Hörgerät vs freier Ohrkanal

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taschenberger
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Hörgerät vs freier Ohrkanal

#1

Beitrag von taschenberger »

Hallo,

bei unserem Sohn wurde vor kurzem eine Schwerhörigkeit diagnostiziert. Der Hörverlust ist ausschließlich im Hochtonbereich (Frequenzen > 2,5 kHz) und ist wahrscheinlich Spätfolge einer Chemo-/Strahlungsbehandlung.
Die HNO-Ärzte erklärten uns, dass aufgrund der normalen Hörfähigkeit im unteren Frequenzbereich es sehr wichtig ist, dass das Hörgerät so angepasst wird, dass der Schall auch weiterhin ungehindert durch den Ohrkanal geleitet werden kann, da für diese Frequenzen keine künstliche Verstärkung notwendig ist.
Nachdem wir nun das erste Gerät (Hinter dem Ohr -Gerät) zum Probieren bekommen haben, habe ich den Eindruck, dass die Plastik komplett den Ohrkanal verschliesst und somit im Widerspruch zu der Aussage der HNO-Ärzten steht. Ausserdem sind wir verwundert, dass die Akustikerin uns erklärte, dass auch für den unteren Frequenzbereich eine Verstärkung, wenn auch nur eine geringe, eingestellt wurde, da es gerätebedingt nicht anders geht (wir hatten eigentlich erwartet, dass der nicht beeinträchtigte Frequenzbereich auch nicht künstlich verstärkt wird).
Gibt es Geräte mit durchlässigen Ohrkanal und mit einer "auszuschaltenden" Verstärkung für tiefe Frequenzbereiche?
Ich wäre dankbar, wenn uns andere Betroffene ihre Erfahrungen mitteilen könnten.

Gruß
Jan
Andrea Heiker
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#2

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Jan,

es gibt eine sogenannte offene Versorgung, das heißt im Passtück muss neben dem Schlauch eine zusätzliche Bohrung vorhanden sein. Ist das bei Deinem Sohn der Fall? Welche Hörgeräte probiert Dein Sohn denn jetzt aus und wie alt ist er?

Gruß
Andrea
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taschenberger
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#3

Beitrag von taschenberger »

Hallo Andrea,

habe gerade aus der Ferne nachgefragt und offensichtlich fehlt bei uns ein derartiges Loch (werde auch die Akustikerin heute mal danach fragen) - vielen Dank für den Hinweis.

Zu Deinen Fragen:
Das aktuelle Gerät ist ein digtales Hinter-dem-Ohr Gerät von Phonak. Mein Sohn wird im November 11 Jahre alt.

Gruß
Jan
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[Editiert von taschenberger am: Donnerstag, Oktober 28, 2004 @ 08:26 AM][/size]
Andrea Heiker
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#4

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Jan,

eine Belüftungsbohrung ist in meinen Augen unbedingt notwendig, in eurem Fall kann sie wohl auch etwas größer sein. Es gibt einen Grundsatz bei der Hörgeräteversorgung: So offen wie möglich und so geschlossen wie nötig.

Mit 11 Jahren kann Euer Sohn ja auch sagen, wie er das Hörgerät in bestimmten Situationen empfindet. Ich würde unangenehme Empfindungen auch aufschreieben, damit ihr das bei der nächsten Anpassungssitzung beim Akustiker nicht vergesst.

Phonak baut schon ziemlich gute Hörgeräte, trotzdem wäre es interessant zu wissen, welches Modell er genau hat, z.B. Picoforte.

Gruß
Andrea
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rhae
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#5

Beitrag von rhae »

Hallo Jan,

also ich hätte da grundsätzliche Zweifel, ob es möglich ist den normalen Schall zum Trommelfell durchzulassen und durch ein Hörgerät nur den oberen Frequenzbereich zusätzlich verstärken zu lassen. Denn jedes Hörgerät benötigt eine gewisse Zeit, im Millisekundenbereich, um die Signale zu verarbeiten und ans Ohr weiterzuleiten und dann bekommt das Gehirn jedes Geräusch zweimal präsentiert, zuerst unbearbeitet und dann eine Idee später die aufbereitete Version. Dazu kommt noch, dass digitale Hörgeräte grundsätzlich etwas längere Zeit benötigen als Analoge.

Der Weg der Akustikerin alle Frequenzen sehr gering und die oberen entsprechend mehr zu verstärken wäre da verständlich, dann bekommt das Ohr alle Geräusche nur über das Hörgerät präsentiert und es kommt zu keinen Zeitunterschieden. Hat allerdings den Nachteil, dass die Qualität des Gehörten abnimmt (es klingt alles wir durchs Telefon, statt über die HiFi-Anlage).

