging) konnte ich mich mit Fragen an sie wenden. Auch jetzt kommt ca. 1 x im Monat eine Sonderpädagogin von Heiligenbronn an seine Schule, um die Lehrer in allen Fragen zu beraten, die die Hörschädigung angehen (für alle Schüler, die neben der Sehbehindeurng noch eine solche haben). Vor kurzem hat sie erzählt, dass sie viele Anfragen wegen Hörsehfrühörderung bekommen.
Erkundige dich doch mal, wie das bei euch im "Norden" ist!

"Habt ihr denn entschieden, welche Therapie für euch jetzt gerade die Richtige war oder hat euch da jemand beraten? Ich kann das so gar nicht einschätzen, was ich erst einmal hinten an stelle und was gerade wichtig ist. Die Logopädie haben z.B. noch gar nicht wg dem Hören, sondern wg der Schluckproblematik."

So ging/geht es mir auch! Was soll man hintenanstellen? Gerade bei einem so kleinen Kind, wo einem jeder sagt, dass die 1. 1-2 Jahre am Wichtigsten sind....Logopädie haben wir damals z.B. auch nicht wegen dem Hören oder Sprechen (außer die 2-3 x jeweils während der CI-Rehas) angefangen (um einen wöchentlichen Termin zu sparen, als Intensivtherapiewochen), sondern (wie bei euch anscheinend) wegen Ess- und Trinkproblemen (Logo als Sprachtherapie daheim haben wir eigentlich erst seit 2 -3 Jahren). Das kann man nicht wirklich hinten anstellen, wenn ein Kind nicht saugen oder kauen bzw. schlucken kann.. Physiotherapie ist bei einem motorisch stärker eingeschränkten Kind ja auch unersätzlich, auch für die Kommunikation (wenn ein Kind nicht aufrecht sitzen kann, eine sehr schlechte Feinmotorik hat, kann es auch schlecht gebärden..) . Da ihr nach Vojta turnt, gehe ich mal davon aus, dass dein Sohn auch motorische Probleme hat, oder? Und beim Sehen heißt es auch, dass man gerade in den 1. 2 Jahren viel anbahnen kann...
Na ja, lange Rede, kurzer Sinn: Ich kann dich so gut verstehen! Bei einem Kind mit "nur" 1 "Großbaustelle" und evtl. ein paar Nebenbaustellen ist es sicherlich einfacher, Schwerpunkte zu setzen und Therapiepausen zu machen.
Falls es dich tröstet: Es wird mit der Zeit besser, ich mache mir inzwischen keine Gedanke mehr, wenn Physio mal 1 Monat ausfällt, wir eine Zeit keine Ergo haben etc.! Mein Sohn, obwohl er jetzt seit über 7 Jahren regelmäßig die unerschiedlichsten Therapien hat, hat aber immer noch Freude dran (er ist derjenige, der enttäuscht ist, wenn Therapien ausfallen). Für den ist die Ergo eine Spiel-und Bastelstunde, KG ist Turnen, auf die Logo freut er sich immer riesig und aus den Intensivtherapiewochen will er gar nicht mehr heimfahren... Für die Kinder muss das also nicht nur schlmm sein.
Ich hoffe, ich nerve dich nicht...
Seid ihr denn jetzt zu Hause? Ward ihr bis die Woche noch stationr aufgenommen?
Ich wünsche euch alles Gute und ein gutes Einleben zu Hause!
Gruß
Katja
Katja mit Erik (geb. 2008), mehrfachbehindert, u.a. sehbehindert und gehörlos
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maxi996
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#12

Beitrag von maxi996 »

Hallo Kaja,

vielen lieben Dank für deine verständnisvollen Worte! Es tut mir leid, dass ich erst jetzt zum Antworten komme, aber kaum aus dem Krankenhaus entlassen (das war letzten Sonntag) musste ich die Woche wieder 2 x zu Arztterminen nach Münster und auch sonst stand Einiges an. Und abends bin ich manchmal einfach zu platt, um noch ins Netz zu schauen...

Wenn du so von euch berichtest, scheint es bei euch ja sehr ähnlich gewesen zu sein - viele Baustellen, viele Termine...

