Hallo Sakia,
ich sage nicht, was Du tun sollst oder musst. Du musst Dich selbst alle Möglichkeiten angucken, Dich informieren und dann entscheiden, was Du tust.
Nun Lormen hat aber den Nachteil, dass es sehr lange dauert, bis man etwas gesagt hat, da jedes Wort buchstabiert werden muss. Unrealistisch ein Gespräch in dem üblichen Sprechtempo zu führen.
Gebärden haben dagegen nach meiner Einschätzung in Eurer Situation auch gravierende Nachteile. Du hast keinen, mit dem Du gebärden kannst. Eure Freunde und Verwandte können wahrscheinlich nicht gebärden. Gebärden abfühlen tun in der Regel auch nur diejenigen, die gehörlos geboren sind und als Kind Gebärdensprache gelernt haben. Die Sehbehinderung kommt ja bei Usher erst nach und nach zum Tragen und oft sind Usher-Betroffene bei der Diagnose dann schon Jugendliche oder junge Erwachsene. Gebärden ist trotz allem sehr visuell und Gehörlose gebärden oft ziemlich ausladend und auch sehr schnell und ich weiß nicht, ob Du vom Optischen her mit Deinem schon recht deutlichen Tunnelblick noch folgen kannst. Selbst wenn man gut sehen kann, ist das Lernen von Gebärden schon ziemlich schwierig, ähnlich wie das Lernen einer neuen Fremdsprache. Und Gebärden neu zu lernen und diese dann durch Abfühlen zu lernen, halte ich für doppelt schwierig. Eine lockere Unterhaltung in Gebärdensprache in einer Runde mit mehreren Gesprächsteilnehmern ist bei einer fortgeschrittenen RP auch nicht möglich, weil Du die Hände eines jeden abfühlen müsstest und Du auch nicht sehen kann, wer denn gerade jetzt etwas gebärdest. Gehörlose, die mit Usher keine Erfahrungen haben, müssen sich beim Gebärden auch ziemlich umstellen und da ist es mit der Rücksichtsnahme genauso schwierig, wie es für Hörende schwierig ist auf Schwerhörige Rücksicht zu nehmen. Vielleicht probierst Du es mal aus und besuchst einen Gebärdenkurs.
Aber weder deine noch Leons Hörbehinderung scheinen sehr stark zu sein. Du bist bisher wohl ohne Hörgeräte einigermaßen durch das Leben gekommen und wenn ich mich recht erinnere ist Leons Hörschädigung auch nur einseitig. (Die Einseitigkeit msste man aber noch mal genauer überprüfen!) Das heißt, dass ihr beide über die Ohren deutlich mehr aufnehmt als über die Augen. Da die Ohren auch voraussichtlich nicht viel schlechter werden, könnt ihr Euch dann auf die Ohren verlassen und Euch insbesondere mit jedem anderen unterhalten, auch in einer Gruppe, sofern sie nicht allzu groß wird. Daher würde ich an Deiner Stelle auch primär auf eine möglichst gute technische Versorgung mit Hörgeräten und Blindenhilfsmitteln achten. Man kann z.B. auch Orientierungskurse machen, um mit dem Langstock vertraut zu werden.
Leon gegenüber würde ich Usher nicht verschweigen. Die Sache ist zu gravierend und sollte bei einer späteren Berufswahl auch mit bedacht werden. Kinder gehen auch damit unbefangener um, wenn sie Bescheid wissen, sie leben einfach damit. Natürlich sollte es andererseits auch nicht bedeuten, dass er jetzt nur noch mit Samthandschuhen angefasst wird.
Ein Forum für Hör- Sehbehinderte findest du auch unter:
http://www.gehoerlose.de/viewforum.php? ... 3fe170f926
Liebe Grüße und ich denke an Dich!
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI