Hallo Wayne,
und alle anderen, die an Taubheit grenzend schwerhörig sind.
Dass Pieptöne mit Frequenzverschiebung/-kompression "unnatürlich" klingen sollte doch eigentlich klar sein. Unnatürlich ist etwas, das vom Gewohnten abweicht. D.h. dein Gehirn muss die verschobenen Frequenzen erst mal als "das neue Normal" anerkennen. Wie schon geschrieben hat das bei mir 3 Monate gedauert. SoundRecover&co. gibt dir nicht das normale Hören zurück. Es ermöglicht dir lediglich Dinge wieder zu hören, die du sonst nicht mehr hörst.
Ich kenne dein Ton-Audiogramm nicht. Meiner Einschätzung nach bringt dir die Frequenzverschiebung nichts, wenn du den Originalton auch noch in der Originalfrequenz hörst.
Technische Details
Ich weiß nicht, ob sich bis Phonak Lumity an diesem Algorithmus etwas geändert hat. Ansonsten beschreibe ich das Verfahren anhand von Naida B, die ich zuletzt getragen hatte:
Der obere Regler (1-20) gibt die untere Zielfrequenz an, bis wohin komprimiert bzw sogar verschoben wird. Sie gibt aber vor allem auch die obere Zielfrequenz und außerdem die Grenzfrequenz an. Bei mir war die untere bei 0,8kHz, die obere bei 2,0kHz. Die Grenzfrequenz lag bei 2,7kHz (Einstellung "1b").
Der Bereich von 2,7kHz bis etwa 6,8kHz (21 HT=Halbtöne) wurde in den Bereich von 0,8-2,7kHz (auch 21 HT) verschoben - wenn denn der hochrequente "Anteil" stärker ist ("mehr Energie hat") als der Tieffrequente. Im letzteren Fall wurde der Bereich 2,0-4,2kHz (13 HT) auf 2,0-2,7kHz (5 HT) komprimiert, 0.8-2,0kHz dann unangetastet gelassen.
Wenn Frequenzverschiebung stattfand, hat man nur den verschobenen Bereich gehört, die originalen Geräusche im Bereich 0,8-2.0kHz waren dann in diesem Fall nicht hörbar. Der Wechsel zwischen verschieben und "nur" komprimieren findet im ms-Bereich statt. Damit waren für mich /s/- und /ʃ/-Laute überhaupt hörbar. Dass ein s wie ein sch anhört ist Gewöhnungssache und man lernt mit der Monate, diese trotz Kompression zu unterscheiden.
Der untere Regler in Target gibt an, ob Geräusche "hörbarer" oder eher "komfortabler" wahrgenommen werden sollen - technisch: wie nah obere Zielfrequenz und Grenzfrequenz beieinander liegen, je näher, desto "komfortabler".
Die Einstellung "1b" ist extrem und nur für krasse Hörverluste gedacht. Auch "1d" ist krass, aber weitaus "komfortabler" zu hören - mit dem Effekt, dass der Bereich 2,0-2,7kHz nicht komprimiert wurde. Damit klingt alles zwar harmonischer, aber höhere Frequenzen sind dann nicht mehr so gut hörbar.
"1b" entspricht den folgenden Werten: 0,8/2,0/2,7kHz (=unteres Ziel/oberes Ziel/Grenzfrequenz)
"1d" = 0,9/2,7/2,7kHz
"9a" = 1,1/2,5/3,7kHz
"9d" = 1,6/3,7/3,7kHz
Bei "10" ist die Grenzfrequenz 3,9kHz. Die Werte für "11" und höher habe ich mir aus Target nicht notiert, da sie für mich längst irrelevant waren.
Oticons Speech Rescue
In der Version, die ich kenne, fängt Oticon auch in der krassesten Einstellung erst bei knapp 4kHz überhaupt an, Frequenzen zu verschieben auf dann tiefstenst 1,6kHz (statt 0,8 wie bei mir). In der schwächsten Einstellung beginnt das Verfahren erst bei 6kHz, was ich persönlich für Quatsch halte. Hinzu kommt, dass bei Oticon sowohl verschobener als auch Originalton gleichzeitig zu hören ist (additives Verfahren) - das Piepsen der Waschmaschine hört man je nach Hörverlust dann als Zweiklang.
Für wirkungsvolles SoundRecover 2 und SpeechRescue muss man schon den unbedingten Willen haben, die verlorenen Frequenzen auch wirklich hören zu wollen mit dem Nebeneffekt, dass es nunmal prinzipbedingt nicht natürlich anhört. Ist die Verschiebung zu schwach, kann man es auch gleich sein lassen, dann gibt es keine unnötigen Verfälschungen.
Ist dein Ton-Audiogramm derart, dass du die höheren Töne in der Originalfrequenz noch einigermaßen wahrnehmen kannst, dürfte SoundRecover 2 von Phonak zuviel sein. Bei Naida B gab es noch die Möglichkeit, auf SoundRecover 1 umzustellen, das führt ausschließlich eine Frequenz-Kompression durch, das dann allerdings dauerhaft.
Weiterführender Link
Falls man mit dem Effekt der Frequenzverschiebung in der Theorie mehr spielen möchte und wer die entsprechenden Zahlen aus Target ausliest, kann sich die Wirkungsweise grafisch darstellen lassen (deren Interpretation allerdings auch nicht trivial ist):
https://web.ics.purdue.edu/~alexan14/fi ... tants.html
Das stammt weder von mir noch von Phonak, also bitte auf niemanden schimpfen! (In Firefox funktioniert das bei mir nicht, nur in Google Chrome). Auch Oticons Verfahren ist aufgeführt, was einfacher zu verstehen ist.