Also eine Hörsehfrühförderung gibt es bei uns nicht. Wir haben die Hörfrühförderung über eine Gehörlosenschule, die Sehfrühförderung über eine Blindenschule. Die uns betreuenden Kräfte haben damals gleich gesagt, dass sie mit der Kombination wenig bis keine Erfahrung haben. Sie kennen sich auch nicht, jede arbeitet quasi an "ihrer Baustelle". Da sie aber selber festgestellt haben, dass das schwierig ist, hatten sie Kontakt zum Taubblindenwerk nach Hannover aufgenommen. Da war auch letztens eine Dame da und wir hatten eine große Gesprächsrunde. Sie hat uns ein bisschen was über Charge erzählt und einige Tipps gegeben. Leider ist das aber keine regelmäßige Sache, da sie wohl sehr viel zu tun haben. Eine regelmäßige Hörsehfrühförderung wird es hier also nicht geben. Das scheint bei euch im Süden ja etwas besser zu laufen.

Motorische Probleme gibt's natürlich auch. Unser Sohn hat aufgrund der permanenten Rückenlage (Bauchlage ging aufgrund von Nasentuben bisher nicht) noch wenig Kopfkontrolle. Das muss natürlich auch stabilisiert werden, um überhaupt am Schlucken vernünftig arbeiten zu können. So zieht halt eins das andere nach sich und daher scheint es einfach schlicht nicht möglich, Schwerpunkte bei den Therapien zu setzen. :(

Von Intensivtherapiewochen habe ich schon gehört. Leider ist das bei uns aufgrund des Geschwisterkindes (der jetzt im Sommer in die Schule kommt) wirklich schwierig. Für ihn war schon der wochenlange KH-Aufenthalt nach der Geburt ein echtes Problem. Abgesehen davon steht ja auch bei mir im Sommer die Arbeit wieder an... Welche Intensivtherapiewochen habt ihr denn gemacht?

Wir haben jetzt in der letzten Woche von unserem Pädaudiologen und auch der Akustikerin den Rat bekommen, einen Termin in Hannover zur CI-Sprechstunde zu machen. Ich hatte damit nach den Ergebnissen der neuesten Bera schon gerechnet. Allerdings bin ich ehrlich gesagt ziemlich mutlos, was das CI angeht. Auch die Dame vom Taubblindenwerk hatte uns nicht viel Mutmachendes bei Charge-Kindern dazu zu berichten. Da fragt man sich ja schon fast, warum man das dann alles dem Kind und sich antun soll...

Soweit ich bisher gehört habe, ist Hannover ja die Adresse bei CIs. Kann mir da jemand über Erfahrungen berichten? Mir wäre v.a. wichtig, ob sie auch neutral beraten. Meiner Vorstellung nach wird doch sicher immer pro CI beraten, da sie damit ja schließlich ihr Geld verdienen. Oder irre ich da?

Gibt es im westdeutschen Raum noch eine andere gute Anlaufstelle? Es schadet ja unter Umständen nicht, sich eine Zweitmeinung einzuholen...

LG
Maxi
Katja_S
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13

Re: Bera und Paukenröhrchen

#13

Beitrag von Katja_S »

