babyzeichen, gebärden, ...?

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fragrance
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babyzeichen, gebärden, ...?

#1

Beitrag von fragrance »

hallo, wir haben vor eineinhalb wochen nach einer bera endlich eine diagnose für unseren kleinen bekommen - keine erfreuliche, aber immerhin mal ein ergebnis: er ist hochgradig schwerhörig bzw. bis inkl. 100 db konnte zeigte die bera keine kurve an bei ihm. er bekommt jetzt sehr starke hörgeräte und frühförderung und ich hoffe, daß er so wenigstens irgendwie hören kann. die ärztin hat uns ja bereits darauf vorbereitet, daß hgs alleine möglicherweise nicht reichen werden, um ihm das hören von sprache zu ermöglichen.

als die ärztin draußen war hat uns die logopädin noch ihre persönliche meinung gesagt, daß wir uns doch auch mit gebärden befassen sollten, auch wenn natürlich das große ziel das erlernen der lautsprache ist.

ich habe mich jetzt versucht, etwas schlau zu machen und naja, da tauchen doch einige fragen auf, die andere betroffene sicherlich beantworten können:

- zunächst mal habe ich ein buch über babyzeichen gefunden, die offenbar vereinfachte gebärden darstellen, und auch für hörende kinder zum einsatz kommen. was haltet ihr davon? erschwert das erlernen der vereinfachten gebärden später das erlernen der "richtigen" gebärden?

- dann gibt es den ansatz, lautsprache durch "richtige" gebärden zu untermalen, aber ohne satzbau und grammatik der ögs/dgs.

- dann gibt es ja noch die möglichkeit einer echten bilingualen erziehung, die aber offenbar eher selten zum einsatz kommt. was müßte man dabei beachten? wäre das so, wie normal auch, daß z.b. ein elternteil nur gebärdet und einer nur lautsprache verwendet? oder zuerst lautsprache, dann gebärden? oder wie tut man da? "richtig" gebärden kann man ja nicht gleichzeitig mit richtig lautsprechen, weil man ja sonst die mimik nicht gscheit hinkriegt - oder?

ich denke mir halt, so wie das für mich klingt, können wir nicht sicher davon ausgehen, daß er sich in der lautsprache jemals wirklich "wohlfühlen" wird. ich möchte aber auf jeden fall, daß er zumindest eine sprache zur verfügung hat, in der er sich immer uneingeschränkt und ohne viel nachzudenken ausdrücken kann. deshalb glaube ich schon, daß wir ihm so bald wie möglich auch gebärden anbieten sollten. außerdem habe ich eben schon gelesen, daß es vielen mit gebärden leichter fällt, die lautsprache zu erlernen.

so, jetzt bitte ich euch um eure erfahrungen, meinungen, anregungen, tipps, ...

VIELEN DANK!
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
Andrea Heiker
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#2

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Stefans Mama,

es ist gut, dass ihr auch mit allen möglichen Alternativen auseinander setzt.

Wenn Hörgeräte nicht ausreichen, was bei einem Hörverlust von mehr als 100 db ziemlich wahrscheinlich ist, gibt es eine weitere technische Möglichkeit: Das CI! Viele (wenn auch nicht alle) Kinder lernen mit dem CI hören und sprechen.

Zu der Frage der Gebärden kann Karin betsimmt eine kompetentere Auskunft geben als ich.

Viele Grüße
Andrea
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[Editiert von Andrea Heiker am: Freitag, Juni 29, 2007 @ 12:21][/size]
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fragrance
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#3

Beitrag von fragrance »

hallo andrea, ja vom ci hat die ärztin eh auch gesprochen, aber das ist wieder eine so große entscheidung, daß ich jetzt noch nicht darüber nachdenken mag. ich kann immer nur eines nach dem anderen machen und da kommen jetzt einfach mal die hgs (kriegen wir in ca. einer woche) und dann müssen wir sehen, wie es stefan damit geht. ab september gibt es auch noch wöchentlich frühförderung (haben schon einen fixen platz bekommen).

