JND hat geschrieben:ich hatte irgendwo im Forum auch schonmal geschrieben, dass diese absoluten Lautstärkeangaben wie 80 dB(A)/8h, 120 dB (A) immer mit Vorsicht zu genießen sind. Um das wirkliche Schädigungspotenzial einzuschätzen sind diese gemittelten Werte aber fast nutzlos (sind halt nur in Gesetzen verankert, damit akustische Laien die Werte gut miteinander vergleichen können).
Diese Werte (massgebend sind eigentlich Dosen bzw. auch Zusammensetzungen, Eigenschaften etc.) sagen aus, dass bei deren Ueberschreiten eine reale Gefahr einer Gehörsgefährdung besteht. Das heisst nicht, dass diese eintreten muss. Es wird jedoch einen gewissen Prozentsatz treffen (sofern die Anzahl der Betroffenen ausreichend gross ist), zumal der Wert von 85 dB A während acht Stunden pro Tag zu hoch angesetzt ist (in diesem Sinne sagen die äquivalenten Dauerschallpegel nicht so viel aus, weil es eben auch bereits bei deren Unterschreiten zu Gehörschädigungen kommen kann).
Dass die Werte fast nutzlos seien, würde ich nicht behaupten: Dieroff hat die Folgen der verschiedensten Arten von Lärmeinwirkungen und deren Folgen minutiös untersucht (es handelt sich um gross angelegte Studien mit tausenden von Teilnehmern, welche über Jahrzehnte durchgeführt wurden (oder zumindest Daten über einen entsprechenden Zeitraum berücksichtigen); sie ist also um einiges aussagekräftiger als Studien mit einem Dutzend Probanden 

 )
 
Natürlich gibt es einigermassen differenzierte Berechnungsmethoden, welche die Impulshaftigkeit des Schalls, dessen Frequenzusammensetzung etc. und deren Variabilität zu berücksichtigen versuchen und letztlich in einen einfachen Wert umrechnen. Dass dieser Wert nicht viel aussage, trifft so nicht zu. 
Insbesondere bei einem Bohrgeräusch ist der Fall einigermassen simpel (relativ konstant, keine Impulszuschläge, vermutlich kein Schmalbandcharakter, die Pausen können einfach abgezogen werden).
Die A-Bewertung ist zwar nicht ganz ideal; Verfälschungen im Hochtonbereich dürften jedoch eher dahin gehen, dass eine Korrektur der Werte nach oben erfolgen müsste.
Abgesehen davon ist ein durchschnittlicher HNO selbst mit dem Umgang des äquivalenten Dauerschallpegels masslos überfordert (nicht wertend gemeint).
So, und jetzt noch ein Punkt, welcher bisher gar nicht berücksichtigt wurde: Die erhöhte Schädigungsanfälligkeit der Ohren von Kindern. Bei Knallereignissen muss bei der Bewertung deren Schädigunspotentiale 20 dB (!!!) abgezogen werden!
Wie es mit anderen Geräuschen (bspw. Bohrgeräuschen) aussieht, weiss ich nicht. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass sie dort nicht ebenfalls empfindlicher reagieren.
Und abgesehen davon nochmals:
JND hat geschrieben:ich hatte irgendwo im Forum auch schonmal geschrieben, dass diese absoluten Lautstärkeangaben wie 80 dB(A)/8h, 120 dB (A) immer mit Vorsicht zu genießen sind.
Bei 120 db A besteht augenblickliche Gehörsgefährdung; da gibt es gar nichts mehr zu diskutieren (Ausnahme: Knallereignisse; um die geht es hier jedoch nicht).
muggel hat geschrieben:Das, was hier immer wieder physikalisch komplett ignoriert wird, ist, dass sehr hohe Geräusche wie das eines Bohrers eben nicht 1:1 von der Lautstärke durch den Knochen übertragen wird. Solche hohen Schwingungen kann der menschliche Schädel gar nicht schaffen... im Gegensatz zu tieffrequenten Schallpegeln.
1:1 werden ja auch "tiefere" Frequenzen (von höchstens 8 kHz) nicht übertragen; deshalb der Verlust von (höchstens!) 15 dB. Auf diesem Wert basieren die Vertäubungsregeln bei der Knochenleitungsmessung (und in der Regel wird bis 8 kHz gemessen).
