Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

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sugar74
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Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#1

Beitrag von sugar74 »

Ich suche Leute mit Erfahrungen mit der Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz.
Wie wurde die Therapie durchgeführt?
Wie war die Therapie für das Kind?
Wie hat sich die Lautsprache verändert?

Ich hoffe auf zahlreiche Antworten und danke schon im Vorraus
Sabine
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#2

Beitrag von Sabine »

Hallo,

zwar habe ich Frau Schmid-Giovannini schon persönlich kennengelernt, wir haben aber nicht bei ihr und mit ihr die Therapie durchgeführt. Allerdings haben wir den u.a. von ihr entwickelten und verbreiteten Ansatz (auditiv-verbale Förderung) in unserer Familie verfolgt und mit anderen Therapeutinnen entsprechend gearbeitet.
Wenn Du konkrete Fragen hast, kannst Du Dich gerne melden.

Viele Grüße,

Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#3

Beitrag von Gudrun »

Hallo sugar,

warum möchtest du das wissen? Wenn es um dein Kind geht, wäre es sehr viel sinnvoller, wenn du mit Frau Schmid-Giovannini Kontakt aufnimmst und dir selbst ein Bild machst. Tatsache ist, dass sie ein sehr fordernder und direkter Mensch ist. Nicht alle Eltern kommen damit zurecht.

Ich habe nach der Methode von Frau SG das Sprechen gelernt. Ich lernte sie allerdings erst im Alter von 6 Jahren kennen und nahm nur einmal pro Jahr an einem einwöchigen Intensiv-Kurs teil. Dagegen kenne ich Leute, die direkt bei ihr gelernt haben. Solche Hörgeschädigte findest du am besten im Verein LKH Schweiz, der auch eine eigene Webseite hat: www.lkh.ch - du könntest den Vorstand ja mal kontaktieren.

Und ich muss noch etwas betonen: Nicht Frau Schmid-Giovannini entscheidet darüber, wie gut die Kinder das Sprechen und Hören lernen. Das Problem sind die Eltern, die Eltern müssen das, was Frau SG ihnen im Rahmen der Therapie vermittelt, zuhause im Alltag umsetzen.

Wenn ein Kind trotz Frau SG nicht zur Lautsprache kommt, dann liegt das immer an den Eltern und nicht an Frau SG! Das muss ich ganz ausdrücklich betonen. Frau SG hatte mehrere Pflegekinder und die hat sie alle erfolgreich lautsprachlich gefördert, auch ihre eigenen Schüler an der Privatschule, wobei hier auch die Eltern immer eine Rolle gespielt haben.

Ich schätze Frau SG sehr, ich kenne sie privat und habe schon mehrfach bei ihr hospitiert.

Sie macht mit kleinen Kindern gern Tagebücher, sehr oft wird gemeinsam gelesen und geschrieben, öfter wird auch gespielt (wo man miteinander sprechen muss), manchmal wird auch gebastelt und in der Küche schon mal was gekocht oder gebacken.

Nachtrag: Geht es dir eigentlich um die Therapie, die Frau SG persönlich durchführt, oder geht es dir um die auditiv-verbale Therapie an sich? In zweiterem Fall kann Sabine dir sicher Tipps geben; und wenn du dein Bundesland verrätst, kann ich dir evt. auch Leute nennen, die nach diesem Ansatz arbeiten (aber eine echte AV-Ausbildung hat in Deutschland nur Frau Winkelkötter).
Zuletzt geändert von Gudrun am 20. Dez 2007, 22:51, insgesamt 1-mal geändert.
Andrea Heiker
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#4

Beitrag von Andrea Heiker »

Liebe Gurdrun,

ich hoffe, Du nimmst es mit nicht übel. Etwas gestolpert bin ich doch über:
Wenn ein Kind trotz Frau SG nicht zur Lautsprache kommt, dann liegt das immer an den Eltern und nicht an Frau SG!
Ich kenne Frau SG nicht und bin auch nicht nach Ihren Methoden gefördert worden. Ich bin schon lautsprachlich gefördert worden, aber man hat natürlich Gesten und Gebärden bei mir benutzt und eine schlechte Aussprache auch mal einfach stehen gelassen. Den Feinschliff habe ich erst bekommen, als ich schon lesen konnten, weil man mir dann auch mal etwas aufschreiben konnte.