soweit ich weiß, gibt's ja auch mit ci (in österreich kriegt man die jetzt immer sofort beidseitig) kein 100%iges hören, d.h. das mit der sprache kann, muß aber nicht hinhauen. also stellt sich in jedem fall auch noch die frage mit den gebärden... und insgesamt hoff ich die ganze zeit, daß stefan mich nicht mal wegen der entscheidungen, die wir da jetzt für ihn treffen müssen, verfluchen wird...

lg, eva aus wien
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
Andrea Heiker
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#4

Beitrag von Andrea Heiker »

Liebe Eva,

in der Tat ist die Entscheidung eine ganz Gewichtige und egal wie die Entscheidung ausfällt, so beeinflusst sie Stefans Leben ganz massiv.

Nein, mit CI wird man nicht normalhörend, aber im Vergleich zu 100 dB und mehr Hörverlust und Hörgerät hört mit CI aber sehr viel mehr. Ich habe selbst auch ein CI, auf der anderen Seite ein HG. Obwohl ich im Tieftonbereich noch besser als 100 dB höre, ist das Hörgerät dem CI hoffnungslos unterlegen, obwohl ich eines der stärksten Hg trage, die es überhaupt gibt. Das CI macht schwerhörig aber die Schwerhörigkeit mit dem CI ist zumindest bei mir doch deutlich weniger gravierend als zu den Zeiten als ich noch kein CI hatte.

Ich habe das Thema CI sowieso nur angesprochen, weil es in Dienem ersten Posting gar nicht aufgetaucht ist. Da Stefan noch sehr jung ist, habt ihr auch Zeit in Ruhe zu testen, wie Stefan mit Hörgeräten auskommt. Man sagt, dass Kinder, die bis zum 2. Geburtstag implantiert werden, eine gute Aussicht auf einen guten Lautspracherwerb haben. Bis dahin sind es ja noch ca. 1,5 Jahre. Trotzdem würde ich den Gedanken CI nicht einfach wegschieben. Ihr kommt mit Sicherheit dahin, dass ihr Euch für oder gegen ein CI entscheiden müsst und daher wäre es gut, sich schon jetzt Informationen einzuholen, damit ihr die richtigen Fragen stellen könnt, wenn Euch die Ärzteschaft wegen dem CI auf die Pelle rückt.

Liebe Eva, Stefan wird EUch nicht verfluchen, wenn er Eure Liebe spürt und merkt, dass ihr Euch Gedanken um ihn gemacht habt. Er muss spüren, dass nicht der Reparaturgedanke im Vordergrund steht sondern der Gedanken, ihm das Leben zu erleichtern, nur für den Fall wenn er ein CI bekommen sollte. Wenn ihr Euch für eine gebärdenspracheliche Förderung entscheidet, muss er merken, dass ihr es nicht tut, weil Gebärden hip oder schön exotisch sind, sondern er muss spüren, dass ihr Gebärden gelernt habt, um ihn optimal zu fördern.

Gruß
Andrea
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[Editiert von Andrea Heiker am: Freitag, Juni 29, 2007 @ 14:49][/size]
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Karin
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#5

Beitrag von Karin »

Liebe Eva, bitte wende dich vertrauensvoll an den österreichischen Gehörlosen Bund. Sie haben für die ÖGS spezielle Materialien entwickelt. Die Babyzeichen, die ich herausbringe sind zwar ein Einstieg, sind aber auf der DGS aufgebaut, sie sind aber nicht vereinfacht.
http://www.oeglb.at/

Ansprechpartner Helene Jarmer: info@oeglb.at
Sie werden dir sicher auch eine gebärdensprachkompetente Person zur Kenntnis bringen, die euch Einzelförderung zukommen lassen kann. Es gibt in Wien ganz viele Möglichkeiten, um ÖGS zu lernen!