Hallo Maxi,
wir fahren regelmäßig zu Intensvtherapiewochen ins Therapizentrum Iven nach Baiersbronn. Wenn du mehr dazu wissen willst, kannst du bei Rehakids nach Infos suchen (ich denke, das war das Forum, wo wir schon mal geschrieben haben, oder?). Nachdem es (wie bei so vielen Sachen) sowohl positive als auch negative Erfahrungen mit Baiersbronn gibt, sage ich immer nur, man muss es selbst ausprobieren, ob es etwas für einen selbst bzw. das KInd/die Familie ist. Da snd viele Familien, bei denen Geschwisterkinder dabei sind... Erik haben die Wochen schon sehr viel weitergebracht (in allen Bereichen, vor allem beim Essen) und für mich war/ist das Schöne, das man dort eben nicht stationär aufgenommen wird (man sucht sich selbst eine FeWo und geht nur zu den Therapien ins Therapiezentrum). Na ja, ob das in der jetzigen Situation kurz nach KH-Entlassung schon was ist mit so einer Intensivwoche, müsst ihr sehen. Ihr könnt es ja im Hinterkopf behalten, dass es sowas gibt!
Wegen dem CI müsst ihr selbst sehen, wann und ob ihr euch dafür entscheidet! Wenn ihr jetzt (noch?) nicht soweit seid, euch mit dem Thema CI auseinander zu setzen, dann lasst es! Dann müsst ihr jetzt auch noch keine VU machen! Euer Sohn ist doch jetzt erst 6 oder 9 Monate alt (habe jetzt nicht nachgelesen, sorry), da habt ihr noch alle Zeit der Welt! Ich habe jetzt vor 2 Wochen bei der CI-Reha 3 Kinder getroffen, die mit ungefähr 2 Jahren implantiert wurden (bei 2en davon wurde die Diagnose erst kurz vorher gestellt) und die sprechen alle 3 recht gut (nach 2-3 Jahren)! Lasst euch da nicht drängen und wartet doch einfach mal ab, wie viel die HG noch bringen. Die Ärzte usw. können nur Empfehungen aussprechen. In einem halben Jahr oder so kann man sicher auch noch besser/eher sagen, wie gut dein Sohn hört und ob er Sprache versteht! So lange ihr so skeptisch seid, was das CI an sich angeht, macht es keinen Sinn, über eine VU nachzudenken, ihr solltet euch zur Entscheidung Pro-CI nict drängen lassen, sondern dann auch voll dahinter stehen! Das ist einfach meine persönliche Meinung. Als wir die VU gemacht haben, war für uns klar, dass Erik ein CI bekommen soll (wenn er die Vorrausstzungen mitbringt). Vor diesem Entschluss fürs CI hätten wir die VU nicht gemacht. Zu Hannover kann ich dir nichts schreiben, wir werden von Freiburg betreut.
Andererseits finde ich so pauschal negative Aussagen dieser Frau vom Taubblindenwerk auch schwierig. Das ist meiner Meinung nach genauso schwierig wie pauschal positive Aussgen über CIs ("jedes Kind kommt damit in die Sprache" etc.). Wie viele Charge Kinder mit CI kennt sie denn? Weshalb war das CI nicht erfolgreich (nur weil die Kinder nicht "normal" sprechen heute oder nehmen diese mit dem CI gar nichts wahr?), was waren die Vorraussetzungen (mit welchem Alter Implantation, zusätzliche Behinderungen..)? Oder gibt es einen medizinischen Hindergrund, weshalb gerade Charge-Kinder weniger von einem CI profitieren als andere hörgeschädigte Kinder (bei keinem Kind kann man ja vorhersagen, wie stark es im Endeffekt profitieren wird)? Was meinen denn Ärzte dazu ?
Gibt es eigentlich ein Forum für Charge-Kinder? Vielleicht findest du dort ein paar (positive oder negative oder beides) Erfahrungsberichte? Mir hat mal eine Hörfrühförderin (eine ganz entfernte Bekannte) erzählt, bei ihnen an der Schule (irgendwo im Ruhrpott) würden viele Lehrer die Meinung vertreten, dass mehrfachbehinderte Kinder ja kein CI bräuchten, weil das denen eh nichts bzw. zu wenig bringen würde. Diese Aussage hat mich damals ganz schön geschockt (das war zu einem Zeitpunkt, als Erik schon recht gut lautsprachlich kommuniziert hat).
Gruß
Katja
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otoplastik
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#14

Beitrag von otoplastik »

Hallo Maxi,
ich kann Katja nur zustimmen!
Lass Dich nicht von einer Aussage zu sehr beeinflussen. Man weiß ja nichts über die Fälle, die diese Frau gemeint hat. Ich würde auf jeden Fall andere Meinungen einholen.
Auf der Website des Taubblindenwerkes Hannover steht auch, dass sie mit dem CIC (Cochlea Implant Zentrum Hannover, machen Reha) und der MHH zusammenarbeiten.
Vieleicht kannst Du im schweizer Charge-Forum mal danach fragen.

