Die Erwartung, mit einem Verstärkungs-Vollausgleich des schwächelnden Hörorgans wieder so hören zu können wie ein gesunder, junger Mensch, ist zwar nachvollziehbar aber leider nicht realistisch.
Junge Menschen hören zwar bis etwa 20 kHz, aber sie können es gut verarbeiten, weil sie es kennen und gewöhnt sind. Wenn man ein Musikstück abspielt und alle Frequenzen über 10 kHz rausfiltert, merkst du das als 15jähriger, weil es dumpfer klingt, aber als 70jähriger hörst du keinen Unterschied mehr. Will man jetzt die höheren Töne wieder ins Ohr prügeln, dann klingt das furchtbar schrill und bringt nichts.
Sprache geht selbst bei zierlichen Fiepsstimmen bis maximal 8 kHz. Auch darüber hinaus, aber ohne Mehrwert an Informationen.
Berufsbedingt habe ich viel mit altersbedingten Hochtonhörverlusten zu tun und weiß, dass fast jeder Betroffene die verstärkten hohen Töne anfangs als ungewohnt, schrill und tendenziell unerwünscht empfindet. Und da reden wir von Frequenzen bis 4...6 kHz und nicht darüber. Die neuen hohen Töne kann und sollte man mit der Zeit akzeptieren, weil sie für die Kommunikation wichtig sind. Ich KÖNNTE bei einigen Geräten auch jenseits von 4...6 kHz den Verstärkungssteller aufdrehen und man KÖNNTE sich an die sehr hohen Töne auch gewöhnen (wenn das Ohr sie noch wahrnimmt), aber es ist praktisch sinnlos für die Sprachwahrnehmung.
Wir haben hier zwei Hobby-Ornithologen im Forum, die freuen sich, wenn sie den [Vogelart mit sehr hoher Zwitscherstimme hier einfügen] wieder piepsen hören. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass alle anderen froh sind, ihr Gehör nicht an noch höhere Töne neu trainieren zu müssen.
