Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

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KatjaR
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Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#1

Beitrag von KatjaR »

https://zeitung.faz.net/faz/beruf-und-c ... 9/?GEPC=s9
Im Artikel wird unter anderem die Hamburger Rechtsanwältin Dr. Daniela Mayr für Arbeitsrecht erwähnt.

https://www.gleisslutz.com/de/experten/daniela-mayr
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cleo99
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#2

Beitrag von cleo99 »

Alles richtig, aber das betrifft eher diejenigen, die bereits eine gute Ausbildung hinter sich haben. Ein großes Thema daneben ist auch, wie kommen schwerhörige Kinder zu einer guten Schulbildung und können diese auch nützen. Die Qualität der Schwerhörigenschulen reicht an die der Regelschulen nicht heran ( vielleicht ist es in D besser) und verursacht Probleme bei der Berufsausbildung und Arbeitssuche. Aber mit den heutigen technischen Möglichkeiten ist der Besuch einer Regelschule für Schwerhörige gut machbar.
Ein größeres Problemfeld ist die Arbeitssuche ganz allgemein mit Behinderung, die Vorurteile und Akzeptanz der Arbeitgeber und Arbeitskollegen.
cherusker
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#3

Beitrag von cherusker »

Danke für das Teilen des Artikels.
Das Eine oder Andere hätte der Artikel gerne etwas ausführlicher behandeln können. Aber trotzdem gut, dass in einer renommierten Zeitung mal so ein Artikel steht. Vielleicht wird er ja von ein paar Führungspersonen wahrgenommen und verstanden.
Leider gehen zu viele Personen (Arbeitgeber, Führungskräfte, Kollegen, etc.) davon aus, dass eine Versorgung sämtliche Probleme ausgleicht und der Arbeitnehmer wieder voll belastbar ist.
Ein anderes Thema ist natürlich die Neueinstellung eines Schwerhörigen oder die Jobsuche eines Schwerhörigen. Daran wird ein solcher Artikel leider nicht viel ändern. In der Privatwirtschaft werden weiterhin bevorzugt Personen ohne Beeinträchtigungen - egal welcher Art - eingestellt.
Grüße vom cherusker :cheers:
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#4

Beitrag von tabbycat »

Danke fürs Verlinken des Artikels.

Ja, es gibt im Chef- und Kollegenumfeld einiges an falschen Vorstellungen bezüglich Schwerhörigkeit - auch mir gegenüber, obwohl ich in Firma/ Abteilung lebendes Inventar bin.
Ich gehe immer erstmal davon aus, daß sie es einfach nicht besser wissen. Schwerhörigkeit ist für viele Menschen leider immer noch ein Tuschelthema oder mit "alt und tüdelig" verknüpft, zudem gibt es halt auch viele Facetten davon.

Ich finde ja, daß Reden hilft und daß einem dabei kein Zacken aus der Krone fällt.
Wichtig finde ich, sachlich zu bleiben und sich nicht als Opfer darzustellen. Bisher bin ich gut damit gefahren- und habe sogar dazu beigetragen, dass einer meiner Chefs sich auch endlich zum Akustiker getraut hat und nun ziemlich tiefenentspannt Hörgeräte trägt 😁.
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Manche Menschen wollen immer glänzen,
obwohl sie keinen Schimmer haben. :69:
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#5

Beitrag von Dani! »

cleo99 hat geschrieben: 30. Dez 2023, 09:43 Alles richtig, aber das betrifft eher diejenigen, die bereits eine gute Ausbildung hinter sich haben.
Man kann auch als jemand von Geburt an Schwerhöriger an einer Regelschule eine gute Ausbildung machen (Abitur, Studium, wenn du das meinst). Ist zwar natürlich schwerer als ohne Schwerhörigkeit. Aber machbar. Davon kenne ich neben mir inzwischen einige andere Beispiele persönlich. Nein, wir hatten keine Unterstützung wie sie heute möglich wäre. Die meisten, die ich kenne, hätten es aber auch nicht wollen, weil man im Berufsleben dann doch wieder gegen normal Hörende konkurrieren muss.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#6

Beitrag von KatjaR »

