Cochlear-Erfahrungen als Privatpatient mit Chefarztbehandlung.
Verfasst: 20. Mär 2015, 08:05
Cochlear-Erfahrungen als Privatpatient mit Chefarztbehandlung.
Durch einen bestätigten ärztlichen Kunstfehler bin ich links taub.
Ich habe dann entschieden es mit einem Cochlear-Implantat zu versuchen um wenigstens einen räumlichen Höreindruck zurückzugewinnen.
Wenn man der Werbung folgt ist das Implantat ja besser als ein echtes Ohr.
Die Uni Freiburg und die MHH sind angeblich führend in dieser Technik.
Also erster Versuch bei der MHH :
Trotz Terminvereinbarung 4 Stunden Wartezeit auf ein Interview mit dem Meister bei einer Anreise von 6 Stunden. Zugesandte Unterlagen trotz Eingangsbestätigung verschwunden. Danach 2 DVDs (erstellt von meinem lokalen HNO) angeblich nicht lesbar obwohl ich die vorher angesehen hatte und der Viewer auf der DVD war. Also Chaos-Laden.
Dann also Uniklinik Freiburg :
Zwischen beiden Kliniken liegen Welten. Freiburg ist hervorragend organisiert, gute Logistik, kurze Wege, kaum Wartezeit. Auch das Implantzentrum das angegliedert ist macht einen sehr guten Eindruck.
Dr. Laszig als medizinischer Direktor hat hier wirklich hervorragendes geleistet.
Die Auswahl des Implantatherstellers überlässt man dem Kunden. Natürlich Unsinn weil man hier nur subjektiv anhand der Werbung und Foren entscheiden kann. Es gibt Hersteller die biedern sich an indem sie die potentiellen Kunden schon mal duzen und dann auch noch in falscher Grammatik. Wenn die Produkte auch so sind dann lieber nicht. Also habe ich mich für Cochlear entschieden.
Soweit das Umfeld.
Es hat 3 Operationstermine gebraucht bis das Implantat eingebaut war.
1. OP-Termin : zusammen mit dem Implantat hat man mir offensichtlich ein Bakterium mit eingebaut. Die Wunde hat sich massiv entzündet . Die Wunde eiterte und massive Schmerzen waren die Folge.
Also 2. OP-Termin:
Nach Klinik-eigener Diagnose war das Implantat bakteriell total verseucht und musste ausgebaut werden. Teile des Implantates hat man drin gelassen um Vernarbungen vorzubeugen. Wieder 3 Wochen Zeit verloren von dem Geld gar nicht zu reden. ( wie ich heute weiss haben auch solche Implantate Verfalldaten laut Hersteller – vielleicht hatte ich ja eins aus dem hinteren Regal erwischt ).
Dann der 3. OP-Termin:
Es wurden dann die Reste des 1. Implantates ausgebaut und ein neues eingebaut. Anschließend wurde ich ca 1 Woche in der Klinik mit Antibiotika regelrecht geflutet um einer neuen Infektion wohl vorzubeugen.Wieder Zeit und Geld verloren. Immerhin war dann Ruhe und das Implantat hat gehalten.
Vier Wochen später dann die Anpassung des Sprachprozessors. Der Test der einzelnen Elektroden verlief positiv . Der Höreindruck war erstaunlich gut man konnte mit etwas gutem Willen so etwas wie Harmonische hören.
Dann die Aktivierung des Prozessors. Eine massive Enttäuschung. Nach einigen Versuchen konnte ich zwar einiges verstehen aber der Höreindruck war eine Katastrophe. Nicht weil das Implantat es wohl nicht hergegeben hätte sondern man hat förmlich gespürt wie der Soundprozessor sich vergeblich bemüht hat das Eingangssignal auf die einzelnen Elektroden zu verteilen. Ich denke hier liegt noch erhebliches Potential in der Technik. Jede Playstation oder jedes Smartphone hat einen schnelleren Rechner als dieses Teil. Problem ist natürlich auch dass der Techniker der das Teil einstellen soll überhaupt nicht weiss von was der Patient redet. Denen müsste man ein Implantat verpassen ansonsten reden sie mit einem Blinden über Farben. Besser wäre eine Technik die dem Kunden selber erlaubt meinetwegen mittels eines 3-dimensional wirkenden Joysticks seinen Höreindruck zu optimieren. Aber ich denke das ist nicht gewollt weil hier mit diesem Support viel Geld zu Lasten der Kostenträger verdient wird.
