was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

Sinequanon
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was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#1

Beitrag von Sinequanon »

angeblich stellen Krankenkassen mehr und mehr Regressansprüche an die HG-Akustiker.

mir wurde heute ein Vordruck vor die Nase gehalten, den ich unterschreiben sollte. Es geht darum, dass ich per Unterschrift bestätigen soll, darüber aufgeklärt zu sein, dass sogenannte Kassengeräte genauso wirksam meinen Hörverlust ausgleichen wie hochpreisige Geräte.

Diese Unterschrift geht dann an meine Krankenkasse und soll den Akustiker davor schützen in Regress genommen zu werden, wenn es darum geht, für ein hochpreisiges Gerät, das er für mich als hochgradig Schwerhörigen als richtig angepasst hat, zur Verantwortung gezogen zu werden.

In München muss es ein Meeting der Akustiker-Innung gegeben haben, zu dem auch eine versierte Richterin Stellung genommen haben soll und den Akustikern zu dieser Art Vertrag geraten hat.
Diese Richterin kann sich angeblich seit Monaten nicht mehr vor überschießender Anzahl an Verfahren zur Kostenerstattung von Medizinprodukten wie z. B. Hörgeräten retten.

Nur leider ist es so, dass kein Medizinproduktehersteller einen Wirksamkeitsnachweis erbringen muss für sein Produkt. Die können das Blaue vom Himmel herunterlügen und Papier ist bekanntlich geduldig.
Die können alle Preise verlangen, die der Markt hergibt, beweisen müssen sie nichts.

Die Kassen wollen natürlich schon lange nichts mehr bezahlen , behaupten aber, die Kassengeräte wären genauso gut wie die hochpreisigen, die man vielfältig auf verschiedene Hörsituationen einstellen kann. Was ist denn dann noch ein Soundrevover wert??????
Ist das nur eine Seifenblase? Wie geht denn das alles zusammen?
Bitte äußert euch mal kompetent dazu! Vor allen Dingen: was können wir machen, wir Schwerhörigen???
fast-foot
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#2

Beitrag von fast-foot »

Sinequanon hat geschrieben:Nur leider ist es so, dass kein Medizinproduktehersteller einen Wirksamkeitsnachweis erbringen muss für sein Produkt. Die können das Blaue vom Himmel herunterlügen und Papier ist bekanntlich geduldig.
Die können alle Preise verlangen, die der Markt hergibt, beweisen müssen sie nichts.
Eine Lösung könnte sein, höhere Ansprüche an eine HG-Versorgung zu stellen, so dass sie als Therapie gelten kann.

Dann müsste aber auch auf die möglichen zusätzlichen Schädigungen des Gehörs hingewiesen werden. Zudem müssten Akustiker (nicht nur) diesbezüglich besser ausgebildet werden.
Heute ist es ja offenbar so, dass man den Kunden Vieles erzählen und noch mehr verschweigen kann. Hauptsache, es kurbelt den Verkauf von Hörgeräten an. Viele wurschteln in diesem Sinne einfach irgendwie herum (auch die HG-Hersteller sind alles andere als transparent). So lange irgendwer die Zeche bezahlt, mag das gut gehen. Ich bin jedoch überzeugt, dass sich langfristig gesehen Einiges ändern muss und auch wird (auch in Bezug auf die Funktionen, die ein aus medizinischer Hinsicht wirklich sinnvolles Hörgerät beeinhalten muss; es wird so funktionieren, dass sehr viel mehr Parameter als nur in jeder Situation maximales Hören abgedeckt werden, so dass eine Strategie verfolgt wird, die in jeder Beziehung möglichst nachhaltig (langfristig) optimale Resultate erzielt).

Gruss fast-foot
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cooper
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#3

Beitrag von cooper »

Soso, die Kassengeräte gleichen den Hörverlust also genauso gut aus. Na das ist doch prima! Dann lass den Akustiker das doch mal beweisen: Soll er dir halt genau diese Kassengeräte mal zum Testen geben, damit du dich davon überzeugen kannst.

Mal abgesehen davon, dass es dann ja eigentlich keine Grund gibt, die teureren Dinger zu kaufen, oder? Die Kassengeräte sind ja genauso gut.

Wenn du dich davon überzeugt hast, dass das stimmt, dann kannst du ihm den Wisch getrost unterschreiben -- weil du nimmst dann ja eh die Kassengeräte.

Sollten diese Kassengeräte, die ja deinen Hörverlust genauso gut ausgleichen, in der Praxis doch nicht genauso gut sein, unterschreibst du den Wischnicht -- weil warum solltest du eine Lüge unterschreiben?

Was anderes ist es, wenn du z.B. unbedingt Bluetooth oder Feature XY haben willst, was die Kassengeräte nicht haben. Dann überzeugst du dich trotzdem, dass die Kassengeräte bis auf dieses Feature genauso gut sind, unterschreibst den Wisch und kaufst dir halt deine Wunschgeräte.

Aber ohne vorher diese ach so tollen Hörgeräte getestet zu haben sollte man den Teufel tun und diesen Wisch unterschreiben!

