Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

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Delchen13
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Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#1

Beitrag von Delchen13 »

Hallo zusammen,

diese Frage stelle ich, weil ich hier im Forum diese Beobachtung machte und gestern bei einer Ausstellung, als sich ein Verein für Hörbehinderte präsentierte.
CI-Träger werden mehr wahrgenommen und gefördert, wie "normale" Hörgeräteträger, warum ist das so?

Wieso solche Abstufungen? Warum solch ein komischer Wettstreit, wer mehr behindert ist und wer nicht?

Es ist für alle Menschen, die übers Gehör eingeschränkt sind, eine Herausforderung, egal wie hoch die Messungen sind, die Hörgerätetechnik etc.

Wieso wird das in der Realität nicht umgesetzt? Mangelndes Selbstwertgefühl? Angst nicht gesehen, gehört zu werden? Oder ist jeder noch so mit sich und der Situation beschäftigt, dass der andere nicht wirklich wahrgenommen wird?

Niemand lernt jemals jemanden kennen. Wir sind alle zu lebenslänglicher Einzelhaft in unserer Haut verurteilt.
Tennessee Williams

Dieses Zitat begegnete mir heute morgen...

Ich stelle diese Frage mal in den Raum.
Mir geht es mehr um ein miteinander statt ein gegeneinander, wie ich es leider wahrnehme.

Wünsche allen einen frohen Tag.

Herzliche Grüsse

Jacqueline :)
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santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#2

Beitrag von santiago »

Hallo!
Im Forum bin ich noch zu kurz um dies beurteilen zu können und im normalen Leben ist es mir bisher noch nicht so aufgefallen. Früher gab es in GL-Foren Diskussionen ob GL nun behindert oder nur eine sprachliche Minderheit sind. SH sehen sich hingegen eher als Schwerstbehinderte weil sie gesellschaftlich zwischen allen Stühlen sitzen.

Bei GL-Babies könnte man eventuell darüber diskutieren da ich hier das Gefühl habe das manchmal mit einem CI versucht wird, koste es was es wolle, "normale" Kinder zu erzwingen.

Persönlich glaube(!) ich dass gehörlose/hörende Eltern mit implantierten Kindern und teilweise auch die CI-Träger selbst häufig unter hohem Druck stehen. Sie müssen allen beweisen wie gut die Kinder oder sie selbst nun funktionieren und das ist sicher auch anstrengend.

Normale SH haben halt das Problem mit der Akzeptanz der eigenen Behinderung. Man schämt sich der eigenen Behinderung und versucht diese zu verstecken und zu überspielen. Mehr Selbstvertrauen würde daher wahrscheinlich ALLEN SH gut tun :spitze:

Gruß
santiago
Zuletzt geändert von santiago am 19. Mär 2011, 15:07, insgesamt 2-mal geändert.
Delchen13
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#3

Beitrag von Delchen13 »

Hallo Santiago,

ich danke Dir für Dein Statement.
Da ich noch eine andere "Behinderung" habe und auch einen Schwerbehindertenausweis, weiss ich, dass man als Behinderte Person, vermeintlich vermittelt kriegt, besser als der Durchschnitt zu sein.
Dabei ist das ein Quatsch!

So wie sich Behinderte anstrengen, für ein halbwegs "normales Leben" würden sich viele Normalos nicht krumm machen - bei Einschränkung geht es um Lebensqualität - mehr nicht!

Ich denke, es braucht nicht nur Selbstvertrauen, sondern Selbstbewusstsein.
Sich dem Bewusszusein, wer man ist, was man schon erreicht hat, ob man sich von der Meinung dermassen abhängig zu machen - was wiederum einschränkt! Und dann zu lernen, Grenzen zu setzen und zu sich zu stehen, wer man ist!
Da als Hörbehinderte Perso, egal welcher Coleur, hat man eine Aufgabe. Den Guthörenden klar zu machen, was Kommunikation auch sein kann, es in Ruhe, ohne Stress zu machen und dass ALLE zu Wort kommen, ernst genommen werden und es ALLEN dabei gut geht!
Wieso muss man sich als Behinderte krumm machen, weil man behindert ist? Es ist was Organisches, würde sich ein Krebskranker deswegen krumm machen? Nein, aber da ist die Akzeptanz grösser, weil die Medien schon lange genug Infos gesendet haben.
Hörbehindert zu sein, ist halt anstrengend, zeitaufwendig, das ist aber zu managen.
Nur weil es eine Herausforderung ist, ist man nicht schlecht oder so, oder gar minderwertig, ausser man übernimmt die Meinung anderer, die überfordert sind und wohl, wenn sie sowas hätten, vielleicht die Flinte ins Korn werfen würde.

Achtet Euch selber, wertschätzt Euch dafür, wie Ihr seid, mit ALLEDEM, was Euch ausmacht.
Und setzt Grenzen, wenn andere sich darüber hinwegsetzen wollen.

Man ist, ich bin nicht für das Unverständnis, für die Ignoranz, für pessimistische Denken anderer verantwortlich.

Aber für mich und mein Umgehen mit mir und meiner Umwelt.

Herzliche Grüsse

Jacqueline :)
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Delchen13
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#4

Beitrag von Delchen13 »

Noch ein Nachtrag:

Ich habe nix gegen Menschen, die an einer Krebserkrankung erkrankt sind, ich habe mich auch schon damit befasst, während einer Ausbildung.

Ich merke nur, dass die eine grössere Lobby haben, dabei haben es alle schwer, die körperliche Grenzen erleben und so auch soziale Grenzen, die gilt es zu überwinden und einen Ausgleich zu erreichen, WO alle einen Platz finden.
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maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#5

Beitrag von maryanne »

Hallo Jacqueline,
ich frage mich, wie du zu deiner Wahrnehmung, CI-Trägern würde ein "höherer Wert" beigemessen als anderen Schwerhörigen kommst. Ich kann dies nicht bestätigen, obwohl ich seit vielen Jahren mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Hörgeschädigter in engem Kontakt bin.
Was m.E. zutrifft ist, dass sichtbare Behinderungen mehr Aufmerksamkeit und evt. auch Verständnis von der Umwelt erhalten. Schwerhörigkeit ist nun mal nicht nachvollziehbar. Vielleicht ist dir aber auch entgangen, dass CI-Träger diejenigen sind, die mit Hörgeräten nicht mehr hören bzw. verstehen können, also wirklich in höchstem Grad hörgeschädigt sind.
Was mir auffällt, ist dass CI-Träger sich eher zusammenschließen als andere Schwerhörige, dass sie in höherem Maße daran arbeiten, wieder in der hörenden Welt zurecht zu kommen, indem sie Hörtrainings- und Kommunikationskurse besuchen, sich in Sachen Technik auf dem Laufenden halten u.ä.
Was die Lobby betrifft ist eine Sache, und was tödliche Krankheiten betrifft, eine andere. Gerade die Hörgeschädigten haben es doch in der Hand, ihre eigene Lobby zu bilden. Es gibt eine ganze Reihe von Gruppen und Vereinen, in denen Schwerhörige sich selbst vertreten, andere Betroffene kennenlernen und auch an Kursen teilnehmen können.

Maryanne
Max0000

Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#6

Beitrag von Max0000 »

Klar sind Menschen mit CI mehr wert. Die Kosten für das Gerät, die OP...., keine Frage...

Grüsse
Max
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#7

Beitrag von maryanne »

Hallo Max, du vergisst, dass ca. alle 5 Jahre neue Hörgeräte fällig werden, die OP jedoch in der Regel eine einmalige Angelegenheit ist.
Im Übrigen halte ich es für ethisch sehr fragwürdig, den "Wert" eines Menschen an seiner (notwendigen) technischen Ausrüstung zu messen.

Maryanne
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#8

Beitrag von santiago »

Hallo!
Jede Behinderung kostet halt den Krankenkassen und den Betroffenen (wegen geringeren Einkommenschancen) Geld. Eine Diskussion darüber macht wahrscheinlich wenig Sinn.

Nur aus Neugierde und keineswegs als Angriff auf CI-Träger gedacht - wird da das "aussenliegende Hörgerät" auch in ähnlichen Intervallen wie bei konventionellen HG gewechselt?

Gruß
santiago
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#9

Beitrag von maryanne »

Hallo Santiago,
der Sprachprozessor kann dann gewechselt werden, wenn nach dem Probetragen eine Hörverbesserung um mindestens 10 % in zwei Messbereichen erzielt wird.

Was die Kosten betrifft: Gemessen an den Kosten für bildgebende Verfahren, wie z. B. MRT und CT, die bei vielen Erkrankungen und Unfällen angewandt werden (müssen), an anderen Krankheitskosten, fallen die Kosten für die technische Versorgung Hörbehinderter kaum ins Gewicht.

Maryanne
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#10

Beitrag von santiago »

Hallo!
Einkommensseitig fällt es bei Hörbehinderten aber schon ins Gewicht :stress:

Ich habe die Antwort nicht ganz verstanden :help:
Wenn man bei den Tests nur 9% Verbesserung erreicht bekommt man bei einem zerfallenden Sprachprozessor dann nur ein Klebeband? ;)

Anders gefragt - in welchen Zeiträumen werden neue Sprachprozessoren beim CI von der Krankenkassa bezahlt?

Gruß
santiago
monif

Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#11

Beitrag von monif »

Hallo zusammen,

ich bin selbst hörgeschädigt seit Kindheit. Das verbreitet Bild vom schwierigen, misstrauischen, empfindlichen, leicht verletzbaren und aufbrausenden Schwerhörigen findet hier seine Erklärung.

Die Folge sind Unsicherheit mit sich selber sowie in der Beziehung zur Umwelt, kräftezehrende Empfindsamkeit, ständige Erwartungsspannungen, Minderwertigkeitsgefühle usw.

Ein berühmtes Beispiel ist der Komponist Ludwig van Beethoven, der einmal schrieb: "Oh ihr Menschen, die ihr mich für feindselig, störrisch oder
isanthropisch haltet oder erkläret, wie Unrecht tut ihr mir! Ihr wißt nicht die geheime Ursache von dem, was euch so scheinet. Mein Herz und mein Sinn waren von Kindheit an für das zarte Gefühl des Wohlwollens ... Aber bedenket nur, dass seit 6 Jahren ein heilloser Zustand mich befallen von Jahr zu Jahr in der Hoffnung, gebessert zu werden, betrogen ... Mit einem feurigen, lebhaften Temperament geboren, selbst empfänglich für die Zerstreuung der Gesellschaft, musste ich mich früh absondern, einsam mein Leben zubringen. Wollte ich auch zuweilen mich einmal über alles das hinaussetzen, oh, wie hart wurde ich zurückgestoßen, und war es mir nicht möglich, den Menschen zu sagen: sprecht lauter, schreit, denn ich bin taub ..."

- Soziale Belastungen und Konflikte: Bei Schwerhörigkeit drohen - vor allem am Arbeitsplatz und beim Umgang mit Kollegen - wenig Rücksicht, heimlicher Spott, geistige Abwertung, schließlich Rückzugsneigung und Isolationsgefahr. Ursache: nicht selten "komische", missverständliche, lächerlich erscheinende Situationen, die den Betroffenen schließlich zur "Witzfigur" machen können. Folge: verschlossene, abweisende, "misanthropische" Persönlichkeitsentwicklung (siehe Ludwig van Beethoven).

Es gilt Schwerhörigen nicht nur beizustehen, sondern auch ständig zu ermuntern, zu ihrer Behinderung zu stehen und sie nicht zu verheimlichen. Schwerhörigkeit ist eine unsichtbare Behinderung. Mitmenschliche Rücksicht ist nur dann zu erwarten, wenn man darum bittet. Vor allem soll man einen bejahenden Verzicht auf nicht mehr leistbare Lebensentfaltung fördern oder kurz: sich mit der Behinderung konstruktiv abfinden. Denn:

Wer als Schwerhöriger glaubt, sein Leben wie zuvor weiterführen zu können, zersplittert seine Kräfte und gerät in Überforderung, Erschöpfung, seelische Verwundbarkeit, Verzweiflung und vielleicht sogar "dunkle Gedanken".

Schwerhörigen geht es im Gespräch mit Guthörenden wie einem Ausländer in einer fremdsprachigen Gesprächsrunde: Bis Einzelheiten des Gesprächs dechiffriert (entschlüsselt) werden konnten, hat der Inhalt bereits gewechselt. Die Anstrengung um das Verständnis braucht Zeit und alle Kräfte -

Gruss
Moni
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#12

Beitrag von maryanne »

@santiago, natürlich bekommt man einen neuen SP von der Krankenkasse, wenn der alte defekt ist. Meine Aussage bezog sich auf das Upgrade, d.h. auf den Umstieg auf ein neueres Modell.
Was die Verdienstmöglichkeiten betrifft, so mag dies auf einen Teil der Schwerhörigen zutreffen, aber sicherlich nicht auf alle oder auf die meisten. Über 80 % der Schwerhörigen sind leicht- oder mittelgradig, damit kommt man in der Regel gut durchs Leben (Jobs usw.).

@Moni: du hast das sehr gut beschrieben! Ich teile auch deine Auffassung, dass ein Mensch, der schwerhörig geworden ist, nicht so weitermachen kann wie zuvor. Bin aber dahingehend optimistisch, dass man durchaus lernen kann, seine Möglichkeiten und Grenzen auszuloten und sich entsprechend auch gut einzurichten. Dies ist nicht nur meine persönliche Erfahrung (aus dem guthörenden Stand plötzlich vollständig ohne jeden Hörrest ertaubt), sondern sehe dies auch bei anderen.
Die Analyse der Situation ist der erste Schritt, der nächste sollte sein, sich bestmöglichst in der neuen Lage einzurichten.

Maryanne
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#13

Beitrag von santiago »

Hallo!
Wenn ich es richtig verstehe gibt es also beim Sprachprozessor des CIs und normalen HG Unterschiede was die Versorgung mit Neugeräten betrifft.

Normale HG werden z.B. alle 5 Jahre von der Krankenkassa bewilligt.

Die Sprachprozessoren des CIs haben keine genau definierte Nutzungsdauer sondern man bekommt entweder im Falle eines Defektes ein neues Gerät/Reparatur bezahlt oder hat Anspruch auf ein neues Gerät wenn bei Tests eine 10%ige Hörverbesserung erreicht wird?

Was das Gehalt betrifft kommt es sicher auf die Schwere der Hörbehinderung an. Persönlich kenne ich auch keine stark SH oder GL in höheren Positionen (die Interessensvertretungen/Politik mal ausgenommen ;) )...

Gruß
santiago
Zuletzt geändert von santiago am 19. Mär 2011, 22:27, insgesamt 1-mal geändert.
Franki
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#14

Beitrag von Franki »

Hallo zusammen, ich muss sagen, ich finde dieses Thema äusserst spannend . .. und ich würde hierzu gerne einmal meine Erfahrungen einbringen. Ich selbst bin durch Otosklerose inzwischen an Taubheit grenzend schwerhörig - normalhörend aufgewachsen verschlechterte sich der Zustand gravierend.

Ärzte haben sich nicht dafür interessiert woher die Schwerhörigkeit / Taubheit gekommen ist - es war halt so. Versorgung mit HG und fertig. Als potentientieller CI Kandidat wurde dann schon gar kein Wert mehr darauf gelegt , das Restgehöhr zu erhalten / die Ursache zu klären - nein , es wurde mir durchweg zur Implantierung geraten . Für mich äusserst unbefriedigend, zumal sich der Grundverdacht der Otosklerose nach viel zu langer Zeit dann intraoperativ doch bestätigte....

Ich musste selbst erfahren , dass ich als potentieller CI Patient ganz anders behandelt wurde als `nur `als Träger von HG. Dies von medizinischer Seite aus einmal geschildert.

Was bedeutet das für den Alltag? Die schon so oft angesprochene Akzeptanz und die Grenzen, die man sich setzen muss... Muss ich dazu immer wieder darauf hinweisen : Hallo , ich habe da ein Problem ? Es muss einfach ausreichen , EINMAL Vorgesetzte z.B . die man schon mehr als 10 Jahre kennt hierüber zu informieren . Warum wird dann immer noch mehr erwartet als von Normalhörenden ?? Weil ich ` nur `ein HG trage ? Kann ja nicht so schlimm sein... Würde man zu einem blinden MA sagen : Lies doch mal eben vor ? Nein , niemals.
Gerade in solchen `Grenzfällen ` ( Ci kann aber muss nicht) üben diese Verhaltensbeispiele besonders großen Druck auf die Betroffenen aus. Die Frage : Wie kann ich meine Leistungsfähigkeit noch verbessern ? steht fast nahezu täglich im Raum. Und solange leider besonders in der Berufswelt der Druck unvermindert groß ist wird sich hieran nichts ändern .