Aber trotzdem finde ich die Aussage doch sehr pauschal. Es kann hundert Gründe geben, warum ein Kind nicht sprechen lernt und ich finde es schwer glaubhaft, dass man jedes Kind in die Lautsprache bringen könnte, solange man es nur genug und richtig (was heißt hier denn schon richtig?) fördert.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#5

Beitrag von Gudrun »

Hallo Andrea,

du hast recht, diese Aussage war sehr pauschal. So, wie sie dasteht, war sie nicht gemeint. Ich erlebe es allerdings öfter bzw. lese es immer wieder, dass eine Mutter sagt: "Nun war ich mit meinem Kind so oft bei der vielgelobenen Frühfördererin und es hat die Lautsprache trotzdem nicht richtig erworben." Mütter, die so eine Aussage machen, haben einen Denkfehler, wenn sie der Frühfördererin die Verantwortung für den Spracherwerb zuschieben.

Du hast ganz recht, es kann auch andere Gründe geben, warum ein Kind nicht richtig Lautsprache erwirbt, z.B. Dyskalkulie oder andere Zusatzbeeinträchtigungen oder -behinderungen. Mit meiner Aussage bezog ich mich nur auf die Kinder, die keine weiteren den Spracherwerb behindernden Beeinträchtigungen haben.

Allerdings war ich eigentlich auch so ein Kind... und doch gebe ich zu, dass andere Kinder ungünstigere Voraussetzungen haben als ich sie damals hatte.

Es spielen auch viele andere Faktoren eine Rolle, z.B. wenn beide Eltern berufstätig sein müssen, um die ganze Familie ernähren zu können. Dann sollte man sich wenigstens um einen Babysitter oder ein Au pair kümmern, der bzw. das auch ein wenig in die Grundlagen der Spracherziehung einbezogen wird.
sugar74
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#6

Beitrag von sugar74 »

Hallo, liebe Leute,

erstmal danke für Eure schnellen Antworten. Kurz zu mir: Ich bin Logopädin und durch meine hörgeschädigten Eltern mit der deutschen Gebärdensprache aufgewachsen. Das Thema habe ich angeschnitten, da ich dies für eine Beratung brauche. Ich habe zwar auch schon über die Therapie von frau Schmid-Giovanni gehört, dass ist aber schon ein paar Jahre her. Da ich persönlich ihre Therapie sehr anstrengend und hart für Kinder empfand, habe ich mich nicht weiter damit beschäftigt. Nun möchte ich aber gern Mütter über alle Therapieformen (natürlich wertfrei) informieren und da fiel mir diese Therapieform wieder ein.
So weit ich weiß, gibt es doch einen Unterschied zwischen der Therapie von Frau Schmid-Giovanni und der auditiv-verbalen Erziehung. Wurde diese nicht in Anlehnung an ihr und Eastbrooks (hoffentlich richtig geschrieben) entwickelt?? Klar. sollen dort die Kinder auch zur Lautsprache kommen, aber auf einem anderen Weg?!
Ach so, hab ich noch vergessen: Ich lebe und arbeite in Baden-Württemberg.

Ich wünsche Euch allen schon mal frohe Weihnachten, ein paar besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!!!