CI-Technik hat Zeit, Kommunikation nicht.
Hier noch ein Einstieg in die Ansicht der Gehörlosen:
http://www.gehoerlosen-bund.de/download ... Kinder.pdf

Wenn du meine Hilfe brauchst, ich stehe jederzeit per Email (karin@kestner.de) aber auch telefonisch zur Verfügung (0049 5665 31 67)

Karin
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
fragrance
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#6

Beitrag von fragrance »

Liebe Andrea,

vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten und Erklärungen. Es stimmt, den Gedanken an eine CI-Versorgung wegzuschieben wäre falsch, denn ich glaube auch, daß wir uns wohl oder übel noch genauer mit dem Thema befassen werden müssen. Aber es gibt jetzt sooooo viel anderes zu bedenken und zu überlegen, was für uns unmittelbar relevant ist, weil wir die Diagnose ja noch nicht lange haben.

Bezüglich der CIs habe ich insofern schon eine erste Information bekommen, als sich herausgestellt hat, daß eine Internet-Bekannte, die auch im Februar ihr Baby bekommen hat, ihre Diplomarbeit über die Begleitung und Förderung von Kindern und Eltern vor und nach der CI-Versorgung geschrieben hat und mir diese Diplomarbeit zur Verfügung gestellt hat. Das lese ich jetzt so nach und nach durch. Im Bundesinstitut für Gehörlosenbildung, wo wir jetzt Frühförderung machen werden, gibt es außerdem für später sogar spezielle Kindergartengruppen für CI-Kinder, also dort kriege ich sicher dann auch viel Unterstützung und Beratung.

Ich bin froh, dieses Forum gefunden zu haben, weil ich denke, daß ich hier viel Nützliches aus den Erfahrungen anderer lernen kann.

LG, Eva
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
fragrance
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#7

Beitrag von fragrance »

Liebe Karin,

vielen Dank für die Infos und den Link. Ihr werdet mich jetzt sicher auslachen, aber ich hab wirklich noch nicht allein auf diese Seite gefunden... Da gibt es ein eigenes Buch für Österreich "Unser gehörloses Kind", das man sogar gratis bestellen kann. Ich bin wirklich erstaunt, wie gut organisiert alles im Bereich Gehörlosigkeit ist. Meine Mutter hat z.B. Multiple Sklerose und da ist das gaaaanz anders, mir kommt vor, da muß jeder für sich selber das Rad neu erfinden und genau diese Befürchtung hatte ich jetzt im Bezug auf die Hörprobleme unseres Sohnes auch. Aber offenbar gibt es wirklich schon ein gut ausgebautes "Auffangnetz" für Eltern und Betroffene und das macht mich sehr optimistisch, daß wir für Stefan einen guten Weg finden und er alles schaffen kann, was er sich vornimmt.

So, jetzt stöbere ich mich mal da durch.

Karin, wie siehst Du die Frage der bilingualen Erziehung? Bzw. des Einsatzes von "richtiger" Gebärden als Unterstreichung der Lautsprache? So einfach ist das halt nicht, weil z.B. ich plappere Stefan immer voll, z.B. beim Wickeln oder so. Gebärden kann ich aber doch nur, wenn ich die Hände frei habe. Wie tut man da?

LG, Eva
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
Birgit
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#8

Beitrag von Birgit »

Hallo Eva,
super, dass Du Deinen Stefan "vollplapperst"!
Es gibt eine Untersuchung über die Entwicklung von hochgradig schwerhörigen und gehörlosen Kindern, die sich damit befasst hat, ob die Eltern mit dem Kind das sogenannte "motherising", also tatsächlich dieses "Geplapper", das ja zum Teil auch einfch "Babykauderwelsch" ist, gemacht haben oder nicht. Und interessanterweise haben sich die Kinder besser entwickelt, bei denen die Eltern weiter geplppert haben!!
Ich hab leider nix schriftliches dazu, aber es wurde im Rahmen eines Symposiums für Ärzte und Eltern von schwerhörigen Kindern an der MHH vorgetragen als es um CI, auditive Verarbeitungsstörungen etc. ging.
tschüss
Birgit +
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#9

Beitrag von Karin »

Liebe Eva, du solltest einfach im Moment mit natürlichen Gebärden deine Worte unterstreichen. Esssen, trinken, schlafen etc. und sprich einfach weiter. Ihr werdet schnell Gebärden lernen, die ihr einsetzen könnt und später werdet ihr sicher euren Weg finden.

