Melodienhören bei Tinnitus und Hörschädigung

[Karina]

Hallo, ich suche Menschen mit ähnlichen Erfahrungen. Ich bin hochgradig schwerhörig und habe einen Tinnitus. Seit einiger Zeit höre ich manchmal Melodien. Mein Arzt sagt, bei (gestressten) Hörgeschädigten kann das schon mal vorkommen, das Gehirn bildet sozusagen kreativ aus den Tinnitustönen Melodien. Manchmal prägen sich aber auch andere Töne ein, zum Beispiel Glockengeläute. Ich spreche hier übrigens nicht vom Ohrwurm, sondern von neurologischen Tonschleifen im Gehirn. Mittlerweile komme ich ganz gut damit klar, fühle mich mit diesem Phänomen jedoch recht alleine. Wer kennt so etwas ?

[Franki]

Hallo Karina,

auch bei mir ist das so . Ich bin ebenfalls hochgradig schwerhörig und habe zusätzlich einen Tinnitus . Am Anfang war das mehr oder weniger auch ein Ton, dann verschiedene Tonlagen. Im Laufe der Zeit kamen hier ebenfalls Melodien zustande . Auch das von Dir beschriebene Glockengeläut ist mir nicht fremd....

Liebe Grüße
Franki

[Karina]

Hallo Franki!
Vielen Dank für deinen Beitrag. Welche Strategien hast du im Umgang damit entwickelt? Kannst du das einfach so ignorieren ? Ich komme gerade aus dem Kino, es lief "The Artist". Ich dachte es sei mal eine gute Idee einen Stummfilm zu schauen, da muss ich mich nicht so auf das Sprechen konzentrieren. Und -zack- jetzt hab ich die Titelmelodie im rechten Ohr. Das kommt nur selten vor, morgen früh ist das bestimmt wieder weg, aber ich fühl mich doch immer wieder recht verunsichert.

[banni]

Hallo Karina!

Ich habe das auch so ähnlich. Melodien, oder gerne Glocken oder auch Feuerwehrsirene oder Krankenwagen. Meistens allerdings einfach nur laute Fabrikhalle und Maschinen.

Ich gehe damit um, indem ich mir angenehme oder maskierende Geräusche auflege. Bachgeplätscher, Vogelgesang, Fraschgequake, Entspannungsmusik, oder auch weißes Rauschen. Ich kann das neuerdings über Bluetooth direkt über meine HGs hören.

Ich habe neue Hörgeräte, da kann ich Entspannungstöne, oder weißes Rauschen zuschalten und die Lautstärke verändern oder eben Musik direkt über meine HG hören, wie bei einem walkman.
DAs hilft mir sehr, da ich Einfluss nehmen kann und es dadurch schnell wieder in den Hintergrund gedrängt wird.
Meistens brauche ich das nur wenige Minuten.

[deffman]

So ungewöhnlich ist das gar nicht. Ich war gestern spät abends zu Fuß zum S-Bahnhof in Berlin-Buch. Die S-Bahn in Berlin hat doch so einen speziellen Warnton bevor die Türen geschlossen werden. Als ich in der Nähe war, habe ich jedesmal dieses Signal gehört und wunderte mich, wie viel Züge noch nachts um 23 Uhr abfahren...das war aber so ein Tinnitus-Ding. Ich bin ja auch ziemlich taub, hätte mich gewundert, dass ich das von der Bahn so gut hören könnte trotz meiner sehr starken Hörgeräte.

[franzi]

Ich habe auch Tinnitus der zwar meistens in Rauschen darstellt, aber manchmal wenn ich unter Stress stehe dann wird es zu einer Melodie die sich an hört wie ein Hörtest..
Dagegen hilft bei mir nur schauen das ich entspanne und runter komme.
Ich suche derzeit einen Osteophaten oder wie man den schreibt vlt. kann der mir weiter helfen.

[Emil]

Hallo, ich bin noch nicht ganz so hochgradig sh, habe aber auch einen Tinnitus der sich manchmal mit merkwürdigen Tonfolgen darstellt , sonst nur "zischt". Diese Tonfolgen kamen mir zwar bekannt vor aber zuordnen konnte ich sie bisher nicht - nach Franzis Beitrag ist mit nun klar das klingt wirklich fast wir ein Hörtest - danke Franzi. Aber leider hab ich auch kein "Mittel" dagegen gefunden außer Ruhe und sanfte Entspannungsmusik, bloß dazu hab ich meistens keine Zeit.
LG vom Emil

[Franki]

