Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
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Sheriff
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Registriert: 23. Mai 2023, 10:48

Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#1

Beitrag von Sheriff »

Liebes Forum,

ich bin neu hier und möchte mich vorstellen. Aufgrund eines Unfalls und meiner Gehörlosigkeit auf dem linken Ohr habe ich mich dazu entschlossen, mich hier anzumelden, in der Hoffnung, Gleichgesinnte zu finden und Erfahrungen auszutauschen.

Was ist passiert?
Ich habe mein linkes Ohr mit einem Wattestäbchen gereinigt und plötzlich wurde ich von einem heftigen Muskelzucken im linken Arm erfasst. Es fühlte sich an, als ob mich jemand gestoßen hätte, und dabei habe ich mein Trommelfell komplett durchstoßen :clap: . Als ich vor Schock mein Ohr zugehalten habe, hatte ich plötzlich eine durchsichtige Flüssigkeit in meiner Handfläche. Seitdem kann ich auf dem linken Ohr nichts mehr hören.

Natürlich habe ich mir nicht ausgedacht, mein Trommelfell mit einem Wattestäbchen zu durchstoßen. Ich dachte, es wird schon wieder gut werden :yes: ! Also bin ich zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt gegangen, wo ein Hörtest durchgeführt wurde. Die Schallweiterleitung betrug wie erwartet etwa 30%, aber die Knochenleitung war bei 90-100%.

Wie ging es weiter?
Der Arzt entschied, erst einmal abzuwarten, ob das Trommelfell, obwohl es fast vollständig weg war, von selbst wieder zusammenwachsen würde. In den ersten beiden Wochen hatte ich extreme Schwindelanfälle und Probleme beim Gehen. Nach vier Wochen hatte ich einen weiteren Termin. Dieses Mal war ein anderer Arzt da, der meinte, dass das Trommelfell zuwachsen könnte. Ich erhielt ein Cortison Nasenspray gegen den immer lauter werdenden Tinnitus und einen weiteren Termin in vier Wochen.

Beim dritten Termin war ein weiterer Arzt anwesend. Er führte erneut einen Hörtest durch und war überrascht. Die Schallweiterleitung war plötzlich fast komplett taub (irgendwo zwischen -50 bis -70 dB durchgehend), und die Knochenleitung fiel bei bestimmten Frequenzen um etwa 30-40 dB ab :no: . Der Arzt war besorgt, aber sagte, dass er glaubt, dass das Trommelfell weiter zuwächst. Er vermutete, dass eine Kettenluxation vorliegen könnte, was den starken Hörverlust verursacht hätte. Daraufhin habe ich ein CT durchgeführt und einen weiteren Termin in vier Wochen erhalten.

Das CT zeigte, dass sowohl das Innenohr als auch alles andere im linken Ohr "normal" aussah und keinen Unterschied zum funktionierenden rechten Ohr aufwies :?: . Beim vierten Termin wurde eine intensive Cortisontherapie versucht, die jedoch nur zu einer Rechnung von 200€ führte und keine Verbesserung brachte :scheiss: .

Aktueller Stand
Ich befinde mich mittlerweile in Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus in Ulm. Bei meinem ersten Termin dort stellte sich heraus, dass mein Trommelfell nur noch ein kleines Loch am Rand hat, das höchstwahrscheinlich operiert werden muss, da randständige Löcher normalerweise nicht von alleine zusammenwachsen. Außerdem wurde bei einem Hörtest festgestellt, dass sowohl die Schall- als auch die Knochenleitung komplett ausgefallen sind. Ich kann nur noch minimale hohe Frequenzen auf dem linken Ohr hören. Die Diagnose lautet: Taubheit auf dem linken Ohr. :shock:

Der Arzt im Krankenhaus hat noch nie einen solchen Fall erlebt. Wie kann es sein, dass das CT keine Schäden zeigt, während mein linkes Gehör gleichzeitig immer schlechter wird? Wurde möglicherweise der Nerv beschädigt?

Wie geht es weiter?
Im Juni werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob der Nerv überhaupt noch Schall weiterleitet. Außerdem steht ein MRT-Termin an, gefolgt von einer Sprechstunde beim Chefarzt. Falls alle Ergebnisse positiv ausfallen, käme ich möglicherweise für ein Cochleaimplantat in Frage. Falls nicht, bleibt es wohl bei einseitiger Taubheit und Tinnitus aber das Trommelfell wird geschlossen werden in einer OP.


Hörgerät vs Ohr
Ich frage mich nun, wie gut ein Hörtgerät im Vergleich zum normalen Ohr ist? Was ist vergleichbar, was nicht? Kann ich wieder die Richtung eines Tons hören? Wie ist es unter vielen Menschen mit vielen Nebengeräuschen? Das ist mit einem Ohr beinahe unerträglich, zumal dadurch mein Tinnitus immer lauter wird und mein Hirn sich anfühlt, als würde es gekocht werden.

Danke für euren Erfahrungsaustausch
Ohrenklempner
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#2

Beitrag von Ohrenklempner »

Hat denn von den Ärzten niemand an eine Fensterruptur gedacht? Durch den Stoß des Wattestäbchens und den enstehenden "Knall" wurde möglicherweise das ovale Fenster beschädigt. Das Fenster ist eine Membran, die den luftgefüllten Mittelohrraum vom flüssigkeitsgefüllten Innenohr trennt. Eine Fensterruptur würde das Auslaufen der Flüssigkeit, die sehr schnell fortschreitende Schallempfindungsschwerhörigkeit, die Ohrgeräusche und den Schwindel erklären. Außerdem legt schon die bloße Vorstellung eines ins Mittelohr gerammten Gegenstands diese Vermutung nahe. Man sieht auch nichts im CT und MRT, da die festen Strukturen intakt sind. Ich bin ja kein Arzt, aber irgendwie läuten da bei mir sämtliche Alarmglocken.
Sheriff
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#3

Beitrag von Sheriff »

Hallo Ohrenklempner,

also ich höre zum ersten mal davon ... Ich hatte schon ein komisches Gefühl, als würde ich von Arzt 1 zum zweiten zum dritten weitergeleitet. Wenn ich nun nach Fensterruptur google, klingt das exakt nachdem wie es mir geht. Das begleitende Ohrensausen kostet viel Kraft ... das ganze ist nun auch schon ein bisschen her, es ist am 23.12 passiert und wie ich lesen konnte muss man da schnell handeln wenn man das heilen will :(...

