Ich darf mal für mich sprechen: Wenn ich keine Hörgeräte trage, rieche ich eher, dass der Hausmeister mit seiner Benzin-Heckenschere draußen arbeitet, als ich das höre. Ich brauche dann auch kein Radio anzuschalten, weil ich es nur dann höre, wenn der Hausmeister draußen durch seine Mickeymäuse das Lied erkennt. Ich brauche die Hörgeräte und deren Verstärkung, sonst kriege ich nichts mehr mit. Da ist mir dann auch scheißegal, was in 20 Jahren eventuell sein könnte - denn was jetzt ist, ist wichtiger. Wenn ich in 20 Jahren seit 10 Jahren in der Kiste liege, weil ich so langsam in das Alter von Krebs und Herzinfarkt komme, ist ein Gehör schonen doch sinnlos.
Zum Vergleich, ich trage seit mehr als 40 Jahren
HGs, mein Hörverlust ist in der Zeit um ca. 10dB schlechter geworden, ist jetzt aber seit 15 Jahren wieder stabil. Selbst wenn mein Gehör wieder schlechter wird, hab ich immer noch genug Leistungsreserven, mit Powergeräten oder sogar ggf. nem
CI versorgt zu werden.
Du, lieber Orni, bist in der beneidenswerten Lage, noch nicht unbedingt auf die Hörgeräte angewiesen zu sein. Das ist schön für dich, aber bedenke: Wenn dir bestimmte Frequenzen jetzt fehlen, verlernt das Gehirn, diese Frequenzen zu verarbeiten. Sollte dein Gehör sich irgendwann weiter verschlechtern, gebe ich dir Brief und Siegel darauf, dass du dich sauschwer tun wirst, das wieder zu lernen. Das kann dann so nervig sein, dass du die Hörgeräte lieber nicht trägst - obwohl du sie dann bräuchtest. Dann nuschelt halt jeder, dann ziehst du dich zurück, weil keiner normal mit dir reden will. Dann kommen die Risikofaktoren wie soziale Isolation, erhöhtes Demenzrisiko etc. wieder ins Spiel. Ich will dir keine Angst machen, aber noch ist es ein kleiner Schritt, das Hören mit Hörgeräten zu lernen, je schlechter die Ohren werden, desto schwerer wirds für dich.
Manne hat geschrieben: ↑29. Jul 2025, 12:34
Ja, das liest man überall im Netz, insbesondere in der Werbung von Hörgeräten und Akustikern. Ich bin immer wachsam, wenn man vor etwas warnt, ohne irgendwelche Gegenmeinungen finden zu können, insbesondere, wenn dahinter massive finanzielle Interessen stehen.
Immer dieses "finanzelle Interessen"-Geblubber. Ey ganz ehrlich, das ist so n dämliches Geschwafel, ich könnt mich aufregen. Natürlich wollen die Hersteller Umsatz machen, natürlich wollen die Akustiker dir was verkaufen. Auch Mercedes will mir n Auto verkaufen, machen auch jede Menge Werbung. Aber im Gegensatz dazu macht der HNO-Arzt nicht mehr Gewinn, wenn er dir ein Hörgerät verschreibt. Dem kann das egal sein, ob du dir ein Gerät holst. Mehr Geld als durch die Voruntersuchungen in der Praxis kriegt der nicht dafür. Und wenn du in ein paar Jahren wieder in die Praxis gehst und nen neuen Hörtest machst für ne neue Hörgeräteversorgung, kriegt der wieder nur n paar Mark Fuffzig. Dadurch finanziert sich der Porsche nicht, sei dir dessen sicher.
Manne hat geschrieben: ↑29. Jul 2025, 12:34
Immerhin sind Angstmacherei und Warnungen ein Hauptwerkzeug der Werbung.
Stimmt, immer wenn mir Thomas Gottschalk was von Hörgeräten erzählen will, wird mir Angst und Bange... Und die Gummibärchenwerbung erst. Da traut man sich ja nicht mehr, welche zu kaufen.