Danke und liebe Grüße
Annett (sugar74)
sugar74
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#7

Beitrag von sugar74 »

Ich hab nochmal nachgelesen und hatte prompt doch unrecht ... die bekannteste Vertreterin der auditiv-verbalen Therapie in Europa ist Frau Schmid-Giovanni. Sorry!!
Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#8

Beitrag von Gudrun »

Hallo sugar,

genau, die Therapie von Schmid-Giovannini (so schreibt man ihren Namen, ausgesprochen wird er als "Schmid-Giovanni") ist auditiv-verbale Erziehung. Und sie lehnt sich keineswegs an die AVT (auditiv-verbale Therapie) von Estabrooks an. Estabrooks ist wesentlich jünger als Frau SG.

Ich möchte dir raten, bei Frau SG mehrere Mal persönlich zu hospitieren (bitte keine Videos, die sagen zu wenig aus) und Tagungen sowie Kongresse zum Thema zu besuchen. Da lernst du wesentlich mehr als durch bloßes Lesen.

Wer sagt, dass die AVT hart ist, hat was vollkommen falsch verstanden. Diese Therapie verzichtet auf Drill, ist kindgemäß und orientiert sich an den Interessen des Kindes. Es ist auch keine Therapie im strengen Sinn, sondern eine Erziehungsform, die sich durch den ganzen Alltag zieht. Eigentlich ist es keine "Therapie", nur die Stunden bei den Logopäden werden so genannt, u.a. auch damit die Krankenkassen sie bezahlen.

De AVT ist nicht hart und streng, sondern Frau SG ist es - das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied. :) Und die allermeisten Kinder mögen sie, ich habe schon unzählige Stunden von ihr gesehen und mit unzähligen Hörgeschädigten gesprochen. Nur die Eltern fürchten sie. ;)

Auditiv-verbale Erziehung ist ein Prinzip, das man sich nicht anlesen kann, es ist eine Philosophie, die man sich im Lauf mehrere Jahre aneignet. Es ist ähnlich wie mit der Gehörlosenkultur, nur wer sich damit auseinandersetzt, versteht sie. Genauso iust es mit der AV-Erziehung. Sehr viele Menschen kennen sich damit nicht aus und denken, schnell mal ein paar Artikel zum Thema gelesen und schon kann man drüber informieren. Denn das, was die AVT beinhaltet, kann man nicht anlesen, sondern nur durch ständiges Beobachten erwerben.

Sabine, die sich schon gemeldet hat, wäre eine sehr gute Ansprechpartnerin. In Deutschland ist Winkelkötter in Duisburg auch ausgebildet - die Ausbildung zur AV-Therapeutin gibt es bis jetzt nur in den USA. Aber andere Therapeuten, die sich auch mit dem AV-Ansatz auskennen, sind z.B. Frau Streicher in Köln, Frau Hamann und Frau Große in Berlin, Frau Pietsch in München, sie haben alle bei Frau SG regelmäßig hospitiert und auch bei ihr Kurse besucht.

Im Raum Baden-Württemberg gibt es leider keine Therapeuten, von denen mir bekannt ist, dass sie auditiv-verbal erziehen.

Estabrooks war erst Ende November in München, schade, dass du das anscheinend nicht mitbekommen hast. Ich habe allerdings auch keine Werbung dafür gemacht, da die Veranstaltung zum Teil nur halböffentlich war. Aber wenn er wieder mal nach Deutschland kommt (der ist alle ein bis zwei Jahre mal in der Gegend) und ich es erfahre, kann ich hier gern Bescheid geben.

Du könntest Literatur von Estabrooks anfordern, ansonsten empfehle ich das Buch "Hören und Sprechen" von SG. Frau Batliner ist im strengen Sinn KEINE Vertreterin der auditiv-verbalen Erziehung, ihr Therapieansatz ("hörgerichteter Spracherwerb") hat aber sehr große Parallelen zur Erziehungsform von SG. Sie hat auch ein Buch geschrieben: "Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern."
Zuletzt geändert von Gudrun am 23. Dez 2007, 10:32, insgesamt 3-mal geändert.
sugar74
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#9

Beitrag von sugar74 »