Das ist ein sehr umstrittenes Thema, bei dem es weder schwarz noch weiß gibt und auch nicht den Königsweg für Alle.
Grade für Hörbeeinträchtigte ist Inklusion besonders schwierig. Es geht ja nicht nur um die technische Versorgung um dem
Unterricht zu folgen, sondern auch um die soziale Teilhabe, die sich nur bedingt mit Technik herstellen lässt.
Ich kenne viele die sich in der Regelschule sehr einsam fühlten und auch Ärzte und andere Akademiker (aus der BHSA),
die trotz Förderschulbesuch eine gute Ausbildung realisieren konnten.
Die heute sogenannte graue Inklusion oder auch Scheininklusion, heißt vielerorts, friss oder stirb.
Das kann nicht wirklich als erstrebenswert angesehen werden.
Wenn sich Eltern nicht eigenverantwortlich kümmern, bleibt meist vieles im Argen.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#7

Beitrag von Pfadi_ »

Ich bin selbst schwerbehindert und Vorgesetzte von rund 200 Mitarbeitenden. Dementsprechend bekomme ich auch regelmäßig Bewerbungen auf den Tisch.

Ich wäre die letzte. die Schwerbehinderte oder Schwerhörige ausschließen würde. Doch immer wieder liegt es an den Betroffenen selbst, dass sie nicht in Betracht kommen.

Warum bewirbt sich ein Schwerhöriger auf eine Stelle im reinen Publikumsverkehr, der das Vorstellungsgespräch nur mit Gebärdendolmetscher meistern kann?

Warum schreibt ein Bewerber nicht von seinen Qualifikationen, die aus seiner Sicht ideal zur ausgeschriebenen Stelle passen, sondern ewig lang über die Schwerbehinderung?

Ich möchte damit sagen, dass die Schwerbehinderung manchmal gar nicht das Problem für Arbeitgeber ist, sondern der Umgang jedes einzelnen damit. Definiert sich jemand über das, was er kann, sehen auch Vorgesetzte dieses primär. Dann gibt es auch Lösungen, wenn es darum geht, den Arbeitsplatz leidensgerecht auszustatten.

Definiert sich hingegen jemand über seine Schwerbehinderung. dann wird es für alle Beteiligten mühsam.

So meine Erfahrungen. Verallgemeinern möchte ich nicht.

Grüße


Pfadi
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#8

Beitrag von Rancher »

Ich habe im Tourismus gearbeitet und immer wieder Menschen getroffen, die sich selbst integriert haben.
Es ist ein Unterschied, ob jemand wartet bis er abgeholt wird, oder ob er sich aktiv mit einbringt.
Der Vater ohne Beine hätte mit seinem Rollstuhl warten können bis seine Töchter vom (gemütlichen geführten) Kinderausritt zurückgekommen wären. Aber er rollte mit. Ich hätte ihm sagen können, dass er nicht mitkann, weil es unwegsam wird, aber seine Tochter sagte, das mache er immer, und er: "Wenn's nicht geht, kehre ich um." Von dem hätte einer zu Fuß sich was abschneiden können.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#9

Beitrag von Rancher »

Und dann war da noch die Gehörlosen-/Schwerhörigenfamilie, die mich ständig zugelabert, also zugebärdet haben. Da fragt man sich schon, wer der Behinderte ist. :D
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#10

Beitrag von emilsborg »

Pfadi_ hat geschrieben: 31. Dez 2023, 06:39 Ich bin selbst schwerbehindert und Vorgesetzte von rund 200 Mitarbeitenden. Dementsprechend bekomme ich auch regelmäßig Bewerbungen auf den Tisch.

Ich wäre die letzte. die Schwerbehinderte oder Schwerhörige ausschließen würde. Doch immer wieder liegt es an den Betroffenen selbst, dass sie nicht in Betracht kommen.

Ich möchte damit sagen, dass die Schwerbehinderung manchmal gar nicht das Problem für Arbeitgeber ist, sondern der Umgang jedes einzelnen damit. … Dann gibt es auch Lösungen, wenn es darum geht, den Arbeitsplatz leidensgerecht auszustatten.

Definiert sich hingegen jemand über seine Schwerbehinderung. dann wird es für alle Beteiligten mühsam.

