Hallo,
ich bin bisher bei Anpassungen nie von meiner Akustikerin darauf hingewiesen worden, dass ich einen Antrag zur Kostenübernahme (über den Festbetrag hinaus) bei einem Leistungsträger (KK, Rentenversicherungsanstalt, BA) stellen kann. Bei zwei Geräten habe daher in den letzten Jahren den nicht unerhelblichen Eigeneinteil selbst finanziert, obwohl ich immer wieder darauf hingewiesen habe, dass ich ohne hochwertige HGs in meinem Job nicht bestehen kann (bin Referentin und beständig in Kommunikation).
Ist es Aufgabe meiner Akustikerin im Rahmen ihres Beratungsauftrages mich darauf hinzuweisen? Gibt es dafür einen nachlesbare gesetzlich Grundlage?
ob es spezial- oder berufsrechtliche Regelung gibt, die einen Akustiker verpflichten, die Kunden über andere Finanzierungsmöglichkeiten aufzuklären, entzieht sich meiner Kenntnis.
Im allgemeinen Schuldrecht gibt es aber das Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung. Danach kann der Käufer nach § 280 BGB Schadenersatz auch dann verlangen, wenn der Verkäufer durch Verletzung von Nebenpflichten ein "Rechtsgut" des Käufers verletzt hat. Man könnte z. B. in den Vertrag hineininterpretieren, dass eine entsprechende Aufklärungspflicht über die Möglichkeit, andere Leistungsträger zur (teilweisen) Kostenübernahme in Anspruch nehmen zu können, i. S. § 241 BGB zumindest stillschweigend vereinbart war. Allerdings weiß ich nicht, ob man da nicht die Sorgfaltspflichten eines Akustikers überspannt.
Ein anderer Weg wäre es, deine KK in die Pflicht zu nehmen. Sie hat nach § 13 SGB I auch die Verpflichtung, dich umfassend über deine Rechte aufzuklären. Tut sie das nicht, könnte sich ein Schadenersatzanspruch gegen die KK im Rahmen des von der Rechtsprechung entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergeben - aber eben nur dann, wenn sich konstruieren ließe, dass die Aufklärungspflicht der KK auch die Information über weitergehende Finanzierungsmöglichkeiten umfasst.
Der Schadenersatz wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag mit dem Akustiker kommt hier nicht in Betracht.
Es käme lediglich eine Verletzung einer Pflicht aus §242 II BGB im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältises durch Aufnahme von Vertragsverhandlungen gemäß §311 II Nr. 1 BGB in Betracht, also bei der Beratung, die zum Abschluss des Vertrages zur Versorgung mit Hörgeräten führt.
Dazu müsste den Akustiker bezüglich der Hörgerätefinanzierung jedoch eine umfassende Aufklärungspflicht treffen, die gerade auch die finanzierung über den normalen Zuzahlungsbetrag der Krankenkassen umfasst.
Dies kann insbesondere nicht stillschweigend vereinbart werden.
Den Akustiker könnte eine solche Pflichtverletzung nur dann treffen, wenn der andere Teil explizit nachfragt und der Akustiker dann zumindes fahrlässig falsche Angaben macht.
Eine Aufklärungspflicht ohne weiteres Fragen könnte höchstens noch durch höchstrichterliche Rechtsprechung konstruiert worden sein. Eine ähnliche Pflicht trifft z.B. annerkanntermaßen gewerbliche Fahrzeughändler gegenüber Verbrauchen (ständige Rechtsprechung).
Eine kurze Recherche in einem Rechtsprechungsverzeichnis ergab keinen Anhaltspunkt für die generelle Existenz einer entsprechenden Aufklärungspflicht.
Wenn der Akustiker also nicht dazu befragt wurde und daraufhin falsche Angaben gemacht hat, ist hier kein Schadenersatzanspruch ersichtlich.
Ich würde versuchen mit der Krankenkasse in Verbindung zu treten, um die eigenen Aufwendungen bei bestehen des Anspruchs auf Zahlung auch bezüglich des Eigenanteils, erstattet zu bekommen.
Ob das im Nachhinein aber Erfolg hat, kann ich nicht beurteilen.
Jedenfalls gegen den Akustiker vorzugehen halte ich nach der mir bekannten Sachlage für nicht erfolgversprechend.