Hallo Gudrun,
ich habe mal eine Fobi über auditiv-verbale Erziehung gemacht und fand diese auch sehr interessant, leider kann ich aufgrund meiner sehr, sehr geringen Englischkenntnissen (habe Russisch gelernt) keine Ausbildung in den USA machen. Ich werde als Logopädin die Eltern beraten und meine logopädische Therapie nach den Wünschen der Eltern gestalten. Entweder vorrangig lautsprachlich oder auch in Verbindung mit Gebärdensprache (da ich diese ja auch kann). Ich denke, dass die Eltern letztendlich entscheiden was für ihr Kind am besten ist und was sie gut in ihre Familie integrieren können. Ich bin nur als Berater tätig bzw. führe dann die entsprechende Therapie durch, die ich natürlich kann. Mir ist es aber sehr wichtig, Eltern über die Möglichkeiten zu informieren, die Entscheidung müssen sie (leider, aber nicht für mich) selber treffen. Ich persönlich würde mein Kind dem Drill von Frau Schmid-Giovanni nicht aussetzen. Und wenn man hörgeschädigte Menschen (natürlich nicht alle) fragt, dann gibt es schon auch genügend, die sich nicht wohl bei ihr gefühlt haben. Es sind also nicht nur die Eltern. Und dann, denke ich, ist es später für Eltern hart, sehen zu müssen, dass sich ihr Kind vielleicht, trotz der harten und vielen Arbeit, lieber der Gebärdensprache zuwendet. Aber, wie schon gesagt - und dass möchte ich nochmals betonen- ist es die Entscheidung der Eltern und ich akzeptiere diese wertfrei.
Das Buch von Batliner hab ich schon.
Schönen Abend noch!!
Liebe grüße
sugar 74 (bitte verzeiht mir, dass ich bei meinem Nickname bleibe)
Uli R.
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#10

Beitrag von Uli R. »

Hallo,
Drill hin, Drill her, ich habe aber GL kennen gelernt die als Erwachsene ihren Eltern sehr dankbar waren, dass sie diesem "Drill" ausgesetzt worden sind.
Die Bezeichnug Drill finde ich übrigens nicht angepasst. Disziplin und Fleiß finde ich passender.
Uli
Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#11

Beitrag von Gudrun »

Hallo Uli, danke für deine Worte.

Hallo sugar,

ich finde es gegenüber Frau SG und der Spracherziehung, die ich erfahren habe, diskriminierend, wenn du den Begriff "Drill" verwendest, denn damit fühle auch ich mich angegriffen, da ich Frau SG sehr achte und schätze. Ich bin sehr froh, dass ich durch ihre Methode trotz (audiologischer) Gehörlosigkeit die volle Lautsprache erworben habe und mein Resthörvermögen recht gut ausnutzen kann. Genauso habe ich kein Recht, über andere Spracherziehungsmethoden und ihre Vertreter zu werten, wenn ich sie nicht vertrete.

Keine Sorge, es erwartet niemand, dass du deinen reellen Namen verrätst, und ich meinte auch nicht, dass du eine AV-Ausbildung machen sollst. Ich wollte nur damit ausdrücken, dass AVT ein ganz bestimmtes Konzept beinhaltet, denn das ist sehr vielen Leuten in Deutschland nicht bekannt und erst recht nicht bewusst.

Ich finde dein Bemühen, Eltern umfassend zu informieren, sehr gut. Wenn es dir nur darum geht, über die Möglichkeit der AVT zu informieren, kannst du gern auf die Namen und die Literatur, die ich dir schon nannte, verweisen. Adressen könnte ich raussuchen, doch im Internet müsstest du auch fündig werden.

Du kannst Eltern gern noch auf den Verein LKHD ("Lautsprach Kommunizierende Hörgeschädigte Deutschland"), http://www.lkhd.de verweisen, sie vertreten ebenfalls die AVT und wollen diese Methode bekannter machen.

Mehr an Infos brauchst du auch nicht. Nur um gezielt auditiv-verbal zu erziehen, müsstest du dich natürlich weiter fortbilden.