Manne hat geschrieben: ↑29. Jul 2025, 12:34
Im Netz liest man zu 100%, dass Hörgeräte nicht schaden. Merkwürdig, dass dies zu 100% Beiträge von Akustikern, Hörgeräteketten, Hörgeräteherstellern sind. Ich tu mich schwer, überhaupt etwas zu dem Thema im Netz zu finden, was nicht aus dieser Interessengruppe kommt. Auch absolute Aussagen finde ich immer problematisch ("ein unversorgter Hörverlust ist ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen" anstatt "soll ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen sein"). Jaja, die Untersuchungen, die das "belegen"...
Da beschwerst du dich darüber, dass "ein unversorgter Hörverlust ist ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen" eine so absolute Aussage wäre, (hallo? Da schreibt jemand "Risikofaktor", nicht "ohne
HGs wirst du immer und garantiert dumm, depressiv und dement"), haust aber im Satz davor was von 100% raus. Wer ist hier der mit den absoluten Aussagen? Wenn ich "Gefahren von Hörgeräten" google, dann finde ich als erstes Warnungen auf Websites von Akustikern - durchaus auch Warnungen vor verdammt hohen Lautstärken und dass man sich Hörpausen gönnen soll. Da würd ich glatt sagen, dass du derjenige bist, der auf dünnem Eis steht.
Manne hat geschrieben: ↑29. Jul 2025, 12:34
Hm, Du sagst "Bei einem gering- bis mittelgradigen Hörverlust kann man davon ausgehen, dass die Beschallung durch das Hörgerät langfristig dem Hörvermögen
nicht wesentlich schadet." Gibt es da Beweise oder ist das eine Vermutung? Ich hab seit 12 Jahren nahezu ein identisches Audiogramm. Wenn ich mir jetzt Hörgeräte hole und es verschlechtert sich, wird man mir vermutlich sagen, das wäre auch ohne Hörgeräte passiert. Leider wird das niemand beweisen können...So bleiben alles Vermutungen...
Immerhin gibt es Studien, die belegen, dass bei leichtem und mittlerem Hörverlust nur wenig negatives durch ne
HG-Versorgung zu erwarten ist. Es gibt auch genug Menschen, die ohne Hörgerät im Laufe ihres Lebens schlechter hören. Leider kann dir niemand sagen, ob und wasfür dich das Richtige wäre. Ein Dozent hat mir mal gesagt "in der Medizin gibt es kein "Nie" und kein "Immer". Und nur, weil Helmut Schmidt und Harald Juhnke alt geworden sind, heißt das nicht, dass Rauchen und Saufen gesund ist. Im Gegenteil, Rauchen und Saufen verkürzt bei vielen Menschen das Leben.
Ich arbeite in einer Radiologie. Ich mache viele CT-Untersuchungen, die Menschen mit ner durchaus hohen Strahlenbelastung belasten. Strahlung ist schädlich, ja. Dennoch sind solche Untersuchungen sinnvoll, denn im Zweifelsfall kann man durch diese Diagnostik zum Beispiel einen Schlaganfall behandeln, sodass viele Menschen eben nicht von heute bis zu ihrem Ableben in 15 Jahren nur noch ganz toll sabbern können. Wenn jetzt durch meine Untersuchung jemand in 10 Jahren einen Tumor bekommt (man kann das nicht darauf zurückführen, es gibt viel zu viele Möglichkeiten, dass ein Tumor entsteht, aber nehmen wir es mal an), dann lebt er halt eventuell nicht 15, sondern nur 12 Jahre. Aber auch wegen meiner Untersuchung kann dieser Mensch diese 12 Jahre mehr genießen, meist ein normaleres Leben führen als der, den man einfach liegen gelassen hat und der jetzt nur noch sabbern kann.
Genauso weiß man halt, dass es für die meisten Menschen von Vorteil ist, ihren Hörverlust auszugleichen. Das muss nicht für dich die optimale Lösung sein. Das kann dir keiner sagen. Aber es profitieren halt mehr Menschen von Hörgeräten, als dass Menschen durch Hörgeräte ne massive Verschlechterung ihres Gehörs erleiden. Du musst auch keinen Ölwechsel machen lassen an deinem Auto, aber wenn man einen macht, halten die Motoren meistens länger.