Also wenn das stimmt, was dann? Wie sind denn die Heilungschancen nach einigen Monaten? Naja jedenfalls habe ich in 3 Wochen meine Untersuchungen und es steht eine Tymanoplastik 2 an. In dieser wird mein Trommelfell geschlossen und dort auch begutachtet ob sonst was kaputt ist. Der Arzt im Bundeswehrkrankenhaus sagte das man nur dann sehen kann, was wirklich kaputt ist.

Ich hoffe das wird wieder
Ohrenklempner
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#4

Beitrag von Ohrenklempner »

Hi nochmal

nun ja, ich bin nicht der Typ, der gerne den Holzhammer schwingt. Aber wenn die Knochenleitung bei der letzten Untersuchung schon ...ähm... "unter aller Kanone" war, dann wird das geflickte Trommelfell da nichts bewirken können. Die Knochenleitung misst ja das Innenohr direkt, unter Umgehung des Mittelohrs.
Wie die Aussichten nach mehreren Monaten sind, falls es tatsächlich eine Fensterruptur ist, kann ich dir leider nicht sagen.
Sheriff
Beiträge: 6
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#5

Beitrag von Sheriff »

Ok, aber in dem Fall könnte ja ein Cochelaimplantant Abhilfe schaffen, so hoffe ich, oder?
Dani!
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#6

Beitrag von Dani! »

Das schon. Der Nerv ist/sollte ja da sein. Aber die Flüssigkeit muss wieder gebildet werden und dann vor allem im Innenohr verbleiben. Wenn das Gleichgewicht jetzt wieder normal ist, müsste das schon der Fall sein.
Dominik
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L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
Sheriff
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#7

Beitrag von Sheriff »

Danke dir für die Hilfe!
Sobald ich Neuigkeiten habe, schreibe ich sie hier rein.
Sheriff
Beiträge: 6
Registriert: 23. Mai 2023, 10:48

Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#8

Beitrag von Sheriff »

Alsooo, ich hatte nun ein CT, ein MRT und eine BERA Messung. Die bildgebenden Verfahren haben nichts auffälliges gezeigt, "alles regelrecht", wie von ihnen vermutet.

All das hat sich der Chefarzt der HNO des Bundeswehrkrankenhauses angeschaut + nochmal durch mein Loch in das Innenohr gespickt (obwohl alle 4 Ärzte davor nichts durch das Loch erkennen konnten). Er hat wohl trotzdem durch mein Trommelfellloch erkennen können, dass ich mir den Steigbügel mit dem Wattestäbchen in die Cochlea gestoßen habe, aber nicht so sehr als dass es im MRT und dem CT auffällt, aber eben doch so blöd das ich nun offiziell taub bin --> Worst Case Szenario?

Am 11.08 wird eine Tympanoskopie 2 durchgeführt in der das nochmals genauer inspiziert wird und mein Trommelfellloch endlich geschlossen wird. Im Zuge dessen sagte er das wenn in der Cochlea nun keine Flüssigkeit mehr vorhanden sei, auch ein Implantat wohl nicht mehr in Frage käme, zudem auch die BERA Messung ebenfalls sehr schlechte Ergebnisse zeigte...

Wattestäbchen gehören verboten!
Chocolate
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#9

Beitrag von Chocolate »

Naja verboten nicht, die sind für vieles gut geeignet, nur halt nicht für Anwendung IM Ohr.

Und das mit der fehlenden Flüssigkeit sollte nicht zwangsweise ein Problem sein, es gibt Fälle wo die Cochlea selbst nicht mal mehr vollständig erhalten ist und dennoch ein Hören mit CI möglich, da könntest du vielleicht nochmal beim dcig Forum vorbeischauen, und da würde ich mir auf jeden Fall eine zweite Meinung einholen ggf in einer auf CI spezielisierten Klinik.
Beidseits mittlerweile hochgradig bis an Taubheit-grenzend SH
(Progredient, "Badewannen"kurve)
Versorgt mit (re) Marvel CI von AB 03/23 und (li) Phonak Naida Link M
Dani!
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#10

Beitrag von Dani! »

Chocolate hat geschrieben: 26. Jun 2023, 15:59 es gibt Fälle wo die Cochlea selbst nicht mal mehr vollständig erhalten ist und dennoch ein Hören mit CI möglich, da könntest du vielleicht nochmal beim dcig Forum vorbeischauen
"biker" heißt dort der Benutzer mit fehlender Schnecke. Gibt auch wunderschöne Bilder davon von ihm.
Dominik
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L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
Sheriff
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Re: Einseitiger Hörverlust durch Wattestäbchen

#11

Beitrag von Sheriff »

Danke euch für die Tipps, werde mich gleich nach der OP am Freitag "umhören" und mir mehrere Meinungen einholen.

Anbei mal der aktuellste Hörtest, wobei die rechte Seite im Bild, mein taubes linkes Ohr darstellt

https://photos.app.goo.gl/eXHzmHd58P3eUKoy7
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