Und um nocheinmal den Kostenfaktor anzusprechen : Ich hatte Glück - meine KK hat ohne jegliche Probleme meine Neuversorgung übernommen. Aber in den meisten Fällen sind eben hier die Kämpfe noch größer, da man nicht taub genug ist für eine anspruchsvolle Versorgung, auch Hörtraining/ Reha etc werden von den Kassen / Rentenversicherungen nahezu nicht übernommen bzw auch nur mit großen Problemen...

Das sind die Erfahrungen die ich bisher machen konnte. Und diese bestätigen leider den Ausgangsbeitrag , den ich nur unterschreiben kann.

@ Moni - kleiner Nachtrag : besser hätte ich den Alltag auch nicht schildern können....

Viele Grüße
Franki
Zuletzt geändert von Franki am 19. Mär 2011, 22:37, insgesamt 1-mal geändert.
progredient ertaubt durch Otosklerose
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santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#15

Beitrag von santiago »

Hallo!
Gerade die "Grenzfälle", also lautsprachlich orientierte hochgradig bis an Taubheit grenzende SH, habe es in der Berufswelt sicher nicht leicht. Solange man noch stressfrei telefonieren kann geht es noch aber wenn man manche Gesprächspartner trotz Hilfsmittel nicht mehr versteht wird es langsam stressig...

Hörende können sich eine starke SH einfach nicht wirklich vorstellen und selbst an Taubheit grenzende SH können sich Gehörlosigleit nicht wirklich vorstellen.

Auch Leute welche beruflich häufig mit SH/GL zu tun haben tun sich damit schwer. Als ich das letzte Mal beim HNO-Arzt war wurde man aus einem ca. 5m entfernten Raum von der verdeckt sitzenden Sprechstundenhilfe namentlich aufgerufen oder der Akustiker fragt nach einer Einstellungsänderung in einem ruhigen Raum nach 10 sec erwartungsvoll ob es nun besser sei? 8)

Ganz so negativ sehr ich es trotzdem nicht. OK, Beethoven war als Musiker und einem wenig wirksamen Hörrohr versorgt ein armes Schwein aber wer sich nur in die Opferrolle zurückzieht wird wahrscheinlich auch als Opfer enden...

Zum CI selbst fällt mir jetzt ein das mich bei der Verordnung für neue HG die HNO-Ärztin gefragt hat ob meine Hörnerven noch OK sind. Als ich es bejahte erzählte sie mir das man da heute schon was implantieren könnte. Als ich sie fragte ob sie ein CI meint und sie mir den Erhalt des Restgehörs, keinerlei Verschlechterung meines sehr guten Gleichgewichtssinnes und eine deutliche Verbesserung gegenüber HG dabei garantieren würde war das Thema dann aber schnell vom Tisch :teufel: Persönlich hatte ich im Gespräch das Gefühl das sie sich nicht wirklich damit auskennt und das sind dann aber wahrscheinlich die ersten Ansprechpartner für hörende Eltern mit einem GL-Baby :o

Gruß
santiago
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#16

Beitrag von maryanne »

Santiago, zu Gehalt / Position sind mir sowohl SH bekannt, die schon lange arbeitslos sind, aber auch etliche die trotz der Ertaubung (oder GL) als Ärzte, Studienräte, Psychologen, Ingenieure und Naturwissenschaftler arbeiten und dort genau das gleiche Gehalt beziehen wie die hörenden Kollegen auch.
Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, ob und in wie weit SH beruflich Fuß fassen können.

Maryanne
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#17

Beitrag von santiago »

Hallo maryanne!
Der wichtigste Faktor scheint mir der Zeitpunkt der Ertaubung/starken SH zu sein.