Viele Grüße Ralph :computer:
Momo
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#6

Beitrag von Momo »

Hallo
mein Sohn hat auf dem einen Ohr auch eine sog. offene Versorgung, d.h. er hat erstmal in der Mitte des Passstückes ein Loch um mehr Luft an das Ohr zu lassen (Belüftung) und dann noch ein zusätzliches direkt an der Stelle, wo das Passstück in den Gehörgang geht, so dass eben auch natürliche Geräusche ankommen, denn auch er hört die unteren Frequenzen viel besser als die hohen.Ausserdem sollen die tiefen Frequenzen irgendwie durch diese Öffnung abgeschwächt werden (hab ich auch nicht ganz verstanden wie bzw. ich weiss nicht wie ich das erklären soll). Allerdings werden auch die unteren ein bisschen verstärkt, den ganz ungehindert kommt jA kein Ton durch, denn es ist nun mal was im Gehörgang drin, was mehr oder weniger den Durchgang versperrt... Er trägt das Oticon Digilife. Aber ich denke eurer Akustiker kann euch das sicher genauer erklären. Wie sh ist den euer Sohn auf den hohen Frequenzen? Denn wenn die Verstärkung da laut sein muss, kann man evtl. gar kein offenes Passstück machen wegen der Rückkopplungen...
Gruss Momo[size=small]

[Editiert von Momo am: Donnerstag, Oktober 28, 2004 @ 09:43 AM][/size]
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taschenberger
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#7

Beitrag von taschenberger »

Hallo Andrea, hallo Momo

bezüglich Eurer Fragen:
Das aktuelle Testgerät ist ein Maxx 211.
Marvins Hörverlust beginnt ungefähr ab 2,5 kHz und verläuft dann ansteigend (bei 3 kHz ca. 30 dB, bei 4 kHz ca. 45 dB, bei 6kHz ca. 60 dB und bei 8 kHz ca. 70-80 dB).

Unsere Akustikerin hat uns heute mitgeteilt, dass Marvins Otoplastik schon eine sehr offene Versorgung darstellt. Da es schon eine solch minimale Otoplastik ist, sind keine weiteren Löcher möglich/notwendig. Es soll aber noch ein anderes Fabrikat geben mit noch kleinerer Otoplastik (soll auch ein etwas kleineres Hinter dem Ohr - Gerät sein), dafür aber mit rund 1.900 € pro "Ohr" rund 2.000 € über dem Krankenkassenfestbetrag liegen (hat aber technisch keine Unterschiede zum aktuellen Gerät, das keine Zuzahlung erfordert).

Wir werden uns trotzdem dieses Gerät mal anschauen, auch wenn wir wahrscheinlich als nächstes Testgerät erst einmal ein analoges Gerät bekommen, dass erst ab 2 kHz verstärkt.

Überraschenderweise hat uns heute Marvin gefragt, ob er das Hörgerät morgen in der Schule ausprobieren darf (und wir haben uns immer gefragt, wie wir ihn zum Tragen in der Schule nach der häuslichen Testphase überzeugen können),
somit grüßt ein stolzer Vater
Jan
Momo
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#8

Beitrag von Momo »

Erstellt von taschenberger


Überraschenderweise hat uns heute Marvin gefragt, ob er das Hörgerät morgen in der Schule ausprobieren darf (und wir haben uns immer gefragt, wie wir ihn zum Tragen in der Schule nach der häuslichen Testphase überzeugen können),
somit grüßt ein stolzer Vater
Jan
Das ist doch super! Was sagt er denn zum Klang?
Gruss Momo
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taschenberger
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#9

Beitrag von taschenberger »

Hallo Momo,

beim ersten Einsatz in den häuslichen 4 Wänden sagte er mir, dass nun alles heller klingt und es wäre so, als ob man bei einem Bild nun auch den Hintergrund sehe (schöne Metapher denke ich).
In der Schule hat er jedoch keine großen Unterschiede festgestellt (was wohl daran liegt, dass in seiner 5. Klasse doch noch eine sehr ruhig Atmosphäre in der Unterrichtsstunde vorherrscht.

Gruß
Jan
Momo
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#10

Beitrag von Momo »

Hallo
das klingt doch eigentlich ganz positiv! Es sei denn er meint unnatürlich heller, dann wären die tiefen Frequenzen vielleicht zu schwach???
Aber man muss sich ja auch erstmal einhören und in der Schule ist das sicher auch noch anders, evtl. auch wegen der Störgeräusche, die ja auch verstärkt werden...
LG Momo
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Andrea Heiker
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#11

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Momo,

ich glaube das Hg ist so gut eingestellt. Das Kind hörte die tiefen Töne doch vergleichsweise normal, während bei den hohen Tönen doch ein deutlicher Hörverlust vorhanden ist. Wenn jetzt die hohen Töne mehr verstärkt werden, dann klingt das natürlich heller. Die schnelle Akzeptanz ist doch ein deutliches Zeichen, dass der Junge merkt, wie es ihm hilft.

Gruß
Andrea
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Momo
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Re: Hörgerät vs freier Ohrkanal

#12

Beitrag von Momo »

Erstellt von Andrea Heiker
Hallo Momo,

ich glaube das Hg ist so gut eingestellt. Das Kind hörte die tiefen Töne doch vergleichsweise normal, während bei den hohen Tönen doch ein deutlicher Hörverlust vorhanden ist. Wenn jetzt die hohen Töne mehr verstärkt werden, dann klingt das natürlich heller. Die schnelle Akzeptanz ist doch ein deutliches Zeichen, dass der Junge merkt, wie es ihm hilft.

Gruß
Andrea
Das denke ich auch- hab mich vielleicht missverständlich ausgedrückt. Ich wollte damit sagen, dass er sicher nicht "zu hell" meint :)
Gruss Momo
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