Bilingual bedeutet nicht, dass du nun beides jetzt und gleich können muss, ihr werdet reinwachsen. Sicher kannst du nicht wickeln und Gebärden gleichzeitg, aber deine Mimik sagt deinem Schatz, was du meinst und er weiß auch, dass du mit ihm sprichst, auch wenn er es nicht hört.

Kommunizieren ist das Zauberwort - sich verstehen. Kann dein Kind eine Sprache, wird es auch weitere lernen können.

Ja, ich halte viel von Bilinualität.
Versucht euch eine gl Frühförderin zuzulegen.
Helene Jarmer wird euch dabei helfen.
Viele Grüße
Karin

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Maike
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#10

Beitrag von Maike »

Hallo Eva,

ich bin selbst von Geburt an gehörlos und lautsprachlich aufgewachsen. Ich habe die Gebärdensprache (DGS) erst im Alter von 7 Jahren auf dem Schulhof gesehen und gelernt. Auch wenn die DGS Teil meines Lebens ist, bin ich sehr froh, dass meine Eltern nie in DGS mit mit gesprochen haben, denn ich wäre sonst niemals (!) so gut in die Lautsprache reingewachsen. Auf Grund einer sehr engagierten Frühförderung durch meine Eltern habe ich als Vierjährige den gleichen Lautsprachstand wie ein normalhörender Vierjähriger gehabt, obwohl es damals gar kein CI gab. Das war nur der harten Arbeit meiner Eltern zu verdanken - ich verfluche meine Mutter dafür nicht - sondern ich segne sie und meinen Vater dafür. Sie haben mir überhaupt die Möglichkeiten gegeben, damit ich alles erreichen konnte, was ich trotz der Gehörlosigkeit erreichen wollte - Abitur, Studium und jetziger Beruf.

Wenn meine Eltern damals die Möglichkeit gehabt hätten, mir als 1jährigem Kind ein CI zu geben, ich hätte es damals schon bekommen. Dann hätten wir eine riesengroße Menge an Arbeit erspart.

Ihr müsst einfach wissen, dass die Grundlagen für die Lautsprache und für das Hören in den ersten 2 Lebensjahren am LEICHTESTEN gelegt werden.

Mit DGS/ÖGS kann man GENAUSOGUT ein Sprachzentrum entwickeln, aber ob man dann damit genauso leicht in die Lautsprache reinkommt, ist halt die andere Frage - und vor allem, ob man mit DGS/ÖGS unabhängiger leben kann (da ja der Bäcker, der Metzger, die Kinder in der Straßenbahn etc. alle kein DGS/ÖGS können)? Mit ÖGS kann man "alles" machen, auch studieren (mit Dolmetscher). Aber spätestens im Beruf kommt man dann an die Grenzen, zumindest dann, wenn man einen kommunikations- und telefonintensiven Beruf haben will - oder man wählt von vornherein einen Beruf, in dem man auch ohne Gruppengespräche und ohne Telefon auskommt. Damit wäre jedoch m.E. die Freiheit deutlich eingeschränkt...

Ich rate Dir daher unbedingt, Eltern mit kleinen CI-Kindern und Eltern mit gehörlosen ÖGS-aufwachsenden Kindern kennen zu lernen und dann Dir selber ein Bild zu machen.

Es gibt hier auch Eltern/Mütter, die CI-Kinder haben und die es nie bereut haben, ihrem Kind ein CI gegeben zu haben. Vielleicht befragst Du sie einfach auch mal - genauso wie Du Kontakte aufnimmst zu gehörlosen Menschen.