Wenn Niki Lauda oder Wolfgang Schäuble im Kindesalter verunfallen kennt Lauda heute F1-Autos nur vom Fernsehen und Schäuble wäre maximal Behindertensprecher bei seiner Partei geworden 8-)

Gruß
santiago
Pascal m.
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#18

Beitrag von Pascal m. »

Ich glaube generell, dass Menschen mit Hörbehinderung in eine Schublade gesteckt werden und als dumm eingestuft werden.
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#19

Beitrag von santiago »

Hallo!
Zur generellen Gleichsetzung "SH/Taub=Dumm" würde ich ein ganz klares Jein sagen :)

Wenn ich zu einem Hörgeschädigten sage "Ahso, jetzt geht mir ein Licht auf!" und er antwortet mir "Wieso? Es ist doch eh hell!" kann man selbst als Betroffener ein Lachen nicht immer verhindern :teufel:
Der Unterschied zu einem Hörenden ist vielleicht das ich weiß das er die Redewendung einfach nicht gekannt hat und es keine Frage der Intelligenz ist.

Glaube daher das man beachten muss ob dem Gegenüber die eigene Hörbehinderung bekannt ist und/oder er selbst intelligent genug ist ausbleibende oder "falsche" Antworten mit der Hörbehinderung in Verbindung zu setzen. Das dumme, ungeduldige oder einfach nur egoistische hörende Menschen damit manchmal Probleme haben ist wieder eine andere Sache :'(

Im beruflichen Bereich denke ich das eine vorhandene hohe Intelligenz eines Hörgeschädigten durchaus auffällt aber der Hörgeschädigte diese nur in seltenen Fällen auch in ein entsprechendes Einkommen/Position umsetzen kann.

Gruß
santiago
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#20

Beitrag von maryanne »

Hallo Santiago,
das von dir vorgestellte Beispiel mag auf einige wenige, schlecht geförderte stark Frühschwerhörige oder Gehörlose zutreffen; auf die Allgemeinheit der Schwerhörigen würde ich es aber nicht übertragen.
Man muss auch nicht besonders intelligent sein, um in seinem Beruf klarzukommen - es hängt davon ab, ob der Beruf zum jeweiligen Menschen passt und natürlich davon, wie die wirtschaftliche Situation in diesem beruflichen Bereich ist.
Für manche sehr stark Hörbehinderte sind Abstraktionen oft ein Problem, aber eben nicht für alle oder auch nicht für viele.
Auch Hörende können nicht alle Berufe ergreifen, in denen sich viel Geld verdienen und hohes Ansehen erzielen lässt.
Ich stimme mit dir überein, dass Schwerhörige es insgesamt schwerer haben als vergleichbar ausgebildete Hörende.
Es ist auch nicht einfach, zu erkennen, ob die Gesamtbefindlichkeit eines Menschen auf seine Behinderung zurückzuführen ist.
Nun schweifen wir allerdings vom Eingangsthema ab, und da möchte ich den Bogen wieder spannen: Ich sehe gerade für gehörlos geborenen Kinder die Chance, bei frühzeitiger CI-Versorgung besser in der hörenden Welt klarzukommen. Damit meine ich nicht, dass diese Möglichkeit mit DGS nicht gegeben wäre, sondern dass eine umwegsfreie Kommunikation, und zum Teil auch die Regelbeschulung dann eher möglich wären.
Maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#21

Beitrag von santiago »

Hallo maryanne!
Mein Beispiel war natürlich eher humoristisch gedacht aber jeder stark Hörbeeinträchtigte hat sicher schon mehr oder weniger "lustige" Situationen erlebt welche auf seine Behinderung zurückzuführen sind. Wenn der Herr Doktor zufrieden lächelnd mit aktivierter Alarmanlage herumfährt und es nicht merkt weil seine Batterien gerade leer sind schmunzelt man halt auch und weiß trotzdem das er nicht blöd ist :}

Vielleicht hat man es als eher einfacher Geist im Berufsleben sogar leichter und lebt glücklicher. Gut bezahlte Jobs erfordern häufig ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit und werden natürlich auch verstärkt von den hörenden Kollegen angestrebt.