Pfadi
Hallo Pfadi,

Ich erkenne so einiges in deiner Beschreibung wieder. Was heute noch dazu kommt, Diversity & Inclusion (D&I) ist offiziell gerade ein absolutes Modethema in internationalen Firmen. Was bedeutet das aber (wahrgenommen auf Mitarbeiterebene)?:
- Jede Menge coole Statements von der höchsten Führungsebene
- ca 20 Freiwillige haben bei mehr als 8000 Mitarbeitern weltweit in der Großabteilung (insgesamt mehr als 100.000 Mitarbeiter weltweit) eine halb (so ein Schwachsinn kommt raus, wenn die lokalen Führungskräfte Leute aktiv zwingen) obligatorische Schulung zu unconscious bias mit Beispielen gemacht (inklusive einiger sehr unschöner Gespräche, meine südafrikanische Kollegin und ich hatten nach dem einen Workshop die Schnauze gestrichen voll weil die Problematik von gewissen Bentonköpfen in Führungspositionen und älteren Mitarbeitern auf mehr als Grenzwertüberschreitung Weise totgeredet wurde. Alleine die Kosten auf Grund der Arbeitszeit von alleine 3 Stunden je Mitarbeiter waren für das Ergebnis leider total überzogen.

Wenn man dann mit Kollegen in den USA zu dem Thema gesprochen hat war nach außen die Welt ein Hochglanzprospekt, aber unter der Hand sagten so einige, wartet ab, sobald es hart auf hart kommt zählt das alles nichts. Und gerade wird (keine 4 Monate nach den tollen Emails) wegen allgemeinen Einsparungen das Programm eingefroren. Aktive unterstützende Maßnahmen mit hoher Sichtbarkeit finden natürlich statt, aber ein Sinneswandel grundsätzlicher Art findet in einem Unternehmen mit höchstem moralischen Anspruch nach außen an sich und die eigenen Mitarbeiter so leider nicht statt. Daher wird es auf absehbare Zeit auf solche Vorbilder wie dich Pfadi ankommen, die offenen Auges die Problematik sehen und dort etwas ändern wo möglich. Ich bin derzeit der einzige offen bekannte Schwerhörige unter ca. 100 Mitarbeitern in Europa (eine Dänin mit HG ging leider, da ihr befristeter Vertrag gegen einen unbefristeten Vertrag bei der Konkurrenz in der gleichen Branche und Stadt natürlich Makulatur war). Als ich (naiverweise?) mal offen gegenüber der alten Abteilungsleitung (weiblich und ach so engagiert) erwähnt habe, ein Rollstuhlfahrer im Labor wäre durchaus denkbar und umsetzbar (gewisse Arbeitsschutzmaßnahmen liegen in meiner Verantwortung), da wurde ich sehr skeptisch und schräg angesehen. Aber als sich herausstellte, dass man bisher in einem sündhaft teuren über 30 Stockwerke hohen Hochhaus bisher keine Pläne kommuniziert hatte, was ein Mitarbeiter im Rollstuhl bei einer Evakuierung bitte machen sollte (hinterher hieß es, die müssen zum Feuerwehrlift und sich melden…), da war sie unter anderem (weil ein guter Bekannter von ihr unter den Betroffenen) doch sehr fürsorglich und hat betont, man wolle solche Mitarbeitenden natürlich und müsse für solche Fälle besser planen und informieren…
Bei der Frage von People & Culture (neu für Personalabteilung) ob ich für einen Imagefilm für das Bild behinderter Mitarbeiter zur Verfügung stände (wegen einer anderen Aktivität war die Hörstörung bekannt, da es keinen erweiterten Urlaubsanspruch etc wegen GdB ab 50 dort gibt, hätte es sonst keiner gewusst), sagte ich offen nein und nannte die unterirdische Kongruenz zwischen verkaufter Botschaft und gelebter Realität. Da kam dann auch nur ein trauriges: Schade
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Dani!
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#11

Beitrag von Dani! »