Es ist gut zu wissen für Dich, dass es Leute gibt die sich vehement gegen ein CI bei Kleinkindern einsetzen (Karin Kestner hier aus dem Forum z.B.) - es gibt genauso Leute, die sich vehement gegen DGS/ÖGS einsetzen - aus z.T. genauso irrationalen Gründen wie die CI-Gegner...

Liebe Grüße und alles Gute für Euch!
Maike
von Geburt an gehörlos, lautsprachlich aufgewachsen (kann aber auch DGS), 2 CI's seit Dez 2000 und Juli 2003
Maike
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#11

Beitrag von Maike »

P.S.: Die Babyzeichen wende ich bei mir allen bekannten hörenden Babies an... - meine Nichte z.B. macht sich damit super verständlich, wenn sie essen/trinken will etc. (hab meiner hörenden Schwester ein Babyzeichenbuch vom Karin-Kestner-Verlag geschenkt) - noch bevor sie sprechen kann. Es ist echt toll. Das hörende Baby einer Freundin hat über 200 Zeichen und ich kann mich richtig gut in DGS mit ihr unterhalten - echt faszinierend. Ich bin voll begeistert davon!!! :)--- Trotzdem würde ich ein hörgeschädigtes Kind in den ersten zwei/drei Lebensjahren - abgesehen von Signalgebärden LAUTSPRACHLICH erziehen - und wenn es eine BERA von über 100 dB aufweist, zum nächstmöglichen Zeitpunkt möglichst beidseitig mit einem CI versorgen. Es ist DIE Chance für sein Leben, so unkompliziert wie möglich in die Lautsprache reinzuwachsen.
von Geburt an gehörlos, lautsprachlich aufgewachsen (kann aber auch DGS), 2 CI's seit Dez 2000 und Juli 2003
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#12

Beitrag von fragrance »

Hallo nochmal,

vielen Dank für Eure vielseitigen und genauen Antworten - ich bin froh, daß ich dieses Forum gefunden habe, auch wenn nicht alles, was ich hier lese, mir unmittelbar mehr Klarheit bringt, sondern mitunter auch wieder neue Fragen aufwirft. Eines ist mir ohnehin klar: Die Entscheidungen, die wir jetzt für unseren Sohn treffen müssen, kann uns niemand abnehmen. Wir können uns nur bestmöglich informieren, unseren Sohn genau beobachten und versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen das für ihn zu tun, was für ihn optimal geeignet ist.

So stelle ich mir jetzt mal die Aufgaben der nächsten Zeit vor:

- nächsten Montag bekommen wir unsere Hörgeräte, da heißt's mal hoffen, daß Stefan damit hören kann und das beste herausholen, was nur drinnen ist. Die Hörgeräteakustiker, bei denen wir sind, sind ganz speziell nur für Säuglinge und Kleinkinder, d.h. ich denke, wir sind dort gut aufgehoben und haben gute Startvoraussetzungen.

- Ich möchte unbedingt schnellstmöglich herausfinden, wo die Ursache für Stefans Schwerhörigkeit liegt, damit wir die beste weiter Behandlung finden können. Offensichtliche Gründe gibt es ja nicht. Ich hatte eine problemlose Schwangerschaft, eine zwar recht intensive, aber insgesamt unproblematische Geburt, Stefan ist es von Anfang an gut gegangen, er hatte keine Infektionen nach der Geburt und hat keinerlei Medikamente erhalten. Außerdem gab es weder in meiner noch in der Familie seines Papas Schwerhörigkeit in der Familie (also bis auf altersbedingte Defizite).