Hallo Karina, ich selbst war wg dem Tinnitus schon zur Reha. Das hat mir persönlich sehr geholfen damit besser zurecht zu kommen. Ich habe im Rahmen dieser Reha verschiedene Methoden kennen gelernt um den Tinnitus ein wenig vom Vorder- in den Hintergrund zu rücken... Dazu gehörten unter anderem Entspannungstechniken ( Yoga, autogenes Training... ) ´.. Im Alltag war es auch so dass - wie schon auch beschrieben wurde- mir auch entspannende Musik geholfen hat. Leider ist das mit dem aktuellen Hörverlust wiederum bei mir sehr schwierig ( ich bin an Taubheit grenzend schwerhörig) daher habe ich für mich persönlich Sport als die beste Möglichkeit gewählt, mit dem Tinnitus klarzukommen.

Viele Grüße !

[franzi]

Hallo Emil

Ich denke das es auch kein wunderheilmittel gegen Tinnitus gibt den sonst hätten das weniger leute. Tinnitus ist weiter verbreitet als man denkt, es ist ein Thema das in der gesellschaft Tot geschwiegen wird.
Bei mir hängt es nicht nur vom Stress hab wie laut oder wie der tinni klingt sondern auch von der verspannung im Nacken. Es gibt ja soviele faktoren warum man tinni haben kann.
Bei jemand wo das Gehör sehr schlecht ist und erst dann der Tinni auftritt sprechen die Ärzte von einer art "phantom schmerz". Soll heißen das wenn nicht mehr alzuviel imput im Gehirn ankommt dann macht das Gehirn selber genügen krach.

lg franzi

[Karina]

Herzlichen Dank für die vielen Beiträge ! Es ist sehr hilfreich und entlastend zu lesen, dass ich mit diesem Phänomen des Melodienhörens nicht alleine stehe. Ich persönlich versuche es auch mit Yoga und Sport zu kompensieren, außerdem meditiere ich mit einer Anleitung per CD gelegentlich. Franki, ich war auch schon zur Reha fort, nur leider war ich dort die einzige Hörgeschädigte und blieb mit meinem Tinnitus-Melodienproblem recht allein. Ich bin schon froh, kein Alien zu sein, denn so kam ich mir manchmal echt vor. Deshalb euch allen nochmal ein dickes Dankeschön....

[Maria10]

hallo, seit kurzem habe ich auch diese Tinnitusmelodien.
Bisher hatte ich sowas noch nie, habe schon über 28 Jahre tinnitus.

Aha, jetzt lese ich, daß es besonders bei hochgradig schwerhörigen so ist.

Ich habe in den letzten TAgen auch begonnen , vor dem Einschlafen
entspannende Musik zu hören, die den komischen eigenen Singsang
übertönt, dann ist hinterher der Singsang weg. KOmmt aber nach
30 Minuten wieder.

Naja, mal abwarten. Diese endlosMelodie die ich nun höre, wechselt
aber, mal den ganzen TAg nur links dann rechts,

ich gehe auch davon aus, daß es wohl mit HWS Problemen, Verspannungen zu tun hat, wie Franzi auch schreibt.

Irgendwie beruhigt mich das aber, daß anderen Betroffenen dieses
Phänomen ,a lso melodische Tonfolgen nicht unbekannt ist.

als nächstes versuche ich die Musiktherapie ( Dr. Anette Cramer)
habe mir das Buch mit CD gekauft.

viele liebe Grüsse Maria

[EinOhrHase]

Salut

"Tinnitus-Leidgenossen" unter sich

Eine eindeutige Diagnose bei Tinnitus zu stellen ist schier unmöglich. Die Ursachen dessen sind viel zu viele um diese je eingrenzen zu können.
Wie schon oben genannt wurde, kann ua schon ein verspannter Nacken ausreichen, um Tinnitus zu erzeugen. Das würde heissen, auch normal hörende könnten so gesehen recht schnell einen Tinnitus bekommen.

Die Klänge, Geräusche des Tinnitus können sehr unterschiedlich ausfallen. Teils ist es Tagesformabhängig, von der Umgebung, in der man sich länger wie 2-3 Stunden aufhält. Das macht es ua auch so schwer zu diagnostizieren, um welchen Typ Tinnitus es sich handelt.
Ganz klar muss man sagen:
Situationen, in denen man lauten Geräuschen, Musik oä, ausgesetzt ist, beeinflussen Tinnitus nachhaltig und kann so auch recht schnell chronisch werden, wenn man nicht zeitig reagiert.

