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Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 2. Apr 2007, 13:32
von mäusepeter
Hallo Phil,
ich hatte ja vor kurzem auch eine Diskussion zum Thema CI ausgelöst.Da waren schon sehr viele Deiner Fragen und Bedenken beantwortet. Im ersten Posting hatte ich kurz beschrieben, wie es Julie nach ihrer Pneumokokken-Meningitis im Februar 2006 und nach der Implantation im August 2006 ergangen ist und welche Fortschritte sie macht. Genau wir sind der Fall der:
1. schnellen Entscheidung, da die Verknöcherung schon begonnen hatte und
2. Ergebnisse, die man sich als Eltern erträumt und die auch möglich sind. Und wie wir im Posting Pro CI gelesen haben sind wir Kein Einzelfall! Auch wenn das in diesem Forum gern gesagt wird.
Hätten wir gewartet bis Julie selbst entscheiden kann, wäre sie sicher sehr viel schlechter und schwerer in der Sprache weiter gekommen.
Desweiteren leben wir in einer sehr kleinen Stadt. So viel ich weiß gibt es in unserem Ort 2 gehörlose Erwachsene und ein Kind mit einem CI.Überleg mal wie klein ihre Welt hier wäre selbst wenn unsere Familie Gebärden lernt.Sie könnte hier am Ort nicht in die Kita und müßte später an eine Schule die sehr weit von unserem Ort entfernt liegt, d.h. ich müßte meine kleine Maus mit 6 Jahren in ein Internat geben. Das sind Entscheidungshilfen bei der CI OP. Als Eltern denkt man in solchen Situationen doch über das gesamte Leben nach...
Und wie schon vorher geschrieben-niemand macht sich diese Entscheidungen leicht oder macht sie abhängig von einzelnen Meinungen.
Aber Julie´s Erkrankung und die dazugehörigen Klinikaufenthalte haben so viele Entscheidungen und so viel schnelle Entscheidungen von uns abverlangt, dass man einfach auch weiß wie man in diesen Situationen vorgeht und wo man Prioritäten setzt und vor allem an welcher Stelle das Herz entscheiden muß!Für keine der Entscheidungen gab es eine Garantie zum Gelingen. Das ist so und damit mußten wir Eltern immer leben.
Deshalb viel lesen und wie schon hundertmal gesagt: Eltern und CI Kids treffen. Wir konnten nach dem 1. Treffen im Elternkreis eine Entscheidung fällen.
Liebe Grüße Mäusepetere mit Julie.
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 2. Apr 2007, 21:35
von phil71
Hallo Mäusepetere
ich habe jetzt alles durchgelesen aber Deins zum Schluß läßt mich wirklich ins Grübeln kommen...
Ja ich lebe auch in einem kleinen Vorort hier sind gar keine Gehörlosen im Ort nur ein Mann total versteckt:(
In zwei Orten weiter habe ich Kontakte geknüpft zu älteren Schwerhörigen aber kleine Kinder sind wie vom Erdboden verschluckt:ooh:
Vielleicht muss ich nur weiter suchen...
ABER hier in unserem Ort versuche ich auf die Menschen zu zugehen, erzähle ihnen von der Schwerhörigkeit und von unserem Weg mit den Gebärden. Bis jetzt habe ich durch die Bank weg nur positive Reaktionen sogar in unserem Kiga. Genial die Leiterin sagt das dort Integrations-Hilfen organisiert werden. Wir wollen noch ein Gespräch führen und sie sind offen für Gebärden, ob sie dann und wie weit sie das dann integrieren weiß ich nicht,aber ich werde weiter dran bleiben. Schule und dann auch Freunde weiß nicht wie das dann wird
Ich kann Eure Argumente für
CI schon verstehen, ABER wie macht Ihr das mit der Angst??? Das ist für mich immer noch nicht Nachzuvollziehen:(

Wenn ich mir den Kleinen Kopf von meinem Sohn in die Hand lege und dann das Video einer
CI-Op vor Augen halte. Dann kommt in mir die reine Angst hoch. Ich habe einfach nur Angst das mein Sohn dabei etwas passiert. Ich fange an zu Grübeln, wie ist das mit den Funkwellen die da arbeiten das ist doch alles noch gar nicht richtig erforscht welche Nebenwirkung da alles auf uns zu kommen nee besser was auf mein Kind zukommen würde... Nicht ich muss damit zurecht kommen!!!