Hast Du genaue Werte für die Dämpfung für alle Frequenzen und ebenso die genaue Frequenzzusammensetzung der Bohrgeräusche (diese hängen ja von vielen Faktoren ab)? Denn:
Ich weiss nicht, wie diese Frequenzzusammensetzungen genau aussehen (hängt vom Bohrer, der Umdrehungszahl etc. ab). Wer sagt denn, dass die hohen Werte (oder ähnlich hohe) nur bei sehr hohen Umdrehungszahlen (bzw. Frequenzen) erreicht werden? Gerade wegen der A-Bewertung fallen vielleicht tiefere Frequenzen mehr ins Gewicht, wer weiss das schon? 
Es darüber hinaus wahrscheinlich, dass, wenn gewisse Frequenzen nicht (oder nur schwach) übertragen werden, dies um so mehr mit subharmonischen geschieht. Dass deren Pegel bzw. die durch diese Schwingungen erzeugte Dosen unbedenklich sind (speziell auch für Kinderohren), kann ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
mugel hat geschrieben:Und zu behaupten, weil ein Bohrer 130 dB aufbringt und somit ggf. dadurch das operierende Ohr schädigen kann, dass man daraus schlußfolgern kann, dass auch das Gehör auf der Gegenseite wegen der Knochenleitung geschädigt werden kann... ist schlichtweg falsch.
Leuchtet mir nicht ganz ein. Weil ja die Pegel auch durch den Knochen auf das nahe Ohr übertragen werden müssen. Es wäre höchstens möglich, dass der Schädel hohe Schwingungen (höher als 8 kHz) sehr stark absorbiert (mehr als die bis zum Bereich von 8 kHz angenommenen 15 dB) und diese sich deshalb stark abschwächen, bevor sie das Gegenohr erreichen.
Ansonsten muss man eben auch die (im Bohrgeräusch vorhandenen und/oder erst im Schädelknochen entstehenden) tiefen Schwingungen beachten und darüber hinaus weiss man ja gar nicht, bei welchen Frequenzen diese Pegel überhaupt entstehen.
In Anbetracht all der Erwägungen denke ich, dass die von mir verwendete "kann-Formulierung" korrekt ist; ich habe eine Anzahl fundierter Argumente geliefert, welche diese Möglichkeit untermauern.
Du hingegen hast bisher ein Argument geliefert, welches sie ausschliessen kann. Eine "kann-nicht-Formulierung" wäre auf Grund dessen nicht angebracht. 
Ich zitiere nochmals meine ursprüngliche Aussage:
"- hohe Schallbelastung durch den Bohrer kann auch das bessere Ohr gefährden und ev. zusätzlichen Tinnitus auslösen"
Die Formulierung
"- hohe Schallbelastung durch den Bohrer kann auch das gegenüberliegende Ohr nicht gefährden und auch nicht ev. zusätzlichen Tinnitus auslösen"
ist auf Grund meiner Argumentation aus meiner Sicht nicht haltbar.
Aber ich formuliere meine Aussage etwas um:
"- hohe Schallbelastung durch den Bohrer könnte das bessere Ohr gefährden und ev. zusätzlichen Tinnitus auslösen" 
Gruss fast-foot
Nachtrag:
muggel hat geschrieben:Das, was hier immer wieder physikalisch komplett ignoriert wird, ist, dass sehr hohe Geräusche wie das eines Bohrers eben nicht 1:1 von der Lautstärke durch den Knochen übertragen wird. Solche hohen Schwingungen kann der menschliche Schädel gar nicht schaffen... im Gegensatz zu tieffrequenten Schallpegeln.
Daher werden ja auch unterschiedliche Frequenzen in der gleichen Lautstärke ganz anders wahrgenommen. Es kommt also auch nicht nur auf die Lautstärke an, sondern auch auf die Frequenz.
Ich weiss nicht, wovon Du hier genau sprichst. Die "Lautstärke" berücksichtigt in einem gewissen Sinne die unterschiedliche Fähigkeit des menschlichen Gehörs, unterschiedliche Frequenzen gleichen Schalldrucks unterschiedlich laut zu hören. Dies wird bspw. durch die A-Bewertung berücksichtigt.
Eine frequenzabhängige Dämpfung in der Schallweiterleitung durch den Schädelknochen hat im allgemeinen wenig mit den von Dir geschilderten Phänomenen zu tun; diese basieren in erster Linie auf der Funktionsweise des Gehörs, in welcher dieser Effekt eher am Rande eine Rolle spielt.
Gruss fast-foot