Viele Grüße, Mirko
Thorsten
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#4

Beitrag von Thorsten »

Sinequanon hat geschrieben: Die Kassen wollen natürlich schon lange nichts mehr bezahlen , behaupten aber, die Kassengeräte wären genauso gut wie die hochpreisigen, die man vielfältig auf verschiedene Hörsituationen einstellen kann. Was ist denn dann noch ein Soundrevover wert??????
Ist das nur eine Seifenblase? Wie geht denn das alles zusammen?
Bitte äußert euch mal kompetent dazu! Vor allen Dingen: was können wir machen, wir Schwerhörigen???
Das Problem hierbei ist, dass es die Krankenkasse lediglich interessiert, wie ein Betroffener in Ruhe (ohne jedes Störgeräusch) versteht. Und in dieser Situation ist es durchaus so, dass man auch mit den Kassengeräten gut verstehen kann, ergo reichen Kassengeräte laut Krankenkasse aus.

Das aber niemand ständig nur in ruhiger Umgebung ist, das interessiert die Krankenkasse nicht die Bohne!

Als Akustiker bin ich verpflichtet dem Betroffenen zwei geeignete Hörgeräte zum Kassenpreis anzubieten. Das wiederum bedeutet, ich muss zwei Hörgeräte anbieten, mit denen der Betroffene in Ruhe 20 % mehr versteht als ohne, mehr nicht und das ist mit den Kassengeräten fast immer erreichbar. Mögliche Ausnahme ist, dass der Hörverlust so groß ist, dass auch mit der größten Lautstärke kaum noch was verstanden wird.

Am Ende der Testphase unterschreibt der Kunde dann, dass er entweder

- sich für eine zuzahlungsfreie Versorgung entschieden hat
- sich für eine Versorgung mit Zuzahlung entschieden hat
- keine eigenanteilsfreie Versorgung gewünscht hat

Mehr wird von der Krankenkasse nicht verlangt.

Was davon dann zutrifft, das wird unterschrieben, mehr nicht.

Gruß

Thorsten
Wer glaubt gut zu sein, hat aufgehört besser zu werden! Hörgeräteakustikermeister
Buttermilch

Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#5

Beitrag von Buttermilch »

Jajajaja, Hörgeräten und Krankenkasse... *nerv*

Für Ci werden die Kosten übernommen, obwohl ein Hörgerät viel viel billiger als ein Ci ist, trotzdem übernehmen die Krankenkasse wenig (bis zu ca. 800€)!

Zwischen einem "Kassengerät" und einem teueren Höregerät gibt es Unterschiede.
maryanne
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#6

Beitrag von maryanne »

Hallo Buttermilch,
es trifft zu, dass CI von der KK übernommen werden und es für Hörgeräte i.d.R. nur einen Zuschuss gibt. Dennoch hilft hier kein Polarisieren, denn wer CI trägt, kann mit einem Hörgerät nicht mehr verstehen (oder auch hören).

So lange die Hörgeschädigten nicht begreifen, dass alle in einem Boot sitzen, haben die Kostenträger ein leichtes Spiel.

Maryanne
Sinequanon
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#7

Beitrag von Sinequanon »

Das Problem ist, dass man, sobald man signalisiert, dass man als hochgradig Sh, mit einer Anpassung, die nach allen Regeln der Kunst ins Hochpreisige hinaufläuft, der Akustiker die Augen anfängt zu rollen. da kommen dann so beiläufig Fragen: wollen Sie denn klagen? Die wittern den Konfliktstoff, der sich mit dem Kunden anbahnt, wenn es ums Bezahlen geht.......

Als hochgradig Sh bringt man Sprengstoff zum Akustiker mit, natürlich nicht gewollt, aber für einen hochgradigen Steilabfall-Sh sind die hochpreisigen Geräte eigentlich wie geschaffen, ein erheblich verbessertes Hören zu ermöglichen.

Die Kassengeräte machen das Verstehen von Einsilbern im Labor durchaus
akzeptabel, wenn auch vom Gesamteindruck der Höreindruck nicht so schön ruhig und geglättet ist, aber aufs Verstehen der Wörter bezogen nicht unterscheidbar zum hochpreisigen Hg. Da dies die HG-Industrie, die Akustiker und die KK genau wissen, macht man den Kunden als Endverbraucher zum Deppen, in dem man diesen quasi zwingt, irgendein unverständliches wischiwaschi Blabla (s. o.) zu unterschreiben.

Am liebsten hättens ja die Akustis gerne, dass man sein Portmonnaie zückt und ohne mullen und knullen, den Zuzahlungsbertrag zahlt und tschüss sagt.

Wie es momentan aussieht, habe ich nur die Möglichkeit dieses Blabla-Chinesisch zu unterschreiben oder der Akustiker setzt mich Kunden vor die Tür.

König Kunde gibts wohl nicht mehr......

Bitte liebe Leute vom Fach, verratet mir einen Fahrplan: wie verhält man sich da als Kunde diplomatisch richtig, ohne dass man alle Rechte aufgibt????
Zuletzt geändert von Sinequanon am 18. Mär 2011, 04:24, insgesamt 1-mal geändert.
Thorsten
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#8

Beitrag von Thorsten »

Sinequanon hat geschrieben:Wie es momentan aussieht, habe ich nur die Möglichkeit dieses Blabla-Chinesisch zu unterschreiben oder der Akustiker setzt mich Kunden vor die Tür.

