Anfang 2015 war der Leidensdruck meiner Hörminderung groß genug, um eine Hörgeräteversorgung anzustreben. Nach einer ca. 7 monatigen Anpass- / Probephase, habe ich mich für die Oticon Ria2 Pro entschieden, die sehr lange und zuverlässig ihren Dienst verrichteten.
Neue Geräte stehen an
Ende 2021 sind die 6 Jahre ausgelaufen. Im Frühjahr 2022 besorgte ich mir eine Verordnung für neue Hörgeräte und bin im Mai 2022 mit der neuen Testphase gestartet. Vorher stand bereits der Abdruck für neue
Erste Modellauswahl
Mein Hörgeräteakustiker kannte durch die jahrelange Betreuung bereits meine Vorlieben und Macken und hat deshalb beim Termin als Vorauswahl die Oticon OPN S3 PP und parallel Geräte von Signia bereitgehalten. Die Einstellungen, gemäß meiner Vorlieben, aus den Ria2 Pro, hat er an die Einstellungen der neuen Geräte angepasst. Ich bin mit den Oticon OPN S3 PP gestartet. Warum? Weil ich es so wollte und weil auch ein ConnectClip bereit lag. Der ConnectClip ist für mich von eminenter Wichtigkeit. Wer beruflich mehrere Stunden am Tag mit dem Kopfhörer in Telefonkonferenzen verbringt wird garantiert wissen warum. Der Streamer bei den Ria2 Pro hat mehr schlecht als recht funktioniert, weshalb ich den nach einer 3 wöchigen Testphase wieder zurückgebracht hatte.
Tag 1:
Die Ria2 Pro sind raus und die OPN S3 sind drin. Ich sitze noch im Anpassstudio und merke spontan noch keine definierbaren Unterschiede. Wie auch, es ist quasi schallarm und kaum Umweltgeräusche zum Vergleich. Vor der Tür dann der erste Eindruck. Die OPN S3 hören sich irgendwie lebendiger an, aber da ist noch irgendetwas, was ich nicht einordnen kann. Auf dem Weg zum Auto höre ich plötzlich einen Vogel in einer Deutlichkeit und Lautstärke zwitschern, wie es mir bisher noch nicht passiert ist. Das war teilweise sogar etwas unangenehm.
Im Auto sitzend bemerkte ich, dass die Fahrgeräusche ganz eigenartig waren. Irgendwie war alles seltsam gedämpft und ich hatte so ein taumeliges Gefühl. Man kann sich das so vorstellen, als habe man eine dünne Plastiktüte über den Kopf gezogen und sich ein paarmal um die eigene Achse gedreht oder ein
Die PKW-Geräusche an der Straße hörten sich an, als stünde ich unter der Straße in einem Tunnel. Man kann das mit dem Geräusch eines Zugs vergleichen, den man nicht auf dem Bahnsteig hört, sondern in einer Unterführung. Ich hatte teilweise das Gefühl besoffen zu sein. Höchst unangenehm.
Abhilfe
Zwei Tage später war ich wieder bei meinem Hörgeräteakustiker und habe ihm meine Beobachtungen geschildert. Es waren offensichtlich die vielen einstellbaren Geräuschfilter der Hörgeräte. Bei diesem und weiteren Besuchen hat er die Filter immer weiter reduziert, teilweise sogar komplett deaktiviert.
Nach mehreren Einstellbesuchen klangen mir die OPN S3 dann recht angenehm. Die hohen Töne wurden noch sanft angehoben, die Sprachverstärkung ein my höher gesetzt und die Startlautstärke um einen Klick erhöht.
Klingeln im Ohr
Was aber immer wieder auftrat waren Interferenzen bei Gesprächen, wenn der Gesprächspartner weiblich war und die Stimmfrequenz und Lautstärke anhob. Nebenbei trat das auch bei der Titelmelodie der Rosenheim Cops auf
Alternative OPN S2 PP?
Um in der Entscheidung sicher zu sein, bekam ich dann die Oticon OPN S2 PP, die ich ein paar Tage trug. In der Zeit habe ich mich überwiegend darauf konzentriert, ob der Überlagerungseffekt auch dort auftrat, was tatsächlich der Fall war. Ansonsten war ich gefühlt der Meinung, dass die OPN S2 keine hörbare Verbessung darstellen. Also zurück zu den OPN S3.
Mehrkosten für OPN S2 für meine Situation gerechtfertigt?
Mein Hörgeräteakustiker erklärte mir dann, dass er aus betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus die OPN S2 verkaufen sollte, aber dass das nicht im Sinne meiner Hörversorgung sei. Wenn das gleiche Ergebnis mit Geräten eine Nummer kleiner zu erreichen sei, dann solle ich nicht unnötig etwas kaufen/bezahlen, was ich sowieso nicht nutzen würde. Damit meinte er die vielen Filter und Einstellmöglichkeiten, die zum Teil komplett deaktiviert wurden (Stichwort: Tunnelgeräusch durch Filter). Die zusätzlichen Filter seien primäres Argument für die „höherwertigen“ Geräte, für Leute, die das auch haben wollen.
