ich darf uns kurz vorstellen: wir, das sind die Mama, der Bruder (ca. 4,5) unsere kleine Ilsa (9 Wochen alt) und ich, der Papa.
Seit ca. 4 Wochen haben wir eine Ahnung und seit zwei Wochen eine vorläufige Diagnose: Ilsa ist vermutlich von Geburt an beidseitig hochgradig schwerhörig, ggf. sogar gehörlos. Eine BERA brachte unter guten Bedingungen bis 80db keine verwertbaren Potenziale, eine Freifeld-Verhaltensaudiometrie angeblich bei 90 db nicht reproduzierbare Reaktionen. Der Test ist jedoch für mich extrem ungenau und fehleranfällig gewesen, so dass ich mit der Annahme von Resthörigkeit erstmal ganz zurückhaltend bin.
Schwangerschaft und Geburt waren super (ja, das darf ich sogar als Papa über die Geburt sagen, sagt meine Frau...

Meine Frau und ich haben die letzten Wochen recht "abwechslungsreich" verbracht: diverse Arztbesuche (könnte man Seiten drüber schreiben), zwei Pädakustiker ausprobieren, ein wenig Lesen, ein wenig mehr Heulen, minütlich schwankend zwischen Trotz und Trauer. Aber immerhin war auch Trotz dabei.
Die Reaktionen aus unserem Umfeld sind super. Wir haben aber auch "Glück", das Thema Schwerhörigkeit ist uns nicht neu, Ilsas Cousin, der Sohn meiner Schwester, ist auch von Geburt an schwerhörig und ist ein ganz toller Junge, trotz diverser zusätzlicher Probleme. Ilsas Bruder findet seinen Cousin auch klasse und für ihn sind Hörgeräte das Normalste der Welt. Wenn Ilsa jetzt "nur" so sh wäre wie ihr Cousin, ich würde mir gar keine Sorgen machen, weil ich ja an ihm sehe, wie mit Geduld, Zuwendung, Liebe, Sorgfalt und Opferbereitschaft meiner Schwester aus ihm so ein tolles Kerlchen geworden ist. Leider ist die Sache bei unserer Ilsa aber wohl noch ein bisschen gravierender.
Wir bekommen auch sehr viel Hilfe von Beratungsstellen und einigen Betroffenen und fühlen uns (noch) nicht über-beraten, obwohl ich sehe, dass hier irgendwann auch ein Problem drohen könnte, denn oftmals schließen sich die Tips gegenseitig aus. Aber wir sind dankbar, dass unsere Ilsa in Deutschland geboren wurde, es das Neugeborenenscreening und Pädaudiologen gibt, Pädakustiker, Frühförderer, Förderschulen, und und und…
Das klingt natürlich alles jetzt toll aber völlig selbstverständlich ist auch, dass wir gerade auch ganz Vieles überhaupt nicht im Griff haben, am wenigsten unsere Emotionen. Wir haben überhaupt keine Ahnung, wie aus unserer Tochter ein glücklicher Mensch werden wird, der sozial integriert ist und Chancen auf Bildung etc. hat. Aber wir wissen, dass schwerhörige und gehörlose glücklich sind, sozial integriert, toll ausgebildet, etc. Natürlich machen wir uns viele Sorgen darüber, dass alle diese positiven Beispiele irgendwas haben, was unsere Kleine nicht hat und ihr deswegen dieser positive Lebensweg verstellt bleibt. Auch haben wir große, große Sorge, dass ihre "Beeinträchtigung" sie von uns, der problemlos hörenden Restfamilie abgrenzt. Uns ist Familie sehr sehr wichtig und sich vorzustellen, dass Ilsa hier herausfällt, macht mich völlig fertig. Wie Ihr diesem Riesen-Posting unschwer entnehmen könnt, reden wir auch gerne und viel – wird das, und wenn ja wie, mit Ilsa möglich sein?
Wir haben Angst vor den kommenden Wochen, der Belastung durch Arzt- und Akustikerbesuche. Wir haben Angst, dass die Arztbesuche noch weitere Diagnosen bringen. Wir haben Angst, dass wir uns irgendwann in der (offensichtlich teilweise ideologisch hoch beladenen)
Nichts desto trotz versuchen wir der Devise "Sie ist mehr als ihre Ohren" zu folgen und ihr die Liebe zu geben, die sie braucht, die jeder 9-Wochen-alte Säugling braucht.
Die nächsten Schritte sind ihre ersten Hörlis am Donnerstag, die zweite Meinung für eine BERA an der Uniklinik in Hannover und das Nervenbewahren durch Mama und Papa.
Heute nacht habe ich mir, als ich mal wieder wach lag und grübelte, überlegt, dass es Zeit ist, aus unserem "Schnecken"-Haus (wie passend!) auszubrechen und weitere Betroffene kennen zu lernen um zu sehen, dass wir das schaffen können und vielleicht auch mal zu sehen, wie es andere schaffen.
In diesem Sinne – danke fürs Lesen, ich hoffe, wir können uns gegenseitig unterstützen.
Viele Grüße
Elpappo