König Kunde gibts wohl nicht mehr......

Bitte liebe Leute vom Fach, verratet mir einen Fahrplan: wie verhält man sich da als Kunde diplomatisch richtig, ohne dass man alle Rechte aufgibt????
Versuch das Ganze doch mal aus meiner Sicht als Akustiker zu sehen:

Du kommst als Kunde zu mir mit einer Verordnung vom HNO.
Wir machen weitere Messungen, sprechen darüber wie Deine Erwartungen aussehen und natürlich auch über den Preis.
Ich bin verpflichtet Dich über Kassengeräte zu informieren und Dir zwei Kassengeräte zum Probetragen anzubieten. Du entschliesst Dich völlig unverbindlich zu testen.

Jetzt gibt es drei Möglichkeiten:

- Du möchtest auf jeden Fall nur Kassengeräte

also unterschreibst Du dies am Ende der Probephase auf dem oben genannten Dokument (Ich habe mich für eine zuzahlungsfreie Versorgung entschieden).

- Du testest zunächst Kassengeräte, entscheidest Dich dann aber für bessere Hörgeräte mit Zuzahlung.

Auch dies wird am Ende der Probephase unterschrieben (Ich habe mich für eine Versorgung mit Zuzahlung entschieden).

- Du möchtest auf keinen Fall Kassengeräte testen (ja, solche Kunden gibt es auch).

Also unterschreibst Du auch dies (Ich habe keine eigenanteilsfreie Versorgung gewünscht).

Egal wie Du Dich entscheidest, ich benötige Deine Unterschrift und ein Kreuz vor einer dieser drei Aussagen. Ohne dieses Dokument darf ich Dir die Hörgeräte nicht verkaufen. Weigerst Du Dich also zu unterschreiben, muss ich Dich mit Deiner Verordnung und ohne Hörgeräte weg schicken.

Das Ganze dient als Absicherung für beide Seiten.
Der Kunde unterschreibt das, was bei ihm zutrifft und der Akustiker muss belegen, dass er den Kunden über Kassengeräte informiert und ihm das Probetragen angeboten/ermöglicht hat.

Gruß

Thorsten
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Josef Most
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#9

Beitrag von Josef Most »

Besser könnte man es kaum erklären. Wäre so einfach.
Irgendwie träumen aber doch einige Menschen davon,
das Beste zum Nulltarif zu bekommen.

Zugegeben, wenn man das Sozialgesetzbuch so liest, haben diese Leute auch noch Recht.
Ein Recht, das sie leider nicht automatisch bekommen, sonern offensichtlich langwierig einklagen müssen. Schönes Recht.

Zumindest haben aber einige schon verstanden, daß der Hörgeräteakustiker nichts verschenken kann.
Er macht Geschäfte. Wenns kein Geschäft ist, macht er es natürlich nicht.

Und wenn ich mir vorstelle, ein paar mal im Jahr wegen meiner Kunden vor Gericht auftreten zu sollen......, bin ich nicht so scharf darauf.

Reicht schon, die ca. 40 Gutachten als Begründung für eine höherwertige Versorgung die letzten Jahre geschrieben zu haben.
Kostenlos natürlich. "Danke" hat da auch noch keiner gesagt. Sehr
motivierend.
Mich würde immer wieder mal interessieren, was meine Kunden für einen Beruf haben und ihnen dabei gerne mal über die Schulter schauen.

jomo
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Wüstenskorpion
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#10

Beitrag von Wüstenskorpion »

Hallo!

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass vergessen wird, dass es Menschen gibt die wirklich keine 3 oder 4 stelligen Zusahlungen leisten KÖNNEN, als geizig hingestellt werden und so wohl auf der Strecke bleiben???
Wo soll das Geld herkommen wenn es nicht vorhanden ist????????
(Sollte man es als SH mit Beschaffungskriminalität auftreiben??)

@Josef Most: Bei meinem letzten Gutachten (wofür sei unwichtig) ist es so gelaufen, dass ich selber Vorschläge, Stichworte und Sätze etc vorbereitet habe, diese dann aufbereitet, sogar übernommen wurden und ich dann noch eine (geringere als die normale) Gutachtengebühr bezahlt habe. Mal als kleiner Vergleich.
>Mich würde immer wieder mal interessieren, was meine Kunden für einen Beruf haben und ihnen dabei gerne mal über die Schulter schauen.
Warum fragst du sie nicht? Das ist doch für eine erfolgreiche Anpasung nicht unwichtig (verschiedene Hörsituationen, Sicherheitsaspekte).
Und was machst du wenn du beim Mäuschen spielen feststellst, dass es bei dem Kunden mit einem Kassengerät wirklich nicht möglich ist, den Beruf weiterhin auszuüben? Wenn zB Bestellungen, wichtige Anweisungen laufend nicht verstanden werden?
Oder diejenigen, die nicht in ihrem Beruf arbeiten können, weil sie zu schlecht verstehen?? Diese aber mit einem besseren HG sehr gute Arbeit leisten könnten und integrierbar wären?
Oder möchtest du mal Hartz4 eine Zeitlang ausprobieren??