Meine Eltern würden es übrigens nicht als hart empfinden, wenn ich mich der Gebärdensprache zuwenden würde. Den Eltern, die sich für die Therapie von Frau SG entscheiden, geht es nicht darum, dem Kind die Gebärdensprache zeitlebens zu verwehren, sondern darum, seine Lautsprache und das Resthörvermögen optimal zu fördern.
Wenn das hörgeschädigte Kind sich später für die Gebärdensprache entscheidet, heißt das noch lange nicht, dass es die Lautsprache damit ablehnt.

Ich habe mehrere DGS-Kurse besucht und besuche auch gegenwärtig einen DGS-Kurs, da ich als Hörgeschädigtenpädagogin wichtig finde, DGS-Kenntnisse zu haben, aber leider fehlt mir die Zeit, mich in der freien Zeit mit DGS-Gehörlosen zu treffen, denn das wäre das beste Training. Meine Mutter respektiert das nicht nur, sie unterstützt es sogar. Es würde sie allerdings verletzen, wenn ich mich abfällig über die selbst erlebte Spracherziehung äußern würde, da sie darin äußerst viel Mühe investiert hat (und auch deshalb mag ich das Wort "Drill" nicht - und ich wurde wirklich sehr konsequent gefördert und habe Lautsprache unter Mühen erworben, weil es in der damaligen Zeit mit der noch unterentwickelten Hörtechnologie nicht anders möglich war).

Wenn Hörgeschädigte sich kritisch über ihre eigene Spracherziehung äußern, KANN es daran liegen, dass sie sich von ihren Eltern mit ihrer Hörschädigung nicht ausreichend akzeptiert fühlten - die Betonung liegt auf "kann".

Viele Grüße,
Gudrun
Andrea Heiker
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#12

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo.

Nun ja, auch ich bin meine Eltern, v.a. meiner Mutter dankbar, dass sie sich so viel Mühe gegeben hat, mir das Sprechen beizubringen. Aber manchmal habe ich es trotz Allem auch als Drill empfunden. Mir war es als Kind eben nicht besonders angenehm, wenn ich etwas falsch ausgesprochen hatte, aber nicht heraushören konnte was, und ich immer wieder wiederholen musste, bis durch einen Zufallstreffer doch mal das Richtige oder zumindest etwas Ähnliches rausgekommen ist. Erst recht konnte ich es nicht leiden, wenn ich an der Kehle oder anden Lippen der Frühförderin (die aber trotzdem sehr mochte) etwas abfühlen sollte. Ich finde das Wort Drill auch gar nicht so verkehrt. Ich sehe aber ein, dass es sein musste, weil ich sonst lautsprachlich nicht fit geworden wäre.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#13

Beitrag von Gudrun »

Hallo Andrea,

ich finde es ok., wenn du das schreibst. Es macht für mich einen Unterschied, ob man über die selbst erlebte Erziehung redet oder man über jemand anderen bzw. dessen Erziehung redet. Es ist ungefähr dasselbe, wie wenn man (öffentlich) sagen würde, dass es ein "Verbrechen" sei, einem gehörlosen Kind das CI zu verweigern.

"Drill" ist abwertend und damit habe ich ein Problem, weil ich Frau SG wirklich sehr gut kenne. Frau SG ist sehr offen für Hospitationen, d.h. sie lässt auch bei Kindern, die keine Vorzeigekinder sind, hospitieren, sofern die Eltern einverstanden sind und keine anderen Gründe dagegen sprechen. Es ist auch so, dass zu ihr die Problemkinder kommen, nachdem die Eltern eine Odyssee von Therapeuten hinter sich haben.
Uli R.
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#14

Beitrag von Uli R. »