Ich kenne die Situation in Deutschlands Schulen nicht aber in Österreich wird man als GL normalerweise nach dem Sonderschullehrplan unterrichtet und ich bin mir nicht sicher ob alle Lehrer in diesen Schulen die GS beherrschen. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich wenn viele 15jährige nach Abschluss der Schulpflicht zwar "schön sprechen" aber nicht richtig Lesen und Schreiben können. Bei den Blinden hätte man wahrscheinlich eine ähnliche Situation wenn man diese auch visuell orientiert unterrichten würde 8-)

Wenn Eltern eine gute Bildung für ihre Kinder anstreben scheint unter diesen Umständen tatsächlich die Regelbeschulung der erfolgreichere Weg zu sein. Wie weit die CI-Kinder in den Regelschulen klarkommen und ihre bessere Ausbildung später auch beruflich umsetzen können kann ich mangels Erfahrung nicht beurteilen.

Ich glaube wir Hörgeschädigten kommen alle ganz gut mit der hörenden Welt zurecht aber die hörende Welt nicht immer mit den Hörgeschädigten :\
Der Einfluß des Hörvermögens auf das persönliche Glück wird aber sowieso häufig überbewertet :f_ck:

Gruß
santiago
Nina M.
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#22

Beitrag von Nina M. »

Nur zur Schule: Sinnesgeschädigte Kinder (also hörgeschädigte und blinde) werden in D normalerweise lernzielgleich unterrichtet, auch an den Förderschulen (Sonderschulen). Abweichungen gibt es hauptsächlich dann, wenn zusätzlich noch eine Lernschwäche o.ä. dazu kommt.

Und dass manchmal das Niveau an den Sonderschulen nicht immer gleich der Regelschule ist hängt dann oft damit zusammen, dass inzwischen fast alle Eltern für ihr Kind erstmal die Regelschule anstreben und auf der Förderschule dann vor allem diejenigen ankommen, die der Regelschule nicht gewachsen sind. Und das sind dann oft die schwächeren Kinder. Dennoch wird immer ein lernzielgleicher Unterricht angestrebt.

Gruß,
Nina
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#23

Beitrag von santiago »

Hallo!
Wenn blinde und GL Kinder normalerweise lernzielgleich unterrichtet werden ist es aber verwunderlich das die Wahrscheinlichkeit das ein blindes Kind mal studiert, Daume mal Pi, 10x größer ist als bei einem GL-Kind :help:

Gruß
santiago
Zuletzt geändert von santiago am 21. Mär 2011, 21:48, insgesamt 2-mal geändert.
maryanne
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#24

Beitrag von maryanne »

Santiago, du vermischst Gehörlose und Schwerhörige - da kommen leicht Missverständnisse auf. So oder so: mir sind sowohl Gehörlose als auch hochgradig- bzw. an Taubheit grenzend Schwerhörige bekannt, die studiert haben und erfolgreich im Beruf sind.
Ich gehe davon aus, dass die meisten Behinderten da größere Hürden zu bewältigen haben, als Nichtbehinderte.
Ich verstehe noch nicht, worauf du insgesamt hinaus willst.
Maryanne
santiago
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Re: Sind Hörbehinderte mit CI mehr wert wie Hörbehinderte mit Hörgeräten?

#25

Beitrag von santiago »

Hallo maryanne!
Nehme an Du beziehst Dich auf meinen letzen Beitrag?

Die starke Differenzierung bei den Hörgeschädigten ist meiner Meinung nach der Hauptgrund warum die verschiedenen Gruppen eher gegen- statt miteinander arbeiten :\

Ich habe ganz bewußt Blinde und GL miteinander verglichen. Beide Behinderungen stellen die "schwerste" Art in ihrem Bereich dar und zeigen daher auch die Unterschiede am Besten auf.

Wenn man mal annimmt das ein blindes und ein GL Kind mit gleichem IQ ausgestattet sind sollte es doch auch bei der Bildung keine gravierenden Unterschiede geben? Wenn es diese doch gibt scheint es als ob eine "sehende und hörende Schule" mit den blinden Kindern besser klarkommt.

Persönlich will ich auf gar nichts bestimmtes hinaus sondern schreibe einfach nur meine Gedanken nieder bis endlich Dexter im Fernsehen anfängt :hehe:

Gruß
santiago
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