Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

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Meteor
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Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#1

Beitrag von Meteor »

Hallo!

Wir haben einen gerade 10jährigen Pflegesohn, der mit 3 Jahren zu uns gekommen ist. Auf dem linken Ohr hört der Junge (nahezu) normal, das rechte Ohr ist vollständig taub (Schallleitungsschwerhörigkeit). Festgestellt wurde das, als er 7 Jahre alt war. Wegen der vielfältigen Schädigungen, die das Kind außerdem sonst noch hatte, haben wir leider nichts gemerkt bis dahin. Bei den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt war wohl mal etwas aufgefallen, und wir waren mehrmals im Lauf der Jahre beim HNO-Arzt. Der murmelte aber nur etwas von „wächst sich aus“. Erst ein anderer HNO war dann gründlicher, schickte uns zur HNO-Klinik nach Dortmund, und wir hatten wieder eine Hiobsbotschaft mehr. Seit wann das Ohr taub ist, wissen wir nicht. Wir vermuten Misshandlung als Ursache.

Wir haben dann beim ortsansässigen Akustiker ein Hörgerät gekauft. Nie werde ich den ersten Satz danach vergessen: „Mama, ich höre jetzt Autos.“ Nach zwei Jahren stellte sich aber durch Zufall heraus, dass das Hörgerät falsch war. Es war viel zu leistungsschwach, und irgendwelche Filter hätten nicht eingestellt sein dürfen. Nach viel Scherereien haben wir nun eine gute Hörgeräteversorgung (sagt jedenfalls die Uniklinik, in der wir jetzt waren).

Das Kind geht in die 2. Klasse eine Körperbehinderten-Schule. Nun haben wir, wiederum durch Zufall, erfahren, dass dies wohl die falsche Schule für den Jungen ist. Obwohl eigentlich nur 13 Kinder in einer Klasse sein dürfen, wird die Klasse von 14 schwer- und schwerstbehinderten Kindern besucht. Dazu kommen insgesamt 8 Lehr- und Pflegepersonen mit wechselnden Arbeitszeiten. Den Geräuschpegel und die Unruhe in der Klasse kann man sich denken. Das Sonderschulgutachten ging seinerzeit überhaupt nicht auf die Hörschädigung ein, weil die ja damals noch nicht bekannt war. Das ist auch unseres Wissens später nicht korrigiert worden. Im Förderplan steht nichts zu der Problematik. In seiner Sprachentwicklung hinkt der Junge etwa zwei Jahre hinter seinem sonstigen Entwicklungsstand her, so die Uniklinik. (Die wesentliche Körperbehinderung besteht in einer Darmschädigung, wegen der das Kind gewindelt werden muss. Diese Behinderung ist aber behebbar, es ist noch ein längerer Prozess, der aber jetzt auf einem guten Weg ist.)

Meine Frage ist nun, was machen wir mit der Schule?
Was wird in einer HS-Schule gemacht, wie wird dort mit der Problematik umgegangen?
Kann man überhaupt noch was retten?
Ein Internat kommt wegen der Bindungsschäden nicht infrage, aber kann man dem Kind andererseits eine Fahrstrecke von 2 x täglich fast 60 km zu einer solchen Schule zumuten?
Wird dort überhaupt ein lernbehindertes Windelkind aufgenommen? Was würdet Ihr machen?

Viele Fragen, ich weiß. Aber könnte mir vielleicht jemand mit Erfahrung da einen Rat geben?

Viele Grüße
Meteor
Andrea Heiker
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Re: Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#2

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Meteor,

schwierig, schwierig. Schulen für Hörgeschädigte nehme in der Regel keine Windelkinder. Das tun nicht mal viele SH-KiGa. Fragen kostet ja nichts. Eine Stunde Autofahrt hin und eine Stunde zurück nehmen viele schwerhörigen Kinder auf sich. Ist zwar nicht so toll, aber das geht.

