Hallo,
wir haben einen hochgradig schwerhörigen Sohn (Zwilling), der zur Zeit die 4. Klasse einer Sprachheilschule besucht und intellektuell nächstes Schuljahr sicher eine Realschule besuchen könnte. Ein Regelschulbesuch wird sicherlich wegen der äußeren Umstände (Klassengröße usw.)kaum möglich sein, und so stehen nun Überlegungen an, dass Manuel eine Realschule mit Internat besuchen könnte. In Gedanken wäge ich Pro und Kontra immer wieder ab: Für ein Internat spräche, dass er es dort mit dem Lernen leichter hätte, da schon allein die äußeren Umstände (kleine Klassen, speziell geschulte Lehrer, usw.) auf ihn zugeschnitten sind. Desweiteren hätte er dort ENDLICH!! einmal die Chance, Freunde zu finden, mit denen er auch seine Freizeit unbefangen verbringen könnte. Zuhause schnappt ihm nämlich sein Bruder alle Freunde weg, da dieser in die örtliche Grundschule geht und mit den Kindern vor Ort schon in der Schule zusammen ist; und dann ist der Bruder natürlich auch "pflegeleichter", denn er versteht alles auf Anhieb und man kannmit ihm natürlich auch leichter umgehen! Manuels Sprachheilschule ist viele Kilometer weit weg und die Kinder dort kommen aus einem großen Umkreis, außerdem kommt er auch 3 x die Woche erst spät nach Hause.
Gegen eine Internatsunterbringung spricht natürlich zuerst einmal sein Alter. Er wäre dann 10 Jahre alt, und ich denke da braucht er doch seine Familie noch! Dazu kommt, dass er sehr eifersüchtig auf seinen Zwillingsbruder ist, der es im Leben immer leichter hat(te). Und dann dürfte dieser auch noch zu Hause bei Mama und Papa leben, während er "weg muss".
Vielleicht hat jemand bezüglich dieses Problems schon Erfahrungen gemacht und kann mit weiterhelfen? Ganz toll wäre es natürlich, wenn uns ein "betroffenes/r Kind/Jugendlicher" seine Erfahrungen mitteilen könnte!
Danke
Gruß Elke
Internat o. Regelschule?
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Andrea Heiker
- Beiträge: 3024
- Registriert: 10. Jul 2002, 11:39
- 23
Re: Internat o. Regelschule?
Hallo Elke,
wenn Dein Sohn zu Hause keine Freunde hat, dann empfehle ich ein Schule für Schwerhörige. Und wenn Manuel doch unbedingt eine Regelrealschule besuchen möchte, dann sollte es nicht die Schule sein, die auch der Bruder besucht. Ich würde auch Manuel mitentscheiden lassen. Mit 10 Jahren weiß er wie lang eine Woche ist und weiß auch schon, wie weh es tut, wenn man keine Freunde hat. Sprich aber ehrlich mit ihm, über Pro und Contra. Er darf nicht das Gefühle haben weggeschickt zu werden. Und wenn er partout nicht ins Internat will, soll er zur Regelschule gehen. Aus meinen eigenen Erfahrungen als ehemalige Regelschülerin kann ich nur sagen, in sozialer Hinsicht ab der Pubertät ein nicht zu empfehlener Weg. Aber die Erfahrung muss Manuel ggf. selbst machen.
Läßt der Zwillingsbruder Manuel nicht mitspielen? Bei mir war mein guthörender knapp ein Jahr jüngerer Bruder eher eine Brücke zu anderen Kindern / Jugendlichen. Manchmal hat er regelrecht gedolmetscht.
GRuß
Andrea
wenn Dein Sohn zu Hause keine Freunde hat, dann empfehle ich ein Schule für Schwerhörige. Und wenn Manuel doch unbedingt eine Regelrealschule besuchen möchte, dann sollte es nicht die Schule sein, die auch der Bruder besucht. Ich würde auch Manuel mitentscheiden lassen. Mit 10 Jahren weiß er wie lang eine Woche ist und weiß auch schon, wie weh es tut, wenn man keine Freunde hat. Sprich aber ehrlich mit ihm, über Pro und Contra. Er darf nicht das Gefühle haben weggeschickt zu werden. Und wenn er partout nicht ins Internat will, soll er zur Regelschule gehen. Aus meinen eigenen Erfahrungen als ehemalige Regelschülerin kann ich nur sagen, in sozialer Hinsicht ab der Pubertät ein nicht zu empfehlener Weg. Aber die Erfahrung muss Manuel ggf. selbst machen.