Fazit :
Der versprochene Effekt ist bei weitem nicht eingetreten. Vielleicht kommt da mehr über die Zeitachse. Die Infektion ist natürlich gottgegeben (allerdings verliert der liebe Gott ja damit evtl. auch potentielle Kirchensteuerzahler ) weil Unikliniken keine Fehler machen und die Klinikhygiene dort immer top ist. Statistisch sterben allerdings durch mangelnde Klinikhygiene in Deutschland ca. 15.000 Mensch jährlich und ca. 200.000 infizieren sich (ohne Dunkelziffer).
Insoweit war ich ja ein richtiger Glückspilz.
Ich denke für komplett Taube ist die Technik eine gute Sache , ich selbst bin froh noch ein halbwegs gesundes rechtes Ohr zu haben.
Gerechterweise muss man sagen dass sich bei mir ein marginales räumliches Hören wieder eingestellt hat dadurch dass der Prozessor von links seinen Senf dazu gibt. D.h. ich kann zumindest das Auto rechtzeitig lokalisieren das mich evtl. mal überfahren wird.
Kostenmäßig liegt die Investition unter Beteiligung aller Kostenträger nun schon bei fast einem 6-stelligen Betrag. Alles in allem ein Riesengeschäft für alle Beteiligten ( außer dem Patienten natürlich)
Die Betreuung in der Klinik durch das Pflegepersonal war sehr gut.
Allenfalls die betreuenden Ärzte sind teilweise durch eine elitäre Arroganz aufgefallen mit Tendenz zu Allmachtsfantasien. Besonders ist mir eine wirklich rotzfreche junge Ärztin in Erinnerung die allerdings erst um die Ende-Zwanzig war und wohl noch in einer spätpubertären Phase war. Ich hatte mich dann beklagt weil ich als immerhin Privatpatient ein Mindestmaß an Umgangsformen erwarten darf. Hatte aber keine erkennbaren Konsequenzen. Ist allerdings schon Image-schädigend für die Klinik an sich.
Ausnehmen will ich ganz explizit Dr. Laszig und Frau Dr. Aschendorff (?) fachlich m.E. sehr kompetent – leider habe beide die 2. und 3. Ebene der Ärzte wohl nicht richtig im Griff – hier wäre mehr Personalführung angesagt.
Alles in allem ist die Euphorie deutlich verflogen zumal die Nachsorge bundesweit kaum organisiert ist.Man bekommt zwar einen Koffer voll mit Kram mit aber findet im Zweifel niemandem der einem lokal hilft – der Hersteller hält sich bedeckt – nicht eine einzige Reaktion.
Ein Witz ist auch der Implantat-Ausweis des Herstellers. Ein Papierschnipsel nur in deutsch den man immer bei sich tragen soll.
Am Frankfurter Airport mag das ja noch klappen weil unsere importieren Fachkräfte dort in der Security zumindest jemanden kennen der Deutsch lesen und verstehen kann.
Spätestens aber an einem ausländischen Airport ist dann Ende.
Speziell bei unseren transatlantischen Freunden und Besatzern mit Ihren tendenziell paranoiden Fachkräften des Heimatschutzministeriums an der Security die außer Heidelberg und Sauerkraut selten mehr an Deutsch verstehen denke ich ist die Gefahr groß als ein Terrorist mit einer Bombe hinter dem Ohr aussortiert zu werden.
Hier ist sicher noch Handlungsbedarf.
Man möge mir meinen Sarkasmus verzeihen !
Meine Hoffnung liegt allein darin dass die Entwicklung der Sprachprozessoren Fortschritte macht . Man hat eher den Eindruck das hier Miniaturisierung vor Leistung geht. Es kann nur besser werden.
Ich würde mir auch wünschen dass sich der Hersteller mehr mit seinem Kunden beschäftigt weil ich sehe die Nachsorge als extrem wichtig an. Hier bei mir in der Provinz ist man mit dem Teil wirklich alleingelassen.