Gern wird zur "Bekämpfung" Entspannugnsmusik, Meditationstechniken und dergleichen empfohlen. Was aber für den Einzelnen entscheidend und hilfreich ist, muss er wohl oder übel selbst ausprobieren.

Manchmal ist es für mich hilfreich, den selben Ton wie beim Tinnitus bewusst zu erzeugen, damit - für eine Weile wieder - Ruhe einkehrt.

Grüssle

[KatjaR]

Hallo Karina,
wenn du dich theoretisch mit dem Phänomen auseinandersetzen möchtest empfehle ich dir das Buch Musik und das Gehirn von Oliver Sacks. Dort sind sehr anschaulich und verständlich solche und viele andere Phänomene und die neurologischen Erklärungen geschildert. Das Hauptproblem bei Tinnitus ist immer noch dass man ihm zu viel Beachtung schenkt, und das ist meistens um sehr mehr der Fall solange die Ursachen unbekannt und bedrohlich erscheinen. Ist das Phänomen erstmal als harmlos erkannt schafft man es leichter es weniger zu beachten und dass ist der Schritt hin zu kompensiertem Tinnitus. Ich habe auch Tinnitus in verschiedensten Variationen erlebt und habe auch einen Dauerton, den nehme ich aber lediglich bei Konzentration darauf noch wahr.
LG und alles Gute

[Melba]

Interessantes Thema...auch ich leide unter dem Tinnitus. Okay, leide, ist ein wenig übertrieben, ich habe mich mit ihm einigermassen arrangiert. Es stört mich mal mehr mal weniger, je nach meiner eigenen Verfassung ist er stärker oder auch weniger in meinem Kopf. Nach meiner zweiten Mittelohr OP (ende Jan. 13), schwirren mehr Geräusche in meinem Kopf herum und das hat mich jetzt wieder empfindlicher gemacht. Interessent fand ich, das mit den Melodien hören....das hatte ich schon als kleines Kind, als ich meinte unser Nachbar spielte Trompet, wobei ich heute den Sound nicht mehr als Trompetenklang benennen würde..eher einer Laier/Pfeifenorgel. Ich war vielleicht höchstens 4 Jahre alt und konnte den unterschied von Blasinstrumente nicht so einordnen. Was noch komisch ist..ich war damals, wahrscheinlich, nicht sh...,keiner hatte es damals diagnostiziert,oder vielleicht doch??
Wenn ich heute einen Hörtest mache, höre ich den Ton, der mir vorgespielt wurde, ziemlich lange, auch wenn dieser schon abgestellt wurde....das macht für mich den Hörtest zum Horror...es stresst einfach und nervt. Ich komme mir dann so bescheuert vor....Ich höre auch ab und zu mal meine Klingel..eine Ding-Dong Klingel...obwohl keiner geklingelt hat...aber das kommt eher weniger vor.

[Maria10]

hallo Melba, interessant, daß Du das auch kennst. Genau, Hörtests
sind für mich auch sehr belastend, ich nenne es Nachhall. Vieles " hallt " noch
lange nach, auch tagelang, bis es wieder weg ist.

Gestern hatte ich einen Teilerfolg, der Dauersingsang war fast weg,
heute wieder voll da. Ich vermute doch, es hängt mit den Verspannungen
im Nacken/ Rücken zusammen. Abends höre ich wieder etwas Musik,
mache gezielt sowas wie eine Musiktherapie... Gegentöne ...

Immerhin ist es ein Teilerfolg, daß es zumindest einen Tag schon deutlich
besser bis fast weg war, das gibt Hoffnung , daß es auch durch Physiotherapie wieder verschwindet...

[franzi]

Ich kenne jemand wo beim Osteopathen war und der Tinni war danach weg, nach ein paar behandlungen. Nur das ist auch keine garantie ob der helfen kann und leider dazu kommt das man den teilweiße bis voll selber bezahlen muss.

[Melba]

Maria10...leider ist bisher noch keiner darauf angesprungen...weder HNO noch Akustiker...alle lächeln und sagen, einfach drücken, wenn sie was hören.

[Maria10]

hallo Franzi, ja, Ostheopathie hatte ich auch schon, tut auch gut und lindert.
Werde jetzt auch wieder eine Behandlung in dieser Art machen lassen.

Melba, genau, wenn ich Bedenken äussere heisst es immer, ach was!
Die gehen nicht drauf ein, auch die Arzthelferinnen sagen; das muss ich so machen... oder auch bei anderen Dingen, wie laute Ohrspülungen, die
vertrag ich gar nicht, heisst es auch " da ist noch nie was passiert"

Unmöglich !