Ich denke, die einseitige Hörschädigung muss in der bisherigen Schule mehr Beachtung finden. Außerdem muss es doch möglich sein, eine andere Klasse zu finden, in die der Junge gehen kann. Wenn er noch relativ fit ist und nur mit schwerstbehinderten Kinder in einer Klasse, ist er ja total unterfordert.

Ist das andere Ohr denn wirklich zu 100% okay? Wenn nicht, muss eine beidseitige Hg-Versorgung her. Wegen dem Störschall gibt es mit der EduLink bzw. SmartLink auch noch technische Möglichkeiten, die an der KB Schule eingesetzt werden können.

GRuß
Andrea
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[Editiert von Andrea Heiker am: Freitag, Dezember 2, 2005 @ 11:53 AM][/size]
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Meteor
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Re: Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#3

Beitrag von Meteor »

Vielen Dank Andrea, für Deine Antwort. Doch, das rechte Ohr ist ok, bis auf einige geringe Frequenzen, die man im Alltag nicht benötigt. Das haben wir nun in zwei Unikliniken kontrollieren lassen.

Was sind denn EduLink bzw. SmartLink? Sind das FM-Geräte? Wir haben jetzt ein Angebot, das sich Campus S nennt, ist das auch so etwas?

Es ist so, dass er in der Schule an sich schon richtig wäre, er selber ist ja auch 90 % schwerbehindert, und die Behinderungsarten sind bunt gemischt. Er geht dort auch gerne hin. Aber der Störschall dort muss enorm sein, mehrere Kleingruppen mit mehreren Lehrern im selben Raum.

Viele Grüße
M.
Andrea Heiker
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Re: Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#4

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo M,

Ich rede von FM Anlagen. Man kann verschiedene Sender und Empfänger miteinander kombinieren. (EduLink ist eine Kombination aus Campus S Sender und Empfänger, die kein zusätzliches Hg benötigen. SmartLink ist in der Regel ein SmartLink Sender mit zum Empfänger für Hörgeräte.) Campus S wäre ein geeigneter Sender. Als Empfänger würde ich für das guthörende Ohr den EduLink Empfänger und für das Hörgerät ein zum Hörgerät passenden Empfänger nehmen.

Gruß
Andrea
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Meteor
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Re: Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#5

Beitrag von Meteor »

Oh, für das gut hörende Ohr auch ein Empfänger? Das ist mir jetzt auch wieder neu. Käme also in das gut hörende Ohr auch ein Gerät? Ich dachte, dass nur auf das HG ein Audioschuh drauf kommt. Ich werde mir das vom Pädakustiker noch genauer erklären lassen.

Weißt Du vielleicht auch, was "auditive Merkfähigkeit" ist?

Viele Grüße und Danke
Meteor
Andrea Heiker
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Re: Schulwechsel angebracht von der KB-Schule zur SH-Schule?

#6

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Meteor,

alles andere wäre Quatsch. Das guthörende Ohr ist sowieso dominant und eine FM allein auf dem eh schon stark geschädigten Ohr würde meiner Einschätzung nach nicht wirklich viel bringen, da das dominante Ohr überwiegt. Außerdem muss man auch zusehen, dass man weitestgehend auf beiden Ohren einen gleichen Höreindruck bekommt, sonst ist der arme Junge nur noch mehr verwirrt. Schau mal bei Phonak unter dem Stichwort EduLink nach, um zu sehen, wie ein Empfänger aussieht, wenn man kein Hg auf dem Ohr trägt (siehe http://www.phonak.de/ccde/professional/ ... link_p.htm). Ich würde den Akustiker sagen, dass Du eine beidseitige Versorgung ausprobieren willst.

Die auditive Merkfähigkeit ist die Merkfähigkeit, die das Gehör betrifft, z.B. wie gut das Kind sich an das erinnern, was gesagt wurde, wie gut kann ein Kind ein neues Lied lernen. Es gibt z.B. die Kindern, die eine ausgezeichnete Merkfähigkeit über das Auge haben, aber nur eine äußerst schlechte Merkfähigkeit über das Ohr.

Gruß
Andrea
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[Editiert von Andrea Heiker am: Montag, Dezember 5, 2005 @ 05:39 PM][/size]
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