Sechskant
Durch einen bestätigten ärztlichen Kunstfehler bin ich links taub.
Ich habe dann entschieden es mit einem Cochlear-Implantat zu versuchen um wenigstens einen räumlichen Höreindruck zurückzugewinnen.
Wenn man der Werbung folgt ist das Implantat ja besser als ein echtes Ohr.
Die Uni Freiburg und die MHH sind angeblich führend in dieser Technik.
Also erster Versuch bei der MHH :
Trotz Terminvereinbarung 4 Stunden Wartezeit auf ein Interview mit dem Meister bei einer Anreise von 6 Stunden. Zugesandte Unterlagen trotz Eingangsbestätigung verschwunden. Danach 2 DVDs (erstellt von meinem lokalen HNO) angeblich nicht lesbar obwohl ich die vorher angesehen hatte und der Viewer auf der DVD war. Also Chaos-Laden.
Dann also Uniklinik Freiburg :
Zwischen beiden Kliniken liegen Welten. Freiburg ist hervorragend organisiert, gute Logistik, kurze Wege, kaum Wartezeit. Auch das Implantzentrum das angegliedert ist macht einen sehr guten Eindruck.
Dr. Laszig als medizinischer Direktor hat hier wirklich hervorragendes geleistet.
Die Auswahl des Implantatherstellers überlässt man dem Kunden. Natürlich Unsinn weil man hier nur subjektiv anhand der Werbung und Foren entscheiden kann. Es gibt Hersteller die biedern sich an indem sie die potentiellen Kunden schon mal duzen und dann auch noch in falscher Grammatik. Wenn die Produkte auch so sind dann lieber nicht. Also habe ich mich für Cochlear entschieden.
Soweit das Umfeld.
Es hat 3 Operationstermine gebraucht bis das Implantat eingebaut war.
1. OP-Termin : zusammen mit dem Implantat hat man mir offensichtlich ein Bakterium mit eingebaut. Die Wunde hat sich massiv entzündet . Die Wunde eiterte und massive Schmerzen waren die Folge.
Also 2. OP-Termin:
Nach Klinik-eigener Diagnose war das Implantat bakteriell total verseucht und musste ausgebaut werden. Teile des Implantates hat man drin gelassen um Vernarbungen vorzubeugen. Wieder 3 Wochen Zeit verloren von dem Geld gar nicht zu reden. ( wie ich heute weiss haben auch solche Implantate Verfalldaten laut Hersteller – vielleicht hatte ich ja eins aus dem hinteren Regal erwischt ).
Dann der 3. OP-Termin:
Es wurden dann die Reste des 1. Implantates ausgebaut und ein neues eingebaut. Anschließend wurde ich ca 1 Woche in der Klinik mit Antibiotika regelrecht geflutet um einer neuen Infektion wohl vorzubeugen.Wieder Zeit und Geld verloren. Immerhin war dann Ruhe und das Implantat hat gehalten.
Vier Wochen später dann die Anpassung des Sprachprozessors. Der Test der einzelnen Elektroden verlief positiv . Der Höreindruck war erstaunlich gut man konnte mit etwas gutem Willen so etwas wie Harmonische hören.
Dann die Aktivierung des Prozessors. Eine massive Enttäuschung. Nach einigen Versuchen konnte ich zwar einiges verstehen aber der Höreindruck war eine Katastrophe. Nicht weil das Implantat es wohl nicht hergegeben hätte sondern man hat förmlich gespürt wie der Soundprozessor sich vergeblich bemüht hat das Eingangssignal auf die einzelnen Elektroden zu verteilen. Ich denke hier liegt noch erhebliches Potential in der Technik. Jede Playstation oder jedes Smartphone hat einen schnelleren Rechner als dieses Teil. Problem ist natürlich auch dass der Techniker der das Teil einstellen soll überhaupt nicht weiss von was der Patient redet. Denen müsste man ein Implantat verpassen ansonsten reden sie mit einem Blinden über Farben. Besser wäre eine Technik die dem Kunden selber erlaubt meinetwegen mittels eines 3-dimensional wirkenden Joysticks seinen Höreindruck zu optimieren. Aber ich denke das ist nicht gewollt weil hier mit diesem Support viel Geld zu Lasten der Kostenträger verdient wird.