Ich hoffe, dass sich nun keiner angegriffen fühlt, aber: Bei mir ist irgendwie der Eindruck aufgekommen, dass manche glauben, dass viele scheinbar keine Lust hätten, hohe Zuzahlungen zu leisten um sich dann lieber einen Luxusartikel zu gönnen.
Dabei geht es bei vielen, einigen? um die Existenz . . .
Jerry
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#11

Beitrag von Jerry »

Wüstenskorpion hat geschrieben:Bei mir ist irgendwie der Eindruck aufgekommen, dass manche glauben, dass viele scheinbar keine Lust hätten, hohe Zuzahlungen zu leisten um sich dann lieber einen Luxusartikel zu gönnen.
Ich frage mich sowieso immer wieder, wieso von Luxus gesprochen wird, wenn jemand ein Hörgerät möchte, von dem man im Alltag mehr Nutzen hat als mit einem anderen, das evtl. weniger kostet, einen aber aus der Gemeinschaft und von der Kommunikation ausschließt.

Was ist Luxus? Luxus ist das, was über den allgemeinen Standard hinaus geht.
Was ist Standard? Hier: Zwei voll funktionsfähige Ohren, mit denen man in alltäglichen Situationen einwandfrei hören/verstehen/kommunizieren kann.
Alles was darüber hinausgeht, ist also Luxus.

Soweit ich weiß, gibt es bisher noch keine technische Möglichkeit (ob mit Hörgerät, Implantat, auch in Kombination mit FM-Anlage...) einen hohen Hörverlust auszugleichen – wie kann man dann von Luxus, der dann über einen Ausgleich des Verlusts hinausgehen würde sprechen, wenn es dafür noch gar keine technische Möglichkeit gibt?

Es geht doch um weitaus mehr, als Bluetooth-Schnittstellen, Fernbedienungen und Co.
Zuletzt geändert von Jerry am 5. Apr 2011, 15:19, insgesamt 1-mal geändert.
Josef Most
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#12

Beitrag von Josef Most »

"Warum fragst du sie nicht? Das ist doch für eine erfolgreiche Anpasung nicht unwichtig (verschiedene Hörsituationen, Sicherheitsaspekte).
Und was machst du wenn du beim Mäuschen spielen feststellst, dass es bei dem Kunden mit einem Kassengerät wirklich nicht möglich ist, den Beruf weiterhin auszuüben?"

Beim Mäuschenspielen wäre es mir eher darauf angekommen, zu sehen, ob deren eigener Arbeitseifer auch so hoch ist, wie die Ansprüche, die sie an andere stellen.
Der Beruf frage ich selbstverständlich ab. Gehört zur Anamnese.

Es gibt und gab immer wieder Menschen, die keine 3 oder 4-stelligen Zuzahlungen leisten können.
Nur habe ich den Eindruck, daß man sich früher anders damit arrangiert hat, als sofort vor Gericht zu gehen.
Auch mein Buget ist privat sehr begrenzt. Ich habe aber bereits als Kind gelernt, daß man nicht alles haben kann.
Heute wird den Leuten weisgemacht, daß jeder auf alles ein Anrecht hat. Das gab und gibt es halt leider nicht, obwohl wir hier schon sehr gut gestellt sind.

Wenn von den Krankenkassen eher erwartet wird, daß Yogakurse, vegetarische Kochkurse und Urschreitraining gesponsert werden, anstatt die wirklich nötigen Dinge zu bezahlen, braucht sich auch keiner groß wundern, wenn die sagen, da wäre kein Geld mehr da.

Das geschichtliche Zeitfenster, in dem man fast auf alle Gesundheitsleistungen kostenlos zugriff hat, ist sehr klein.
Das wird leider immer wieder vergessen.

Da es uns aber in dieser Hinsicht scheinbar schon mal viel besser gegangen ist, ist das Anspruchsdenken entsprechend hoch.

Ich persönlich gönne jedem die optimale Hörgeräteversorgung. Aber es muß einen Konsens geben, wer das bezahlen soll.

jomo
Zuletzt geändert von Josef Most am 5. Apr 2011, 16:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Wüstenskorpion
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#13

Beitrag von Wüstenskorpion »

> Nur habe ich den Eindruck, daß man sich früher anders damit arrangiert hat, als sofort vor Gericht zu gehen.
Dann schlag doch bitte etwas realistisches vor, was jemand, der aufgund seiner aus finanziellen Gründen nicht ausreichend zu verbessernden SH ins berufliche und soziale Abseits gerät, machen soll!
Was soll so jemand machen angesichts der gestiegenen Anforderungen und des härter gewordenen Arbeitsmarktes???
Hans Hermann
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#14

Beitrag von Hans Hermann »

Hallo Wuestenskorpion,

genau die richtige Frage an den Gesetzgeber, der es auch nach dem BGH-Urteil nicht verstanden hat zu reagieren. Begriffe wie "hochgradig Schwerhoerig" und "ausreichende Hörversorgung" sind völlig undefiniert (juristisch).