Emilsborg,
Ich glaube zwar, dass du in allen Punkten faktisch Recht hast. Aber ich glaube auch, dass Vorgesetzte dich wegen deines Auftretens gerne ablehnen. Nicht wegen deiner Behinderung, sondern wegen deines Schwalls vieler Worte ohne viel Inhalt und eines einigermaßen aggressiven Auftretens. Zumindest darf ich das an deinen wenigen Beiträgen bisher hier behaupten.
Denn man arbeitet nicht gern mit Rechthabern zusammen. Nicht immer ist das vermeintlich Offensichtliche (die Behinderung) der tatsächliche Grund.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#12

Beitrag von emilsborg »

Hallo Dominik,

Das ich ein Nonkonformist bin der sich, wenn überhaupt möglich, nicht scheut eine von der Mehrheitsmeinung abweichende Position zu vertreten, wenn ich diese für richtig bzw. erwähnenswert halte, dann gebe ich dir Recht. Dass es leider selten geschätzt wird: einverstanden. Frage aber mal zum Beispiel den ehemaligen Forschungsdirektor der NASA, der ist scharf auf die die es wagen aus dem Mainstream auszubrechen, denn ohne die abweichende Meinung kommt es leider verdammt schnell zum Stillstand.
Wenn du verstanden haben solltest, dass ich mich über Behinderung definiere, tut es mir leid. Da teile ich Pfadis Position, die sollte nie (selbst-)definierend sein, denn ansonsten tritt deine fachliche Kompetenz in den Hintergrund und das ist wie man bei entsprechenden Führungspositionen, die nach Quote (nicht auf Geschlecht notwendigerweise bezogen!) besetzt worden sind, leider tödlich für die Akzeptanz. Überzeuge über das Fachliche und erwähne den Rest soweit unbedingt notwendig, das ist im Beruf meine Maxime. Es gibt dir sonst nur den Geschmack eines Aktivisten in eigener Sache und damit bist du ganz schnell unten durch. Ich weigere mich, wie andere junge Führungskräfte ebenfalls (weiblich und Nichteuropäer), D&I darauf zu verkürzen. Es zählt auch Einstellung und vieles mehr dazu, aber das wird ignoriert, weil aufwändig und unbequem und nicht in Prüflistenmanier abhakbar.
Zuletzt geändert von emilsborg am 2. Jan 2024, 06:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#13

Beitrag von emilsborg »

Denn so wichtig wie ich persönlich gelebte Diversität und Inklusion halte, frage mal Chinesen, die werden dir offen sagen, dass dieses Thema in ihrer Kultur keine Rolle spielt und spielen wird. Ich sehe leider, dass der Westen (wenn man diesen so pauschal nennen darf) in Zukunft sich die nötige Priorisierung nicht mehr erlauben oder entscheiden kann/darf. Dabei ist es immens wichtig das vorhandene Schubladendenken aufzubrechen (auch hier bei uns, man beachte nur diverse politische Strömungen in Europa)!
Wir sollten verdammt stolz auf die positiven Aspekte des Humanismus sein, aber nicht vergessen, dass all dies auch bei uns für nicht wenige ein ferner Traum ist und auch bleiben wird, wenn wir uns nicht dafür einsetzen.
Wahrgenommen werden will ich nicht als:
- der mit den Hörgeräten, der nebenbei fachlich top ist
Sondern als:
- eine fachlich sehr kompetente Person, die (nach einer gerne längeren Liste), zudem schwerhörig ist.

Wenn wir das schaffen, dass die Wahrnehmung so ist, dann haben wir tatsächlich eine Umwelt, die nicht sofort Menschen negativ konnotiert, nur weil sie in der Lotterie des Lebens nicht den (erstrebenswerten!?) Zustand der Gesundheit verkörpern.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#14

Beitrag von Richy »

Was hat jetzt „Diversität „ mit einem Hörforum zu tun ?
Muss mal schauen ob das hier in der Laberecke steht !
LG und ein gutes neues Jahr , auch von mir
mittelgradig schwerhörig, versorgt mit Signia Pure 5 AX beidseitig
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#15

Beitrag von Dani! »

Es ändert nichts daran, dass man mit unbequemen Zeitgenossen nicht gerne zusammen arbeitet. Egal ob asiate oder Hörbehindert oder eben auch nicht. Das persönliche Auftreten anderen gegenüber ist wesentlich, für mich persönlich soga wichtiger als die arbeitstechnische Leistung. Für den Job muss man dennoch grundsätzlich geeignet sein.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#16