Fazit :
Der versprochene Effekt ist bei weitem nicht eingetreten. Vielleicht kommt da mehr über die Zeitachse. Die Infektion ist natürlich gottgegeben (allerdings verliert der liebe Gott ja damit evtl. auch potentielle Kirchensteuerzahler ) weil Unikliniken keine Fehler machen und die Klinikhygiene dort immer top ist. Statistisch sterben allerdings durch mangelnde Klinikhygiene in Deutschland ca. 15.000 Mensch jährlich und ca. 200.000 infizieren sich (ohne Dunkelziffer).
Insoweit war ich ja ein richtiger Glückspilz.
Ich denke für komplett Taube ist die Technik eine gute Sache , ich selbst bin froh noch ein halbwegs gesundes rechtes Ohr zu haben.
Gerechterweise muss man sagen dass sich bei mir ein marginales räumliches Hören wieder eingestellt hat dadurch dass der Prozessor von links seinen Senf dazu gibt. D.h. ich kann zumindest das Auto rechtzeitig lokalisieren das mich evtl. mal überfahren wird.
Kostenmäßig liegt die Investition unter Beteiligung aller Kostenträger nun schon bei fast einem 6-stelligen Betrag. Alles in allem ein Riesengeschäft für alle Beteiligten ( außer dem Patienten natürlich)
Die Betreuung in der Klinik durch das Pflegepersonal war sehr gut.
Allenfalls die betreuenden Ärzte sind teilweise durch eine elitäre Arroganz aufgefallen mit Tendenz zu Allmachtsfantasien. Besonders ist mir eine wirklich rotzfreche junge Ärztin in Erinnerung die allerdings erst um die Ende-Zwanzig war und wohl noch in einer spätpubertären Phase war. Ich hatte mich dann beklagt weil ich als immerhin Privatpatient ein Mindestmaß an Umgangsformen erwarten darf. Hatte aber keine erkennbaren Konsequenzen. Ist allerdings schon Image-schädigend für die Klinik an sich.
Ausnehmen will ich ganz explizit Dr. Laszig und Frau Dr. Aschendorff (?) fachlich m.E. sehr kompetent – leider habe beide die 2. und 3. Ebene der Ärzte wohl nicht richtig im Griff – hier wäre mehr Personalführung angesagt.
Alles in allem ist die Euphorie deutlich verflogen zumal die Nachsorge bundesweit kaum organisiert ist.Man bekommt zwar einen Koffer voll mit Kram mit aber findet im Zweifel niemandem der einem lokal hilft – der Hersteller hält sich bedeckt – nicht eine einzige Reaktion.
Ein Witz ist auch der Implantat-Ausweis des Herstellers. Ein Papierschnipsel nur in deutsch den man immer bei sich tragen soll.
Am Frankfurter Airport mag das ja noch klappen weil unsere importieren Fachkräfte dort in der Security zumindest jemanden kennen der Deutsch lesen und verstehen kann.
Spätestens aber an einem ausländischen Airport ist dann Ende.
Speziell bei unseren transatlantischen Freunden und Besatzern mit Ihren tendenziell paranoiden Fachkräften des Heimatschutzministeriums an der Security die außer Heidelberg und Sauerkraut selten mehr an Deutsch verstehen denke ich ist die Gefahr groß als ein Terrorist mit einer Bombe hinter dem Ohr aussortiert zu werden.
Hier ist sicher noch Handlungsbedarf.
Man möge mir meinen Sarkasmus verzeihen !
Meine Hoffnung liegt allein darin dass die Entwicklung der Sprachprozessoren Fortschritte macht . Man hat eher den Eindruck das hier Miniaturisierung vor Leistung geht. Es kann nur besser werden.
Ich würde mir auch wünschen dass sich der Hersteller mehr mit seinem Kunden beschäftigt weil ich sehe die Nachsorge als extrem wichtig an. Hier bei mir in der Provinz ist man mit dem Teil wirklich alleingelassen.
Sechskant