Raus kommt ein bürokratischer Staatsakt (4 notwendige Unterschriften bei Abschluß einer Hörversorgung für den HG-Kunden), den kaum jemand wirklich versteht bzw. viele verunsichert (siehe Beiträge in diesem Threat).

VG
Hans
Josef Most
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#15

Beitrag von Josef Most »

"Dann schlag doch bitte etwas realistisches vor, ..."

Servus Wüstenskorpion,

mir fällt leider nichts ein. Aber wenn du etwas weißt, dann laß es uns hier hören. Ich glaube, da warten alle drauf.

Die moderne Soziologie beweist es ja leider immer wieder: "Weil du arm bist, mußt du früher sterben". Dies ist nicht nur ein Filmtitel, sondern leider bittere Realität. Die Illusion, daß jeder das Hörgerät bekommt, mit dem er am optimalsten versorgt ist, läßt sich nur aus dem bekannten Märchenbuch "Sozialgesetz" ableiten. Als Ideal muß man das natürlich so stehen lassen (wie die meisten Märchen), aber man erreicht sie nicht 100%ig.

Die moderne Soziologie hätte wahrscheinlich auch Lösungen parat, welche politisch umgesetzt werden könnten. Wäre aber auch das erste mal, daß man in der Politik ernsthaft auf Wissenschaftler gehört hätte, geschweige denn auf mich ;-)
Aber wie schon gesagt, wenn du einen Tipp hast.....

jomo
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#16

Beitrag von santiago »

Hallo!
Der stark pragmatische Ansatz "Die Welt ist halt ungerecht und niemand kann eine optimale HG-Versorgung bezahlen" von Josef Most ist durchaus ein Standpunkt den man vertreten kann aber hart gesagt könnte man sich als SH dann auch fragen ob er "für" oder "gegen" mich ist 8-)

Gerade SH welche in anspruchsvollen Berufen mit viel Kommunikation arbeiten brauchen jeden Prozentpunkt an besserer Verständlichkeit. Gleichzeitig denke ich auch dass der Durchschnittslohn der stark SH niedriger als der Durchschnittslohn der Hörenden ist.

Jeder SH der arbeitslos und/oder im privaten Bereich wegen seiner SH vielleicht auch frustriert ist, das geht bis zur Arbeitsunfähigkeit wegen Depressionen, kostet dem Staat insgesamt viel mehr als die beste HG-Versorgung.

Das Problem ist meiner Meinung nach nicht das wir uns dies nicht leisten können sondern das wir in vielen wichtigen Bereichen kein Geld mehr haben weil die an sich vorhandenen finanziellen Mitteln zu stark von unten nach oben umverteilt werden…

Gruß
santiago
Josef Most
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#17

Beitrag von Josef Most »

Jetzt kommt seitens der Industrie in unserer freien Wirtschaft natürlich noch etwas dazu. Man will nicht nur ein Hörgerät für alle verkaufen, sondern mehrere für unterschiedliche Klassen, mit dem Ziel, wenig billige, viele mittelteure und einige sehr teure Geräte zu verkaufen.

Mittels Werbung schafft man es dann, daß der Mensch sich meist mit irgendeinem Niveau identifizieren kann, aber schon gerne mit dem Besseren liebäugelt.

Es gibt genügend Menschen, die es gar nicht gutheißen würden, wenn sich alle dieses teure edle Teil leisten könnten, das man selbst teuer bezahlen mußte. Sozial hin oder her.
Derjenige mit kleinerer Börse sieht dies naturgemäß etwas anders (eben nicht aus der FDP-Perspektive ;) ).

Dinge wie Heilmittel, Hilfsmittel, ärztliche Versorgung, Bildung usw. sollten besser nicht solchen gewinnorientierten Grundsätzen unterliegen, tun es aber. So kommt es auch zu den menschenverachtenden Ausdruck "weil du arm bist....."

Ich sehe es letztlich auch nicht als eine in Stein gemeißelte Wahrheit, daß die Welt halt ungerecht ist, sondern als eine Realität, die man schon noch verbessern kann.
Bei all den Diskussionen mit vielen Hörgeschädigten höre ich aber natürlich schon auch den gewissen Egoismus heraus, der jedem eigen ist: Ich will das Beste, ....für mich.

Ansonsten bin ich auch der Meinung, daß wir uns sehr viel Gutes und Nützliches leisten könnten unter Verzicht auf viele sinnlose Sachen, die wir niemals vermisst hätten, hätten wir uns nicht davon überzeugen lassen, daß man sie unbdingt benötigt (Klimaanlagen, Geschrrspüler, Sitzheizungen, Isotonische Getränke, Smart-Handys, iPods, Dritt- oder Viert-TV.......)

Grüße
jomo
When life gives you lemon, make lemonade
santiago
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#18

Beitrag von santiago »

Hallo!
Sorry aber wer bei Hörgeräteversorgung und starker Schwerhörigkeit von unterschiedlichem Niveau, Neidgefühlen (der anderen SH?) oder egoistischen SH philosophiert hat meiner Meinung nach keine reale Vorstellung was eine starke SH für diese Menschen bedeutet.