Hallo Andrea,
so wie du den Begriff Drill gebrauchtst nimmst du ihm die Härte indem du gleich in die Schilderung mit einbeziehst was der Drill dir gebracht hat.
Drill ist eine Bezeichnug aus dem Militärbereich. Eine Übung wird so oft wiederholt wird bis sie im Unterbewußtsein gemacht werden kann.
Das wird auch im Sport so gemacht, aber man wird dort nie von Drill sprechen.
Uli
PetraAnett
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#15

Beitrag von PetraAnett »

Hallo,

ich wollte euch mal gerade für diesen Beitrag danken.
Ich mache mir manchmal so meine Gedanken, wie wird unser Sohn die Sprachförderung (auch alles was wir zu Hause machen - das ist ja der Hauptanteil) empfinden ... Was wird noch kommen, wie weit kommen wir ...
Da war das ungemein hilfreich eure Meinungen zu lesen - gerade auch von euch Gudrun + Andrea - ihr seid ja keinen leichten Weg gegangen - wenn ich das so richtig verstehe - aber ihr könnt, denke ich, jedem Hörenden das Wasser reichen.
Manchmal bekommt man ja auch leider als Mutter zu hören, was investierst du da soviel Kraft und Zeit rein, du mußt damit leben dass er mit anderen nicht mitkommt, dass er keinen normalen Schulabschluß schafft usw.
Und jedes Erfolgserlebnis, jedes neue Wort, jeder Buchstabe der an der richtige Stelle kommt machen mir dann doch wieder Mut - aber die Fragen und Zweifel bleiben doch manchmal ob man es richtig macht - und ob das Kind es viel. auch als Drill empfindet oder ob die Kritiker recht haben ...
LG
PetraAnett
Tina-Sarah
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#16

Beitrag von Tina-Sarah »

Hallo PetraAnett,

du nimmst mir die Worte aus dem Mund. Mir geht es derzeit genauso dass ich viel überlege ob es richtig ist was wir mit Sarah machen.

Ich hab mir ein Buch geholt um die Hintergründe der AVT ein wenig zu verstehen und mir ein Bild davon machen zu können und frage mich wenn ich einem Kind schon die Gebärden als eine Kommunikationsform gegeben habe. Wie verkraftet es das Kind dass diese dann nicht mehr gelten ?

Liebe Grüße von Tina mit Sarah (* 09.04.03);Waardenburgsyndrom bds.hochgr. sh; 1. CI seit 04/07 aktiv; 2. CI seit 02/08 aktiv
Carina (*24.09.05);Spitzenlauscher
Gudrun
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Re: Wer hat Erfahrung mit Therapie von Frau Schmid-Giovanni/Schweiz

#17

Beitrag von Gudrun »

Hallo Petra und Tina,

ich kann nur von mir sprechen. Ich bin sehr froh, dass meine Eltern, vor allem meine Mutter, die Mühen auf sich genommen haben. Damals war eine "auditiv-verbale Erziehung", wie sie heute praktiziert werden kann, bei mir nicht möglich, da ich erst mit eineinhalb Jahren Hörgeräte bekam, die noch (im Vergleich zu heute sehr schlechte) Taschengeräte waren, nebenher habe ich auch noch andere Therapien benötigt. Meine Kindheit war sicher "vertherapiert" und nicht einfach, aber dafür kann ich jetzt die Früchte umso mehr genießen. Ich erinnere mich außerdem auch nicht mehr an diese Zeit (speziell die ersten sechs Lebensjahre). Könnte man die Uhr zurückdrehen, würde ich wollen, dass meine Mutter wieder denselben Weg geht, und das, obwohl ich aus den Erzählungen meiner Mutter weiß, dass ich manchmal nicht mitarbeiten wollte.

Sie war sehr konsequent und fordernd, aber Liebe und Geborgenheit kamen nie zu kurz, und ich glaube, das ist das Entscheidende. Wenn eure Kinder spüren, dass ihr sie ohne Wenn und Aber liebt, und wenn ihr hinter eurer Entscheidung für die von euch ausgewählte Therapieform steht, das ist das Wichtigste, denn dann fühlen eure Kinder sich akzeptiert.
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