Seit der Geburt schwerhörig. Mittlerweile bds. taub.
beidseits CI Cochlear Nucleus 5
Liebe Kaja und liebe Felcitas,
habt Dank für eure Bemühungen und die Antworten. Ich hatte nicht wirklich im Sinn gerichtlich gegen meine Akustikerin vorzugehen, sondern sie zunächst mal darauf hinzuweisen, dass sie ihren Beratungspflichten nicht nachkommt. Ich bin sehr unzufrieden mit ihrem Service, in vielerlei Hinsicht. Bisher hat sie mich auch nicht von sich aus über weitere technische Hörhilfen, die meine Jobsituation vermutlich verbessern würde, aufgeklärt. Ich muss mir alles mühsam über Expertinnen wie euch und andere in Foren erarbeiten. Bei dem Thema "ich werde meine KK verklagen, die Kosten ganz zu übernehmen" (ein Tipp von anderen Hörgeschädigten9, hat sie völlig dicht gemacht und angemerkt, damit habe sie nichts zu tun. Das ich dazu ein Anpassungsprotokoll brauche, aus dem u.a. hervorgeht, dass die Kassengeräte nicht ausreichend sind, musste ich auch erst ausgraben und sie darum bitten, anstatt das sie mich darauf hinweist. Ohne diese Aufforderung hätte sie mich überhaupt keine Kassengeräte testen lassen usw. Mir fällt also im laufenden Anpassungsprozess durch Zufälle immer mehr auf, was ich zu beachten habe, worauf sie mich nicht von sich aus hinweist. Das betrifft auch den Aspekt, dass für mich vermutlich die Rentenversicherung zuständig ist und nicht die KK. Die aber verlangt, dass ich zunächst einmal einen Antrag auf Teilhabe stelle, den sie genehmigen muss. Wäre mir diese Info nicht auch zufällig hier im Forum über den Weg gelaufen, hätte ich - wie gewohnt - den Eigenanteil zunächst bezahlt und säße in der Falle. Denn dann lehnt die Rentenversicherung ab ... und und und
gesetzlich bzw. vertraglich ist der Hörgeräteakustiker nur verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass es Hörgeräte ohne privaten Eigenanteil (Kassengeräte) gibt. In den Kassenverträgen ist nur festgeschrieben, dass die Hörgeräteversorgung wirtschaftlich und ausreichen sein muss. Allerdings ist nirgendswo festgeschrieben, was eine ausreichende Versorgung sein soll. :help: Im Hilfsmittelverzeichnis steht nur, dass das Einsilberverstehen bei 65dB mit Hörgerät um 20% besser sein muss, wenn bei 65 dB ohne Hörgerät noch ein Einsilberverstehen messbar ist. Ist das nicht der Fall, dann muss mit Hörgerät ein Einsilberverstehen erreicht werden, welches dem Einsilberverstehen bei dB-Opt (Optimaler Lautstärke) entspricht.
Diese (Minimal-)Vorgagen haben leider nichts mit den Hörsituationen im täglichen Leben zu tun. Allerdings wird man diese Vorgaben auch mit den meisten Kassengeräten erreichen.
Das die wenigsten Akustiker auf den Weg der vollen Kostenübernahme durch die KK hinweisen hat den folgenden Hintergrund. Die Krankenkasse, die nach vielen Jahren des prozessierends einen Vergleich angeboten haben und dann der großteil oder alles bezahlt haben, fordern dieses Geld dann von dem Akustiker ein. Somit wird ist dieser Vorgang ein wirtschaftliche Nachteil für den Akustiker. Davon kann der Akustiker mit der Zeit nicht überleben.
Dies ist leider kein befriedigender Zustand, weder für den Hörgeschädigten noch für den Akustiker.
Es ist nicht die Aufgabe eines Hörgeräteakustikers, das Sozialgesetzbuch und dessen Feinheiten zu kennen noch darf er diesbezüglich beraten, selbst wenn er es wüsste -- da er kein Anwalt ist und somit keine Rechtsberatung leisten darf.
Es ist also jeder selbst dafür verantwortlich, sich über etwaige Leistungsträger zu informieren oder eben auch nicht. Genau für sowas gibt's ja auch Foren wie dieses, wo Leute sagen, über welche Schienen Sie an Kostenübernahmen gekommen sind.