Seite 1 von 1

Stefan stellt sich vor

Verfasst: 12. Apr 2020, 10:54
von Stefan aus München
Liebes Forum,
ich heiße Stefan, bin 57 jahre alt und lebe in München. Ich hatte wohl schon länger eine leichte Schwerhörigkeit im Tieftonbereich, die mir nicht weiter auffiel, weil ich sprachlich uneingeschränkt kommunizieren konnte. Vor zwei Jahren habe ich mir Hörgeräte für die Arbeit besorgt (Signia / ich weiß nicht genau welche). Ich bin Referent in der Erwachsenenbildung und leite Fortbildungen und Seminare im Bereich Suchtprävention und Kommunikation und mir fiel damals auf, dass ich teilnehmer*innen, die sehr leise sprachen nicht mehr gut verstand.

Seit einiger Zeit nun verschlechtert sich meinlinkes Ohr rapide. Es fühlte sich an als hätte ich ein Steinchen oder ein Stück Holz im Ohr und ich bemerkte, dass ich schlechter höre. Gleichzeitig war mir alles zu laut, wenn ich meine HGs trug, was ich so auch nicht kannte. Mein Sprachverstehen wurde sehr schlecht, während Geräusche sehr dominat wurden. Ich war zweimal bei meiner Akkustokerin, die die HG im 4Kh Bereich nachjustierte und meinte das seien nur leichte Anpassungen, bei mir scheint momentan eine Lärmschädigung aus meinem früheren Berufsleben am Flughafen in München durchzuschlagen.

Ich war auch bei unterschiedlichen HNOs, die meinten dass es sein könne, dass ich einen Hörsturz habe. Ein Audiogramm von Anfang Dezember zeigte beidseitige Verschlechterungen etwas deutlicher links. Ein zweites Audiogramm vom März 2020 zeigte nochmalige Verschlechterung um 5 db bei 4 Kh links.

Die Verschlechterung sowohl objektiv bei den Audiogrammen und vor allem subjektiv hinsichtlich meines Sprachverstehens macht mich fertig. Ich fühle mich wie in einer Blase, abgeschnitten von der Welt. Einzelgespräche funktionieren irgendwie noch, Gruppensituationen sind sehr anstrengend und ich werde darüber ungeheuer traurig.

Ich habe den Eindruck, dass mir nur die Möglichkeit bleibt, diese beinträchtigung nazuerkennen, sie anzunehmen und zu lernen das Beste daraus zu machen. Gleichzeitig merke ich, dass in mir eine große Traurigkeit und auch angst vor Einsamkeit entsteht.

So viel erst einmal zu meiner Geschichte. Konkrete Fragen und Bitten um Unterstützung werde ich ananderer Stelle posten.

Ich grüße Euch herzlich und Wünsche frohe Ostern

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 12. Apr 2020, 11:15
von Jani
Hallo Stefan,

erst einmal Herzlich Willkommen hier bei uns!

Ich kann Dich sehr gut verstehen, wie Du Dich momentan fühlst und wie es Dir geht. Es ist nicht einfach, seine Hörschädigung anzunehmen. Mir selber fällt das auch nicht immer leicht, obwohl ich seit nach der Geburt mit hohem Hörverlust schwerhörig bin. Auch das mit der Einsamkeit kenne ich irgendwo. Ich hoffe für Dich, dass Du Familie und auch Freunde hast, welche hinter Dir stehen und Dich unterstützen können.

Ich wünsche Dir alles Gute und noch einen schönen Ostersonntag heute!

Liebe Grüße Jani

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 12. Apr 2020, 11:59
von Stefan aus München
Liebe Jani,

danke für Deine mitfühlenden Worte. Auch deshalb bin ich hier. Ich suche Leute, die das kennen und von denen ich auch lernen kann wie das Annehmen und "Das Beste daraus machen" geht.

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 12. Apr 2020, 13:56
von Claudia75
Hallo Stefan,

ich sitze in der sehr warmen Sonne, aber bei Deinen Zeilen bekam ich kurz Gänsehaut.
Weshalb?!? Ja - weil Deine Zeilen von Dir "meine" hätten sein können.

Ich bin 45 und seit ein paar Wochen "HG-Trägerin in der Testphase".
Zunächst wollte ich es mir auch nicht eingestehen.
Mit 45!!! Schönheitsfehler.... Brauch ich nicht, will ich nicht, mach ich nicht....
Ich habe selbst auch gar nicht gemerkt, dass ich mich von einigen Dingen zurückgezogen hatte. Wenn man ständig falsche Worte hört oder auch gar nicht hört macht man das.
Und das macht einsam.
Nicht das Tragen von HG. Du brauchst keine Angst haben.
Diese Hilfen sind gut und nicht wirklich auf den ersten Blick zu erkennen.
Ich gehe jedoch inzwischen ganz offen damit um - das erleichtert meinen Mitmenschen auch den Umgang mit mir :-).
In Gruppengeprächen tue ich mich auch noch etwas schwer.
Aber das wird werden.
Ich bin mir sicher, dass auch Du bald alles annehmen und akzeptieren kannst.
Es ist toll dass es HG gibt, die einem ein Stück Lebensqualität zurückgeben.