Man könnte natürlich unterscheiden ob ein Pensionist seine beginnende leichte Altersschwerhörigkeit mit einem HG bekämpfen möchte oder ein stark SH Kind oder im Berufsleben stehender SH die HG für die Sprachentwicklung, die Schule oder die Arbeitswelt benötigt.

Werden wir doch mal an meiner Person real - ich sitze jetzt alleine im Büro und muss jedes Telefongespräch annehmen und hoffentlich auch alles richtig verstehen. Danach habe ich Unterricht und soll unseren hörenden Kursteilnehmern die Liebe zum PC näherbringen.

Bin stark SH und mit den teuersten Naidas IX SP mit Fernbedienung und iCom versorgt.
Wo fängt jetzt der Luxus an und worauf kann ich verzichten oder soll es mir selbst bezahlen?
Brauche ich Bluetooth jetzt wirklich oder nicht?
Brauche ich Soundrecover und Störschallunterdrückung?

Da ich ohne HG praktisch taub wäre würden natürlich auch Kassengeräte eine starke Verbesserung bringen. Selbst wenn die teuersten HG nur 1% besseres Hören ermöglichen kann dies den Unterschied ausmachen ob man in einer Teambesprechung weiß worüber gerade geredet wird oder was der Anrufer jetzt eigentlich will.

Wer noch nie frustriert war weil er die Freunde/Kollegen nicht verstanden hat oder Angst vor dem Telefon hatte kann sich nicht vorstellen wie wichtig HG für SH sein können.

Gruß
santiago
Jerry
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#19

Beitrag von Jerry »

Josef Most hat geschrieben:
Bei all den Diskussionen mit vielen Hörgeschädigten höre ich aber natürlich schon auch den gewissen Egoismus heraus, der jedem eigen ist: Ich will das Beste, ....für mich.
Warum sollte bei einem hochgradigen Hörverlust nicht „das Beste für mich“ drin sein? Es muss ja nicht immer sofort das teuerste Gerät oder das neuste Modell oder so sein. Ich hatte mal zeitgleich 2 Paar Hörgeräte zum Testen und habe mich dann nicht für das teurere Gerät entschieden weil ich keinen Unterschied gehört habe.

Was „das Beste“ ist, ist bei jedem individuell, aber eines haben alle Hörgeschädigten doch gemein: Sie wollen in möglichst vielen Situationen gut kommunizieren und nicht akustisch ausgeschlossen sein. - Mit allen weiteren Folgen, die so was nach sich zieht.

Und dafür gilt es, „das Beste“ Gerät zu finden. Warum sollte ich das nicht wollen?

Da selbst „das Beste“ nicht in der Lage ist „den normalen Standard“ zweier gesunder Ohren zu erreichen, fällt es mir schwer nachzuvollziehen, warum jemand „das Beste“ (mit kurzsichtigem Blick auf die Kosten) verweigert wird... wenn man damit "dem Standard" zumindest etwas näher kommen kann.

Ein Hörgerät ist doch kein Statussymbol, das man stolz den Mitmenschen präsentiert („Guck mal, ich war beim Akustiker und hab jetzt das neuste Naida S...“)
Franki
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#20

Beitrag von Franki »

Hallo zusammen,

wollte mich eigentlich nicht hierzu äußern jetzt mache ich es doch ...

Zunächst muss ich erst einmal den vorigen Beitrag von Santiago in vollster Weise unterschreiben. Ich bin selbst in der Situation dass ich durch die hochgrade ( inzwischen an Taubheit grenzende ) SH mit den alten HG fast schon nicht mehr in der Lage war , meinen Beruf auszuüben . Wer im Teammeeting eben nur von 10 gesprochenen Wörtern 2 versteht und sich den Rest zusammenreimen muss oder gar 2 stündige Telcos auf englisch fürhren muss der stößt an seine Grenzen ... Durch die Versorgung mit den Naidas verstehe ich nun - nach mehreren Wochen wo ich sie nun habe - mehr und ich habe auch den Eindruck, es wirkt sich durchaus positiv auf das Sprachverstehen aus . Das Problem Telefon ist leider noch nicht gelöst aber in Arbeit .

Die Naidas sind also in keinster Weise für mich Luxus sondern notwendige Hilfsmittel ohne die ich meinen Beruf überhaupt nicht mehr ausüben würde.

Aber nehmen wir noch einmal das Thema " Verzicht " und ich möchte den nachfolgenden Satz noch einmal zitieren von JoMo:

Ansonsten bin ich auch der Meinung, daß wir uns sehr viel Gutes und Nützliches leisten könnten unter Verzicht auf viele sinnlose Sachen, die wir niemals vermisst hätten, hätten wir uns nicht davon überzeugen lassen, daß man sie unbdingt benötigt (Klimaanlagen, Geschrrspüler, Sitzheizungen, Isotonische Getränke, Smart-Handys, iPods, Dritt- oder Viert-TV.......)