Läßt der Zwillingsbruder Manuel nicht mitspielen? Bei mir war mein guthörender knapp ein Jahr jüngerer Bruder eher eine Brücke zu anderen Kindern / Jugendlichen. Manchmal hat er regelrecht gedolmetscht.
GRuß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Re: Internat o. Regelschule?
Hallo Andrea,
vielleicht spielte bei euch auch eine Rolle, dass dein Bruder und du nicht dasselbe Geschlecht hattet? Ich habe auch einen Bruder (2 Jahre älter). Als ich in Manuels Alter war, hatte ich Freundinnen und mein Bruder Freunde, so dass keine Rivalitäten aufkommen konnten. In jüngeren Jahren hatten wir partiell einen gemeinsamen Freundeskreis. Im Lauf der Zeit störte mein bruder sich allerdings daran, wenn ich dabei sein wollte.
Hallo Elke, ich schließe mich Andrea an, vielleicht wäre eine Schwerhörigenrealschule eine Möglichkeit. In welchem Bundesland wohnt ihr, falls du das sagen magst?
Wäre eine Montessori-Schule auch eine Möglichkeit? Da sind die Klassen nicht so groß. Oder ihr sucht eine Privatrealschule. Ich würde auch nicht dieselbe Schule wie die Sczhule des Zwillingbruders nehmen.
Im Übrigen ist 10 Jahre zwar sehr jung, um in ein Internat zu kommen, aber nicht zu jung. Wenn Manuel einen ausgefüllten Freundeskreis hat, wird er die Trennung besser verkraften.
Ansonsten, wenn er eine andere Regelschule besucht (vielleicht wäre eine Regelschule doch denkbar?), würde ich versuchen, gezielt Kontakte zu den Eltern von Manuels Klassenkameraden aufzubauen und Manuels Klassenkameraden immer wieder nach hause einladen.
Vielleicht würde sich auch ein Verein vor Ort finden, bei dem dein Sohn dabei sein kann, falls es sich mit seinem zeitlichen Plan vereinbaren lässt.
Vielleicht kannst du mit Manuel probeweise Schulen besuchen und im Unterricht hospitieren lassen und im Internat umschauen lassen. Ich weiß von mehreren Hörgeschädigten, die das so gehandhabt haben.
Ich selbst bin gehörlos, wirke aber wegen Hörgeräten und meiner Lautsprache wie eine Schwerhörige und habe bis zum Abitur eine Regelschule besucht und ich würde diesen Weg sofort wieder gehen. Aber je nach Ausmaß des Handicaps und je nach Kontaktfreudigkeit braucht man eine hohe Frustrationstoleranz.
Ich habe in der 1. Klasse (damals an der Schwerhörigenschule) zur Probe 1 Woche lang die Regelschule besucht und dann zur Probe 1 Woche die 2. Klasse Schwerhörigenschule, da die Rede davon war, mich eine Klasse überspringen zu lassen. Die Entscheidung fiel auf die Regelschule. In den ersten 3 Monaten hatte ich (damals 8 Jahre alt) Schwierigkeiten wegen des Lärms und der großen Klasse, es waren mir zu viele Schüler auf einmal, aber ich hatte ein halbes Jahr Probezeit und als das um war, wollte ich mit ganzem Herzen an der Regelschule bleiben. Genauso sollte Manuel mitentscheiden dürfen.
Alles Gute für die Entscheidung!
Gudrun[size=small]
[Editiert von Gudrun am: Montag, August 22, 2005 @ 01:56 AM][/size]
vielleicht spielte bei euch auch eine Rolle, dass dein Bruder und du nicht dasselbe Geschlecht hattet? Ich habe auch einen Bruder (2 Jahre älter). Als ich in Manuels Alter war, hatte ich Freundinnen und mein Bruder Freunde, so dass keine Rivalitäten aufkommen konnten. In jüngeren Jahren hatten wir partiell einen gemeinsamen Freundeskreis. Im Lauf der Zeit störte mein bruder sich allerdings daran, wenn ich dabei sein wollte.
Hallo Elke, ich schließe mich Andrea an, vielleicht wäre eine Schwerhörigenrealschule eine Möglichkeit. In welchem Bundesland wohnt ihr, falls du das sagen magst?
Wäre eine Montessori-Schule auch eine Möglichkeit? Da sind die Klassen nicht so groß. Oder ihr sucht eine Privatrealschule. Ich würde auch nicht dieselbe Schule wie die Sczhule des Zwillingbruders nehmen.