- Wie der Zufall so will, hat sich jetzt herausgestellt, daß der Vater eines Kollegen von mir vor 10 Jahren ein Cochlea Implantat erhalten hat, nachdem er aufgrund zweier Hörstürze in der Mitte seines Lebens sein Gehör verloren hat. Seither engagiert er sich sehr in einem entsprechenden Verein, auch was Forschung und Aufklärung und die Versorgung kleiner Kinder betrifft. Er hat hier guten Kontakt zu einem Arzt in St. Pölten, der angeblich auf diesem Gebiet ein Kapazunder ist. Mit diesem werde ich mir so bald wie möglich einen Termin vereinbaren, um ihn und seine Meinung kennenzulernen.

- Der Vater meines Kollegen kann auch Kontakte herstellen zu Familien, die bereits Kleinkinder mit CI haben, d.h. da können wir auch deren Erfahrungen und Leben kennenlernen und uns ansehen, wie wir uns das Leben mit CI in der Praxis vorstellen können.

- Ab September machen wir im Bundesinstitut für Gehörlosenbildung Frühförderung. Dort gibt es ebenfalls die Möglichkeit, sich mit Familien mit hörgeschädigten Kindern auszutauschen. Dort gibt es "Vertreter aller Glaubensrichtungen", d.h. Eltern, die ihre Kinder bilingual erziehen, nur gebärden oder nur laut sprechen und natürlich auch solche, die bereits die Entscheidung für ein CI getroffen haben.

- Wir werden uns auch mit dem österreichischen Gehörlosenbund in Verbindung setzen, denn wir möchten Stefan gerne bilingual erziehen und zwar ECHT bilingual. Denn auch wenn er mit Hilfe der Technik (wie gut auch immer) hören und leichter sprechen lernen kann, wird es sicher immer wieder Zeiten ohne diese Hilfsmittel geben (vielleicht bei bestimmten Sportarten, wegen technischer Probleme oder sonst was) - wir wollen uns auch in diesen Situationen ausführlich mit ihm verständigen können. Außerdem soll er von Anfang an Zugang zu beiden Lebenswelten haben: hörend und nicht hörend. Dazu gilt es halt herauszufinden, wie wir am besten und schnellsten ÖGS lernen können, wie wir das in unseren Alltag einbinden und dadurch die lautsprachliche Entwicklung (die mir wichtig ist) von Stefan zu unterstützen.

So, ich hoffe, ich habe jetzt nichts vergessen. Ich freue mich über Eure weiteren Anregungen und Hilfestellungen, woran wir noch denken können/sollten, wie wir unsere Pläne am besten umsetzen können usw.

Vielen Dank und schönen Sonntag noch,

LG, Eva
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
Andrea Heiker
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#13

Beitrag von Andrea Heiker »

Liebe Eva,

Dein Bemühen und Offensein für alle Seiten ist vorbildlich! Ich denke mit Eltern, die sich so engagieren wird Stefan voll zufrieden sein, egal wie die Entscheidung ausfällt.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Tina-Sarah
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#14

Beitrag von Tina-Sarah »

Hallo Eva,

ich kann mich der Andrea nur anschliessen. Hut ab vor deinem Engagement!!!!!
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[Editiert von Tina-Sarah am: Sonntag, Juli 1, 2007 @ 14:27][/size]
Liebe Grüße von Tina mit Sarah (* 09.04.03);Waardenburgsyndrom bds.hochgr. sh; 1. CI seit 04/07 aktiv; 2. CI seit 02/08 aktiv
Carina (*24.09.05);Spitzenlauscher
Maike
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#15

Beitrag von Maike »

Hallo Eva,

wow! Ich wünschte, jedes hörgeschädigte (wie auch überhaupt JEDES Kind, egal ob hörend oder hg) hätte solche Eltern wie Euch!

So werdet Ihr auf jeden Fall herausfinden, welcher Weg für Euch richtig ist - daran hab ich gar keinen Zweifel!

Alles Gute für Euch!
Maike
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Nina M.
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#16

Beitrag von Nina M. »

Euer Plan ist echt absolut klasse und ich denke, da fehlt auch nichts! Wenn ihr das so durchzieht seid ihr rundum informiert und werdet dann zu gegebener Zeit bestimmt auch guten Gewissens eine Entscheidung für/gegen ein CI treffen können.