Aus dem Grund riet er mir, die Oticon Ruby zu testen.
Oticon Ruby - kurzes Intermezzo
Die habe ich auch über eine Woche getragen. Mein Ergebnis war, dass die Ruby nicht das räumliche Hören boten, wie die OPNs. Das hat mein Hörgeräteakustiker auch bestätigt. Die Interferenzen bei bestimmten Frequenzen traten auch hier auf, was mich in der Einschätzung bekräftigte, dass das hörgeräteunabhängig sei (zumindest bei Oticongeräten). Als fleißiger Leser hier im Forum las ich ebenfalls von anderen Fabrikaten, die ähnliche Probleme haben.
Zurück zu OPN S3
Als trug ich wieder die OPN S3 und wir versuchten mit verschiedenen Einstellungen das Klingeln zumindest abzumildern, was natürlich nicht funktionieren konnte, so wie ich nach und nach herausfand. Bei einem Folgebesuch teilte mir mein Berater mit, dass die Kommissionszeit für die OPN S3 ausgelaufen sei, weshalb er die OPN S3 (Kommissionsgeräte) zurückschicken musste. Er fuhr in den Urlaub und ich bekam erneut für ca. 3 Wochen die OPN S2. Damit bin ich bestens zurecht gekommen, erwartete aber keinen Mehrwert mehr zu den OPN S3.
Die Überraschung!
Als die OPN S3 wieder verfügbar waren und ich die wieder trug, habe ich sofort einen Unterschied gehört. Die S3 klangen weniger differenziert und weniger transparent. Es war insgesamt „ruhiger“ als bei den S2. Wobei ruhiger nicht als Wertung zu betrachten ist. Mir fehlten subjektiv Geräusche, die ich mit den S2 hören/wahrnehmen konnte. Es kam mir auch gefühlt so vor, als sei der Hörraum, also die Ausdehnung, kleiner geworden. Etwa so, als würde man bei einer Kamera das Objektiv auf eine kürzere Entfernung scharfstellen. Die Ortung von Geräuschen war nicht mehr ganz so präzise und die Geräusche selbst weniger voneinander abgegrenzt, wie so eine Art Kantenschärfe bei Fotos.
Nach Einschätzung des Hörgeräteakustikers kann das durchaus mit der, zwar nur geringen, aber dennoch höheren Anzahl an Verarbeitungs- und Einstellkanälen zusammenhängen. In seinem Gesicht las ich eine gewisse Verwunderung/Zweifel, dass ich das überhaupt raushören könne. Ob ich das wirklich differenziert raushören kann, kann ich nicht sagen, ich höre aber einen Unterschied.
Bringt Oticon More more?
Aktuell gibt es bei Oticon bereits eine neue Chipgeneration, die in den More-Geräten verbaut sind, aber nur in den kleineren Leistungsstufen. Ich benötige durch meinen Befund PP-Geräte, um für den Fall der Fälle (die müssen ja wieder mindestens 6 Jahre halten) noch Luft nach Oben zu haben. Der Generationszyklus der PP-Geräte ist bei Oticon idR. länger als bei den anderen Modellen, warum es aktuell noch keine PP-Geräte mit den neuen Chips gibt. Er hat aber so ein dumpfes Gefühl und wage Indizien, dass der Modellwechsel u.U. schneller kommt als erwartet. Darum hat er mir den Wink mit dem Zaunpfahl gegeben, den Testzeitraum noch nicht zu beenden und ggf. auf das Erscheinen einer neuen Generation von PP-Geräten zu pokern. In der Zeit solle ich sorgfältig prüfen und Vergleichen, ob sich für mich die Investition der OPN S2 wirklich lohne. Es stehen da ca. 1500€ UVP Unterschied im Raum.
OPN S3 und OPN S2 im Vergleichstest
Nun habe ich sowohl die OPN S3 (im Moment im Ohr), als auch die OPN S2 bei mir zuhause, um für den Vergleich wechseln zu können. Der Unterschied der Selbstzuzahlung ist nicht aus der Portokasse zu zahlen. Sollte ich mich aber mit den OPN S2 am Ende wohler fühlen, werde ich die Investition ohne mit der Wimper zu zucken tätigen. Immerhin trage ich die Hörgeräte von Morgens bis Abends, was für mich auch (Er)Lebensqualität ist und nicht nur ein Stück Technik, damit ich schier den Alltag bewältigen kann.
Tbc.
Ergänzung:
Weil ich mit dem Tagebuch erst jetzt angefangen habe, ist der Startpost natürlich länger ausgefallen.