Bei Fragen schreib hier einfach - im Forum gibt es tolle Menschen :-).

Herzliche Grüße
Claudia

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 12. Apr 2020, 14:55
von Stefan aus München
Liebe Claudia,

auch Dir vielen Dank für Deine Antwort und dafür, dass meine Zeilen Dich berühren.

Mein Problem derzeit ist, dass ich die HGs einfach nicht so eingestellt bekomme, dass ich entspannt mit Ihnen hören kann. Mit dem Rest würde ich wohl klarkommen.

Und natürlich der subjektive Aspekt der stetigen Verschlechterung! Der macht mir Angst, weil ich nicht absehen bis wohin mich das führt. Kennt wahrscheinlich jede*r im Zusammenhang mit dem älter werden. Da beginnt eine Lebensphase in der es zumindest körperlich nicht mehr besser wird. Und davon bin ich mit meinen Ohren jetzt zum ersten Mal richtig hart betroffen.

Habe jetzt im im 2er-Setting ein Spiel gespielt und das rechte HG raus genommen. Das war deutlich weniger belastend als mit beiden zusammen. Brauche unbedingt einen Termin bei meiner Akkustikerin nach Ostern!

Dir einen schönen Tag in der Sonne!

Stefan

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 13. Apr 2020, 09:56
von AlfredW
Hallo und willkommen im Club,

die von Dir geschilderten Probleme kenne ich nur zu gut;
zur Bewältigungsstrategie fällt mir ein, dass Du ja ähnliche Problematiken aus der Suchtprävention
kennen müßtest. Vielleicht kannst Du da ja etwas auf deine Situation anwenden.
Es gibt Hilfsmittel, die Dir den Arbeitsalltag erleichtern; zur Not muß eben ein Mikro rumgereicht werden, damit Du den Fragesteller verstehst.

Gruß

Alfred

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 13. Apr 2020, 12:20
von Stefan aus München
Danke für Deine Tipps Alfred,

mir fällt es zur Zeit (noch) schwer Parallelen zwischen meinem beruflichen Thema und dem derzeitigen persönlichen Erleben zu ziehen. Wenn man selbst betroffen ist schauen die Dinge oft ganz anders aus als wenn uch sie bei anderen quasi von außen beobachte.

Es ist sicherlich wichtig im nächsten Schritt meine HGs optimal anzupassen, was bisher nicht wirklich gut gelungen ist und wenn nötig auch nach weiteren technischen Möglichkeiten zu suchen. Momentan bin ich einfach irritierter, weil sich das Hören relativ schnell verschlechtert. Das macht die Anpassung schwierig und auch meine Gewöhnung an die jeweils neue Einstellung.

Eine Frage noch: In Deiner Signatur schreibst BDS Innenohrschwerhörigkeit 80 dzb. Was genau bedeutet das? Meine Hörkurve beginnt im Tieftonbereich bei 55, steigt dann bis ca 40 bei 4 Khz und fällt dann wieder bis 60 auf 8Khz, links etwas schlechter als rechts.

Dir einen schönen Ostermontag

Stefan

Re: Stefan stellt sich vor

Verfasst: 16. Apr 2020, 18:06
von Chaplin
Hallo Stefan,

ich bekam wegen einer erblich bedingten Hörstörung "erst" im Alter von 25 Jahren Probleme. So mit 30 Jahren war die Hörstörung so stark, dass ich mein erstes Hörgerät bekam. Vorher hatte ich es nicht wirklich akzeptiert, um ehrlich zu sein.
Bei mir wurde auf einer Seite das Gehör plötzlich schlechter wegen einem Felsenbeinbruch und das plötzlich deutlich schlechtere Gehör auf einer Seite ist eine besondere Erfahrung.
Im Hörzentrum wurde mir gesagt, dass meine Art von Hörstörung mit der Zeit meist eher schlechter wird. Das hinterlässt auch bei mir kein so gutes Gefühl.
Trotzdem versuche ich selbstbewusst mit meinen Krankheiten umzugehen und das Beste daraus zu machen. Es gibt für die Hörstörung viele Hilfen und an das stärker eingestellte Hörgerät muss man sich auch gewöhnen.
Mir hilft mein liebes Umfeld weiter und vielleicht gehe ich auch mal bei uns in die Selbsthilfegruppe für Hörstörungen.

Viele liebe Grüße