Beitrag von cleo99 »

Dani! hat geschrieben: 30. Dez 2023, 19:05
cleo99 hat geschrieben: 30. Dez 2023, 09:43 Alles richtig, aber das betrifft eher diejenigen, die bereits eine gute Ausbildung hinter sich haben.
Man kann auch als jemand von Geburt an Schwerhöriger an einer Regelschule eine gute Ausbildung machen (Abitur, Studium, wenn du das meinst). Ist zwar natürlich schwerer als ohne Schwerhörigkeit. Aber machbar. Davon kenne ich neben mir inzwischen einige andere Beispiele persönlich. Nein, wir hatten keine Unterstützung wie sie heute möglich wäre. Die meisten, die ich kenne, hätten es aber auch nicht wollen, weil man im Berufsleben dann doch wieder gegen normal Hörende konkurrieren muss.
Das betrifft auch mich, ich habe in den 80er und 90er Jahren Gymnasium und Studium ohne Unterstützung von außer hinter mich gebracht bzw bringen müssen; deswegen meine ich eben auch, dass es heute aufgrund der technischen und sonstigen Hilfen um einiges leichter möglich sein sollte (für denjenigen, der das möchte!). Auch von Seiten der Schulen sollte es weniger Widerstand geben als früher.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#17

Beitrag von cleo99 »

KatjaR hat geschrieben: 30. Dez 2023, 20:08 Das ist ein sehr umstrittenes Thema, bei dem es weder schwarz noch weiß gibt und auch nicht den Königsweg für Alle.
Grade für Hörbeeinträchtigte ist Inklusion besonders schwierig. Es geht ja nicht nur um die technische Versorgung um dem
Unterricht zu folgen, sondern auch um die soziale Teilhabe, die sich nur bedingt mit Technik herstellen lässt.
Ich kenne viele die sich in der Regelschule sehr einsam fühlten und auch Ärzte und andere Akademiker (aus der BHSA),
die trotz Förderschulbesuch eine gute Ausbildung realisieren konnten.
Die heute sogenannte graue Inklusion oder auch Scheininklusion, heißt vielerorts, friss oder stirb.
Das kann nicht wirklich als erstrebenswert angesehen werden.
Wenn sich Eltern nicht eigenverantwortlich kümmern, bleibt meist vieles im Argen.
Ich musste ja vor Jahrzehnten nach der Friss-oder Stirb- Methode in die Schule gehen; damals wäre mir nach dem Besuch der Hörbehindertenschule höchstwahrscheinlich ein Platz in der Behindertenwerkstatt sicher gewesen; daher war diese keine Option. Und auch heute ist es ausgeschlossen, dass es hier Akademiker gibt, die diese besucht haben; ich hoffe, es ändert sich bald. Und ja, ohne meine Eltern wäre mir meine Schullaufbahn nicht möglich gewesen, da muss ich dir zustimmen.
Natürlich ist die Friss- oder Stirb-methode keine, die man als erstrebenswert erachtet. Nur denke ich, dass es aufgrund der technischen Neuerungen UND aufgrund von inklusionsgeleiteteren Gedanken als früher es besser möglich sein sollte, in die Regelschule zu gehen. Natürlich hört man leider nach wie vor oft genug, dass das für manche Schulen ein Fremdwort ist, das ist traurig genug.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#18

Beitrag von cleo99 »

Ich arbeite beruflich mit Menschen mit Behinderung und öfters auch konkret mit Schwerhörigen und Gehörlosen, da sich in meinem Betrieb (halböffentliche Sozial-, Arbeits- Behinderten- und Jugendwohlfahrtseinrichtung in Österreich) im selben Gebäude ein paar Stockwerke unter mir die Arbeitsassistenz, Jobcoaching und Beratungsstelle für Schwerhörige und Gehörlose des Landes Steiermark befindet, mit der ich oft zusammenarbeite. Das dürfte bei euch in etwa der Integrationsfachdienst o.ä. sein, nehme ich an.