Dies entspricht in keinster Weise der allgemeinen Sachlage. Die meisten Sh die ich kennegelernt habe haben nicht nur ein handicap sondern sind u.a. auch oft Brillenträger. Ich selbst war davon auch betroffen . Da mir das einfach zu teuer wurde habe ich die Option der ( selbstbezahlten !!!!!!!!!!!! ) Lasik gewählt : Kostenpunkt über 4.ooo € . Bei meiner ebenfalls hochgradigen Fehlsichtigkeit von -9 dpt ist in jedem Fall Brille , Ersatzbrille notwendig und zum Autofahren auch noch eine Sonnenbrille . Kommt auch auf rund schlappe 2.ooo € . So und nun rechne ich noch mal die HG dazu mit Zuzahlung von ein paar tausend € sind wir auf jeden Fall bei über 5.ooo € . Ich finde es sehr " einfach" zu behaupten dass wir uns viel mehr leisten könnten wenn wir an anderen Ecken sparen würden . Wie oft wird ein schwerbehinderter Mensch , der tausende an € für die Gesundheit ausgeben muss , wohl in der Lage sein, sich Urlaub zu finanzieren ? Extras - Fehlanzeige.

Und ich muss es auch noch einmal betonen - wer es nicht erlebt hat , ohne diese Hilfsmittel überhaupt den Weg zur Arbeit zu finden geschweige denn den Beruf auszuüben - der weiss nicht wovon er spricht. Und gerade als stark sh steht man leider viel schlechter da als jemdand der Gl ist oder vollständig ertaubt obwohl die Problematik mit Sicherheit die Gleiche ist .
(Vergleiche hierzu auch andere Threads , es gab zu diesem Punkt bereits tolle Diskussionen.)

Viele Grüße
Franki
Zuletzt geändert von Franki am 6. Apr 2011, 14:33, insgesamt 1-mal geändert.
progredient ertaubt durch Otosklerose
Bilateral CI versorgt / Med El Concerto - Flex 28 / Opus 2 (Rechts : 06-2012; Links : 01-2013)
Ira
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#21

Beitrag von Ira »

Hallo !!
Zitat von Josef Most :
„Bei all den Diskussionen mit vielen Hörgeschädigten höre ich aber natürlich schon auch den gewissen Egoismus heraus, der jedem eigen ist: Ich will das Beste, ....für mich.“

Ich hätte nie im Leben gedacht dass das Beste für mich so lebensnotwendig sein kann !
Seit fast einem Jahr hat sich mein hören stark reduziert, seit dem lege ich jedem Cent zu Seite um mir das Beste leisten zu können…..,na ja bin inzwischen eine Außenseiterin geworden, aber möchte so gerne zurück ins Leben…
Habe überhaupt kein TV – eben Luxus, fahre mit dem Öffentlichem Verkehr – nur 65 € eine Monatsfahrkarte u. s.w.
Ich arbeite, habe eine fast Vollzeitstelle, aber bekomme zusätzlich Harz- IV und von dem wenigen ist es nicht so einfach zu sparen, das Leben ist hart.
Ich habe noch nie gejammert, das hier geschriebene sind einfach Fakten, nichts weiteres.
Und das Beste brauche ich auch für meine Arbeit und nicht zum Spaß.
Anderer Seitens ich kann mir die HG doch leisten auch wenn nicht einfach, es gibt Länder wo es unmöglich ist und auch noch lange sein wird, ein schwacher Trost …
LG Irina
Josef Most
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#22

Beitrag von Josef Most »

Zugegeben, habe ich zwar schon einen gewissen praktischen Einblick in die Schwierigkeiten, denen ein Schwerhöriger ausgesetzt ist.
Ich muß aber auch (reumütig) zugeben, daß ich hier offensichtlich noch dahingehend belehrt werde, WIE schwer es für den einzelnen sein kann.
Durch meine (trotz Insiderwissen) Aussagen sieht man aber auch, wie leicht man die tatsächliche Betroffenheit unterschätzen kann.
Seht es mir also bitte nach, ich lerne auch immer noch dazu.

Also gut. Dann spiele ich hier mal weiter den "Bad Boy".
Aber nicht böse auffassen, sondern kritisch sehen.

Ich würde schlichtweg jemanden, der mit einem Naida versorgt ist empfehlen, seine berufliche Tätigkeit in Bereichen zu suchen, wo es auf die sprachliche Kommunikation nicht so sehr drauf ankommt. Punkt.

So hart das klingen mag. Ich würde aber einen Gehbehinderten auch nicht einen Beruf empfehlen, wo er täglich 20km laufen muß.

Ich hatte auch schon Kunden mit Resthörigkeit, die sich in einem Call-Center bewerben wollten und von mir ein Spezialtelefon wollten.
Hier scheint auch die Vorstellung davon zu fehlen, wie gut ein Normalhörender eigentlich hört und wie aussichtslos diese Berufswahl in so einem Fall ist.

Für einen Naida-Träger muß es schiere Schwerstarbeit sein, in Konferenzen zu sitzen oder Unterricht halten zu müssen, wenn bereits viele geringgradige Lehrer mir 45 ihren Beruf aufgeben mußten.

Aber klar, seinen Broterwerb kann man nicht von heute auf morgen so schnell wechseln.