Im Übrigen ist 10 Jahre zwar sehr jung, um in ein Internat zu kommen, aber nicht zu jung. Wenn Manuel einen ausgefüllten Freundeskreis hat, wird er die Trennung besser verkraften.
Ansonsten, wenn er eine andere Regelschule besucht (vielleicht wäre eine Regelschule doch denkbar?), würde ich versuchen, gezielt Kontakte zu den Eltern von Manuels Klassenkameraden aufzubauen und Manuels Klassenkameraden immer wieder nach hause einladen.
Vielleicht würde sich auch ein Verein vor Ort finden, bei dem dein Sohn dabei sein kann, falls es sich mit seinem zeitlichen Plan vereinbaren lässt.
Vielleicht kannst du mit Manuel probeweise Schulen besuchen und im Unterricht hospitieren lassen und im Internat umschauen lassen. Ich weiß von mehreren Hörgeschädigten, die das so gehandhabt haben.
Ich selbst bin gehörlos, wirke aber wegen Hörgeräten und meiner Lautsprache wie eine Schwerhörige und habe bis zum Abitur eine Regelschule besucht und ich würde diesen Weg sofort wieder gehen. Aber je nach Ausmaß des Handicaps und je nach Kontaktfreudigkeit braucht man eine hohe Frustrationstoleranz.
Ich habe in der 1. Klasse (damals an der Schwerhörigenschule) zur Probe 1 Woche lang die Regelschule besucht und dann zur Probe 1 Woche die 2. Klasse Schwerhörigenschule, da die Rede davon war, mich eine Klasse überspringen zu lassen. Die Entscheidung fiel auf die Regelschule. In den ersten 3 Monaten hatte ich (damals 8 Jahre alt) Schwierigkeiten wegen des Lärms und der großen Klasse, es waren mir zu viele Schüler auf einmal, aber ich hatte ein halbes Jahr Probezeit und als das um war, wollte ich mit ganzem Herzen an der Regelschule bleiben. Genauso sollte Manuel mitentscheiden dürfen.
Alles Gute für die Entscheidung!
Gudrun[size=small]
[Editiert von Gudrun am: Montag, August 22, 2005 @ 01:56 AM][/size]
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TouchMySoul
- Beiträge: 55
- Registriert: 18. Nov 2004, 22:51
- 20
- Wohnort: Solingen
Re: Internat o. Regelschule?
Hallo,
viel kann ich dazu eigendlich nicht sagen.
Aber wie wäre es wen Du und Manuel sich mal eine Schule mit angeschlossenem Internat ansehn ? Vieleicht gefällt es ihm dort ja ?!
Mein Jeremy wird jetzt am Donnerstag eingeschult und geht dann nach Euskirchen mit angeschlossenem Internat.
Wir haben uns,mit ihm, die Schule angesehn, auch das Internat und waren direkt total begeistert über die Chancen die sich ihm dort bilden.
Jeremy selber, fühlte sich im Internat direkt wohl als wir es uns anschauten.
Ich denke er hat zwar nochnicht begriffen das er dann in der Woche dort bleibt aber er wird sich dort mit Garantie sehr schnell eingewöhnen und wohlfühlen.
[size=small]
[Editiert von TouchMySoul am: Dienstag, August 23, 2005 @ 11:06 AM][/size]
viel kann ich dazu eigendlich nicht sagen.
Aber wie wäre es wen Du und Manuel sich mal eine Schule mit angeschlossenem Internat ansehn ? Vieleicht gefällt es ihm dort ja ?!
Mein Jeremy wird jetzt am Donnerstag eingeschult und geht dann nach Euskirchen mit angeschlossenem Internat.
Wir haben uns,mit ihm, die Schule angesehn, auch das Internat und waren direkt total begeistert über die Chancen die sich ihm dort bilden.
Jeremy selber, fühlte sich im Internat direkt wohl als wir es uns anschauten.
Ich denke er hat zwar nochnicht begriffen das er dann in der Woche dort bleibt aber er wird sich dort mit Garantie sehr schnell eingewöhnen und wohlfühlen.