Berichte mal, wie es mit den Hörgeräten läuft!

Ich wünsche euch alles Gute für euren Weg! :)

Gruß,
Nina
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Sandra

Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#17

Beitrag von Sandra »

Hallo Eva,

finde klasse wie Du an die Sache gehst..... mach weiter so :).
Aber einen Hinweis noch, wenn Du mit Stefan spricht, dass er dann die/den Gesprächsperson im Blickfeld hat - denn Hörgeschädigte Kinder lernen unbewusst zusätzlich noch vom Mundabzusehen/-lesen!

Berichte ruhig hier weiter, wie Ihr Euren Weg mit Stefan geht und wünsche alles Gute dafür.

Gruss Sandra
fragrance
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#18

Beitrag von fragrance »

Wow, Danke für Eure guten Rückmeldungen. Ich bin neugierig, ob alles so klappt, wie ich es mir jetzt vorstelle und werde sicherlich hier weiter mitlesen und natürlich auch unsere Neuigkeiten berichten. Vielleicht kann ja dann auch mal jemand von unseren Erfahrungen profitieren... Aber so weit sind wir ja noch nicht.
Erstellt von Sandra

Aber einen Hinweis noch, wenn Du mit Stefan spricht, dass er dann die/den Gesprächsperson im Blickfeld hat - denn Hörgeschädigte Kinder lernen unbewusst zusätzlich noch vom Mundabzusehen/-lesen!

Gruss Sandra
Ha, wenn das so einfach wäre. Ich versuche das eigentlich schon länger, aber unser Sir beliebt, sich meistens gerade dann, wenn man ihm was sagen möchte, einfach für alles andere rundherum mehr zu interessieren. Da hilft kein Anstupfen und wenn ich mit meinem Kopf einfach "nachwandere" dreht er sich garantiert auf die andere Seite <gg> Also das ist echt gar nicht so einfach und manchmal zum Aus-der-Haut-fahren, wenn er einen einfach so gekonnt ausknippst ;o) Vielleicht wird's ja interessanter für ihn, wenn er wenigstens ein bißl was hört...

LG, Eva

mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
Maike
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#19

Beitrag von Maike »

Hallo Eva,

kennst Du das Buch von Gisela Batliner: "Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern"? Ich habs just ausgeliehen, kann daher den Verlag nicht mehr nennen - aber ich denke, das findet man beim googeln schnell raus... - ein sehr empfehlenswertes Buch mit guten Anregungen zum Umgang mit hochgr sh Kindern.

Liebe Grüße - und ich bin gespannt auf Euren weiteren Weg mit Eurem Schatz!

Maike
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#20

Beitrag von fragrance »

Danke für den Tipp - habe mir das Buch schon bestellt :)

Bin schon sehr aufgeregt - übermorgen bekommen wir die Hörgeräte und ich hoffe nur, daß sie überhaupt noch passen, denn Stefan ist in den letzten beiden Wochen glaube ich ziemlich gewachsen...
mama von stefan 11.02.2007, beidseitig zumindest hochgradig schwerhörig (gehörlos?)
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Re: babyzeichen, gebärden, ...?

#21

Beitrag von Cashelfamily »

Hallo fragrance

Schau doch mal unter:

http://www.mhh-hno.de/forschung/forschungsbericht.htm

Dort kannst du evtl den o.g. Vortrag des Syposiums der MHH finden.
Oder eine Anfrage per E-Mail schicken.

Ich bin mir sicher ich habe ihn kürzlich selber mal gelesen (glaube als pdf-file), finde ihn aber jetzt nicht mehr...
Sollte ich ihn dennoch finden schick ich dir den Link

Gruss Gine
Gine, Mama von
Nuri *10/06 - normalhörend :) und Noemi *05/03 (re: hochgradig schwerhörig, li: an Taubheit grenzend nach Pneumokokken-Meningitis mit 18 Monaten re: HG und li: CI seit 01/08)
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