Gruß
jomo
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santiago
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#23

Beitrag von santiago »

Hallo!
Ich habe eine 35jährige Erfahrung mit meiner an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit und kann mir trotz vielen Kontakten zu GL nicht wirklich vorstellen wie es ist gehörlos zu sein. Ob Du die Rolle des "Bad Boy" spielen willst oder nicht ist mir egal. Insiderwissen hin oder her, ich sage Dir nur das Du starke Schwerhörigkeit bestenfalls ein kleinwenig verstehen aber nicht wirklich nachvollziehen kannst...

Was die Berufswahl betrifft mache ich mir schon selbst so meine Gedanken. Eine Arbeit in einem Call-Center wird wohl kein stark SH mit einer gewissen Lebens- und Berufserfahrung anstreben.

Ich komme als Maschinenbauingenieur eigentlich aus der Konstruktion aber selbst da gibt es heute für SH keine etwas anspruchsvolleren Tätigkeiten wo man ohne Telefon und sprachliche Kommunikation durchkommt. Kenne auch genug GL und deren Berufe. Im Endeffekt arbeiten viele entweder im geschützten staatlichen/staatsnahen Bereich oder in der freien Wirtschaft und handwerklichen Berufen.

Natürlich hätte ich es leichter wenn ich Maurer oder Maler gelernt hätte aber dies sollte besser eine freie Entscheidung sein und nicht von außen fremdbestimmt werden...

Gruß
santiago
Franki
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Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#24

Beitrag von Franki »

Auch noch mal Hallo, ich denke wir sind hier genau an dem Punkt angekommen der auch die Probleme mit den KK verursacht. Das Verstehen der Probleme der Sh . NIEMAND ,der nicht selbst betroffen ist , wird es nachvollziehen können was es heisst, etwas nicht zu hören / einfache Dinge nicht mehr wahrzunehmen.... Ich selbst spreche aus beiden Seiten - normalhörend geboren und nun an Taubheit grenzend sh.... Und es geht bei der Versorgung nicht " nur" um die Berufswahl. Soll eine junge sh Mama etwa schlechter versorgter werden als ein studierter Jurist ? Die Mama hat genauso das Recht, und ist genauso angewiesen auf eine gute Kommunikation mit ihrem Baby / Kleinkind etc.( Ich weiss was es bedeutet meine Nichten nicht zu verstehen und zu erraten was sie möchten....) Der Teenager , der sich abkapselt weil er niemanden mehr versteht... Das sind nur einige Beispiele. Nicht sehen trennt von den Dingen - nicht hören von den Menschen . Und so wird es immer sein .Daher sollte doch jedem das bestmögliche zugestanden werden ohne hart dafür kämpfen zu müssen. Fragt jmd bei einem künstlichen Hüftgelenk : Möchten Sie das teurere oder eher die billige Ausführung ? Bestimmt nicht... Und egal ob am oder im Körper : Wir sprechen hier von medizinischen Hilfen / Prothesen / Ersatzteilen , die Funktionen übernehmen müssen, die ausfallen . Und ich denke das ist vielen nicht klar.

Und vielleicht als Schluss zur Berufswahl . Was wenn wie bei mir im Laufe eines Jahres das Gehör sich fast um das doppelte verschlechtert ? 2 Jahre Berufsausbildung und 3,5 Jahre Studium - alles für die Katz und bei null anfangen ? Never ever.

Viele Grüße Franki
Zuletzt geändert von Franki am 6. Apr 2011, 19:50, insgesamt 1-mal geändert.
progredient ertaubt durch Otosklerose
Bilateral CI versorgt / Med El Concerto - Flex 28 / Opus 2 (Rechts : 06-2012; Links : 01-2013)
monif

Re: was Neues an der Front: Krankenkassen wollen die Akustiker verklagen?????

#25

Beitrag von monif »

Hallo!
Die Zahlen bestätigen, dass immer noch Tausende Schwerhörige täglich am Arbeitsplatz mit den Herausforderungen bezüglich der Schwerhörigkeit kämpfen müssen. Viele Schwerhörige scheiden immer noch vorzeitig aus dem Berufsleben aus, auch wenn viele Studien belegen, dass sie unter entsprechender Rücksichtnahme durchaus hätten weiterarbeiten können: zum Vorteil des Geschäftslebens, der Gesellschaft und sich selbst. Eine frühere Studie hat belegt, dass jeder Fünfte vorzeitig aus dem Berufsleben scheidet.

„Es ist offensichtlich, dass es sich für die Gesellschaft lohnen würde, Schwerhörigen dabei zu helfen, weiter im Arbeitsleben zu bleiben, damit sie weiterhin ihr eigenes Geld verdienen können und Steuern bezahlen, anstatt frühzeitig eine staatliche Rente zu beziehen. Insgesamt sprechen wir hier von Millionen, die gespart werden könnten. Außerdem zeigen sämtliche Studien, dass Schwerhörige, die in Arbeit sind, eine wesentlich bessere Lebensqualität haben und ein höheres Selbstwertgefühl. Auch auf das Familienleben der einzelnen würde das positiv auswirken.

Ja, Franki glaube auch bald wir haben alles für die Katz gemacht:)

Liebe Grüsse Moni
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