Ich erlebe hier am laufenden Band, dass die Leute mit Hörbehinderung (Ich muss natürlich sagen, die Gehörlosen sind natürlich eine eigene Kategorie, da sind die Bedingungen ganz andere als bei Schwerhörigen, das kann man nicht in einen Topf werfen) sich ständig selbst damit ins Knie schießen, dass sie sich hauptsächlich NUR über ihre Hörbehinderung definieren. "ICH BIN SCHWERHÖRIG" .... und dann lange nichts. Ich muss allerdings dazu sagen, dass wir hier vor allem diejenigen Schwerhörigen betreuen, die aus der hiesigen Schwerhörigenschule kommen, die leider keinen guten Ruf hat. Diese Schule hat den Anschluss völlig verpasst und lebt eine alte Behindertenpädagogik, nach deren Besuch der Großteil der Leute als potentielle Sozialhilfeempfänger entlassen werden. Dann kommen sie zu uns und wir sollen sie auf den Arbeitsmarkt vermitteln, was sehr schwierig ist, da sie zum einen keine Ausbildung (meist nur sehr lausigen Pflichtschulabschluss) haben und vor allem auch keinerlei Interesse an Arbeit und Bildung mehr haben. Sie sind „hauptberuflich“ schwerhörig (hören oft viel besser als ich zB) oder gehörlos, nehmen die meisten Jobs nicht an und kündigen bei der kleinsten Kleinigkeit, da sie über kaum Stress- oder Frustrationstoleranz verfügen, und sind von der Haltung her den anderen gegenüber aber sehr fordernd. Das ist auch für unsere Mitarbeiter alles andere als lustig, die zum teil schon recht frustriert sind. Wohlgemerkt: Es sind nicht alle Schwerhörigen so, die anderen, die eine Ausbildung haben oder in eine reguläre Schule gingen, kommen oft erst gar nicht zur Arbeitsassistenz, weil es gar nicht notwendig ist und sie keine oder nur wenig Unterstützung brauchen. Es ist nur sehr problematisch, wenn sie ihre ganze Identität auf die Schwerhörigkeit aufbauen und ausschließlich in ihrer Communitiy bleiben, was für sie natürlich auch sehr bequem ist.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#19

Beitrag von rabenschwinge »

Wenn man sich über seine Behinderung definiert wird es schwierig.

Und von vielen, die sehr erfolgreich sind hört man, dass sie sehr wenig Unterstützung erfahren haben. Hier habe ich eine gehörlose HNO-Ärztin im Sinn, die zwei CI trägt. https://www.aerzteblatt.de/archiv/22697 ... hefaerztin.

Leider wird hier in DE viel über Inklusion debattiert aber wenig Inklusion gelebt.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#20

Beitrag von emilsborg »

Richy hat geschrieben: 2. Jan 2024, 10:07 Was hat jetzt „Diversität „ mit einem Hörforum zu tun ?
Diversität ist böse ausgedrückt der Teil, den es erst braucht um Inklusion (in der Gesellschaft/auf dem Arbeitsmarkt) überhaupt notwendig zu machen. Wären alle „gleich“ wäre beides hinfällig
Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war. (Françoise Sagan)
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#21

Beitrag von rabenschwinge »

Nö, ist es nicht.

Schön dazu das Crip Camp und was daraus schlussendlich entstand.
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#22

Beitrag von emilsborg »

Wie meinst du das?
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#24

Beitrag von emilsborg »

Hallo Rabenschwinge,
Danke, kannte ich noch nicht. Verstehe ich nicht ganz wie du das meinst dass es D&I bräuchte wenn alle gleich wären. Denn wenn alle gleich sind gibt es per se keine Diversität und damit auch keine Notwendigen jemanden zu inkludieren
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Re: Frankfurter Allgemeine vom 23.12.2023: Artikel Wie gelingt die Karriere trotz Schwerhörigkeit?

#25

Beitrag von rabenschwinge »

Es geht bei Inklusion und Co darum, dass keiner aufgrund seiner Hautfarbe, Herkunft,
Geschlecht oder eben Behinderung diskriminiert werden darf.

Beim crip camp und der daraus folgenden Behindertenbewegung ging es darum, der Gesellschaft die Augen zu öffnen das ein behinderter Mensch durchaus leistungsfähig ist und mit angepasster Unterstützung auf dem freien Arbeitsmarkt arbeiten kann.

Um Andersartigkeit geht es nicht.
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