Zur MHH: ja, die ist natürlich pro CI.
Wir haben damals als Vertretung einen anderen Oberarzt im Hörzentrum getroffen. Dr. Schuon. Der war differenzierter.
Es ist immer möglich, dass ein Kind mit CI nicht in die Sprache kommt. Leider. Es gibt auch Eltern, die sich aus verschiedenen Gründen gegen ein CI entscheiden. Das ist sehr persönlich.
Man weiß allerdings nie, wie es sich entwicklen kann.
Ich würde Euch auch raten, einen Termin im CIC zu machen, wenn Ihr in Hannover seid. Die machen die meiste Kinder-Reha und das auch schon seit vielen Jahren. Die können sicher mehr berichten.

Nördliches Münsterland schreibst Du?
Was ist mit Osnabrück, ist das weiter weg von Euch? Dort gibt es auch ein Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte.

Liebe Grüße und ganz viel Kraft, Otoplastik
Otoplastik
Sohn, 17 Jahre, mit 14 Monaten Meningitis, seitdem re. hochgradig und links taub, rechts HG (Naida S IX UP), links CI seit 01/14 (Naida Q70), vorher links viele Jahre PhonakCros :)
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#15

Beitrag von fast-foot »

Hallo maxi996,
maxi996 hat geschrieben:Soweit ich bisher gehört habe, ist Hannover ja die Adresse bei CIs. Kann mir da jemand über Erfahrungen berichten? Mir wäre v.a. wichtig, ob sie auch neutral beraten. Meiner Vorstellung nach wird doch sicher immer pro CI beraten, da sie damit ja schließlich ihr Geld verdienen. Oder irre ich da?
Ein paar Aussagen hierzu aus meiner Sicht:

Na ja, in Bezug auf die Diagnostik (generell) überzeugt mich die MHH nicht restlos. Einen der Gründe sehe ich darin, dass mit CI-Implantationen natürlich viel Geld verdient werden kann.

Allerdings habe ich auch sonst zum Teil schlechte Erfahrungen gemacht insofern, als bei "komplizierten Fällen" die Diagnostik eher oberflächlich ausgefallen war und je nachdem eigentlich nicht sonderlich viel gebracht hat (da war dann manchmal eine andere Klinik oder gar ein HNO gründlicher gewesen).
Ausserdem finde ich die Kommunikation nicht optimal (in einem "Fall" wurde ein CI implantiert, obwohl (zumindest mir) klar war, dass der Hörnerv keine Signale an den Hirnstamm weiter leiten würde. Oder aber die Klinik hat es schlicht nicht vorher gewusst (was ich auch nicht besonders gut fände).
Und ich erinnere mich an einen "Fall", bei welchem es nicht möglich war, im Voraus zu erfahren, welche Untersuchungen durchgeführt werden sollten (ansonsten wäre eine Terminvergabe nicht möglich gewesen) - gebracht hat es trotzdem nicht viel (ein "einfacher HNO" war noch differenzierter gewesen bezüglich Diagnostik).
In einem "Fall" sollte der Pädakustiker einfach auf Grund der BERA-Ergebnisse Hörgeräte anpassen. Die MHH war nicht bereit gewesen, die (vermuteten) Hörschwellen so kommunizieren, wie es die DGPP empfiehlt.

Das sind nur ein paar Beispiele, welche mir nebst weiteren spontan in den Sinn gekommen sind.

Generell finde ich, dass die MHH die Genauigkeit einer BERA bei Kleinkindern in einem Alter von wenigen Monaten überschätzt, nicht immer besonders sorgfältig vorgeht, "zu früh" in Richtung CI-Empfehlung tendiert und nicht "sonderlich offen kommuniziert", wobei ich den Ton teilweise als "kurz angebunden" bezeichnen würde (wenn ich das möglichst neutral ausdrücken möchte).

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
fast-foot
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#16

Beitrag von fast-foot »

Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
maxi996
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Re: Bera und Paukenröhrchen

#17

Beitrag von maxi996 »

Hallo zusammen,

ich konnte hier jetzt eine ganze Weile nicht antworten, da wir erst kein Internet hatten und nun seit über einer Woche schon wieder im KH sind. Ich werde mir eure Beiträge aber heute Abend noch mal in Ruhe durchlesen und dann antworten. Vielen Dank schon mal für eure Auskünfte!

Maxi
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