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[Editiert von TouchMySoul am: Dienstag, August 23, 2005 @ 11:06 AM][/size]
Nina Isabell-Michelle *10.91
Alexandra *01.94
Joshua *04.97
Jeremy *11.98 Beidseitg Gehörlos ( Trägt kein HG ... keine Chochlea rechts kein Gehörnerv links u.a. Defizite )
Jamie-Lee *09.2002
und Mann
Habe die GELASSENHEIT das hinzunehmen was nicht zu ändern ist, die KRAFT zu ändern was nicht länger zu ertragen ist und die WEISHEIT das eine vom anderen zu unterscheiden
Alexandra *01.94
Joshua *04.97
Jeremy *11.98 Beidseitg Gehörlos ( Trägt kein HG ... keine Chochlea rechts kein Gehörnerv links u.a. Defizite )
Jamie-Lee *09.2002
und Mann
Re: Internat o. Regelschule?
Hallo Elke,
da stehst Du wirklich vor einer schweren Entscheidung. Vielleicht hilft es Dir ja etwas, wenn ich Dir hier kurz meine Geschichte erzähle.
Lass mich mal überlegen. Vor ca. 30 Jahren stand meine Mutter vor der gleichen Entscheidung, ob sie mich in einen Internat schicken soll oder nicht. Ich war damals 10 oder 11 Jahre alt und aufgrund einer beidseitigen Mittelohrmißbildung hochgradig schwerhörig. Zur Schule ging ich zu dieser Zeit in einer Hörbehindertenschule in Karlsruhe. Meine Mutter wollte, dass ich die höhere Schule besuche. Da die Schwerhörigenschule in Karlsruhe lediglich einen Hauptschulabschluß ermöglichen würde, schickte sie mich dann schweren Herzens nach Stegen ins Internat, wo ich 1985 mein Abitur gemacht habe. Die Trennung von der vertrauten Umgebung war natürlich zunächst mal schwer gewesen. Ich hatte mich aber relativ schnell eingelebt und konnte auch jedes Wochenende nach Hause fahren, so dass es für mich zu einer ganz normalen Sache wurde.
Ich bin meiner Mutter heute sehr dankbar, dass sie mir diesen Weg ermöglicht hatte. Nach dem Abitur habe ich an der Uni Karlsruhe Elektrotechnik studiert und 2000 meinen Doktortitel in der Elektrotechnik gemacht. Von meinen fünf Klassenkameraden haben alle einen Fach- bzw. Hochschulabschluß gemacht. Zwei von ihnen haben ebenfalls promoviert (Medizin und Chemie). Ob das im Rahmen einer Regelschule aufgrund unserer Hörbehinderung ebenso machbar gewesen wäre, daran möchte ich heute lieber nicht denken.
Ich hoffe, ich konnte Dir da eine kleine Entscheidungshilfe geben.
Gruss Alex
da stehst Du wirklich vor einer schweren Entscheidung. Vielleicht hilft es Dir ja etwas, wenn ich Dir hier kurz meine Geschichte erzähle.
Lass mich mal überlegen. Vor ca. 30 Jahren stand meine Mutter vor der gleichen Entscheidung, ob sie mich in einen Internat schicken soll oder nicht. Ich war damals 10 oder 11 Jahre alt und aufgrund einer beidseitigen Mittelohrmißbildung hochgradig schwerhörig. Zur Schule ging ich zu dieser Zeit in einer Hörbehindertenschule in Karlsruhe. Meine Mutter wollte, dass ich die höhere Schule besuche. Da die Schwerhörigenschule in Karlsruhe lediglich einen Hauptschulabschluß ermöglichen würde, schickte sie mich dann schweren Herzens nach Stegen ins Internat, wo ich 1985 mein Abitur gemacht habe. Die Trennung von der vertrauten Umgebung war natürlich zunächst mal schwer gewesen. Ich hatte mich aber relativ schnell eingelebt und konnte auch jedes Wochenende nach Hause fahren, so dass es für mich zu einer ganz normalen Sache wurde.
Ich bin meiner Mutter heute sehr dankbar, dass sie mir diesen Weg ermöglicht hatte. Nach dem Abitur habe ich an der Uni Karlsruhe Elektrotechnik studiert und 2000 meinen Doktortitel in der Elektrotechnik gemacht. Von meinen fünf Klassenkameraden haben alle einen Fach- bzw. Hochschulabschluß gemacht. Zwei von ihnen haben ebenfalls promoviert (Medizin und Chemie). Ob das im Rahmen einer Regelschule aufgrund unserer Hörbehinderung ebenso machbar gewesen wäre, daran möchte ich heute lieber nicht denken.
Ich hoffe, ich konnte Dir da eine kleine Entscheidungshilfe geben.
Gruss Alex