Diese junge Frau mit dem
Ci sagte mir sie hätte oft Kopfweh, ich habe sie gar nicht gefragt ob sie sich Vorstellen könne das es mit dem Funk... zu hätte.
Man Leute wie macht Ihr das mit dieser sch... Angst und diesen ganzen unerforschten Nebenwirkung?????????????
Kann ich irgendwo irgendetwas nachlesen über Nebenwirkungen?Oder Forschungsergebnisse zu wieviel Prozent positive Ergebnisse erziehlt wurden.
Es ist so schwer und macht mich so unendlich traurig das man vorher nie sagen kann so und so wird es!
Für mich ist aber ganz klar das Gebärden NICHT weh tut und keine Nebenwirkung hat. UND das beste es macht mir keine ANGST!
Bin morgen unterwegs und Neugierig auf morgen abend!
Gruß Philo
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 3. Apr 2007, 00:05
von phil71
Mir ist noch sehr wichtig Euch zu schreiben das es mich sehr bewegt, das jeder auf seine Art versucht seinen für sich gewählten Weg zu beschreiben um Antworten zu geben.
Schön ist es auch einfach mal zu lesen und etwas wirken zu lassen ohne gleich das Gefühl zu haben da muss ich nun aber gleich etwas hinter her schieben...(abgesehen von kleinen :upsidown:)
An dieser Stelle ein Herzliches Danke Phil
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 3. Apr 2007, 10:06
von Andrea Heiker
Hallo,
ich gehe das Ganze ziemlich realistisch an.
Betrachten wir zunächst mal die technischen Gegebenheiten. Die Signale vom
CI werden nicht durch die Haut gefunkt sondern per Induktion übermittelt. Das induktive Feld ist außerdem äußerst schwach, da hat jedes Induktionkochfeld ein x-faches stärkeres Feld. Wenn man dann mal betrachtet, wie sich der menschliche Körper mehr oder weniger freiwillig sich durch elektromagnetische Felder bewegt, bringt das CI eine genauso Mehrbelastung wie ein einziges Salzkorn einen Ozean salziger macht. Das bedeutet es sind immer wesentlich stärkere Felder da als das CI sie erzeugt. In Bezug auf die Risiken ist Karins Kestners Seite im Übrigen vollkommen unseriös.
Nun ich habe keine Kopfschmerzen. Meine Freundin ist eine Migränepatienten, sie trägt kein
CI dafür aber eine Brille und es liegt bestimmt daran

Ich wage zu behaupten, dass es unter
CI-Träger geauso viele Kopfschmerzpatienten gibt, wie unter Nicht-CI-Träger. Ich kenne sehr viel CI-Träger und mir hat noch keiner gesagt, dass er seit der OP unter mehr Kopfschmerzen leidet als zuvor. Im Übrigen werden dauerhafte Kopfschmerzen nicht mal als "offizielle" Nebenwirkungen angegeben.
Trotzdem hat man vor einer OP natürlich Angst. Und die Angst vervielfacht sich sicher noch mal, wann man nicht selbst auf den OP-Tisch steigt, sondern sein Kind hinlegen muss. Nun ich selbst habe mir die Risiken vor der OP noch mal zu Gemüte geführt, mir auch die Zahlen angesehen (dauerhafte Schäden sind extremst selten). Dann habe ich mir für die OP entschieden und ab da den Optimismus gehegt, dass die OP sicherlich nicht ausgerechnet bei mir schiefgehen wird, wenn man in der MHH vor mir schon Tausende ohne jegliche Nebenwirkung operiert hat. Ich bin nach der Methode: "Augen zu und durch" verfahren: Als ich nach der Narkose wieder alle Sinne beisammen hatte, habe ich schon sofort gespürt, dass es gut gehen würde. Meine Muskeln funktionierten noch alle und die schlimmst Unpässlichkeit war der stramme Verband.
Heute merke ich nichts von meinem
CI. Ich kann natürlich dann Implantat unter der Haut fühlen, aber es tut nichts weh, es drückt nichts und es ist einfach im Inneren meines Körpers nicht zu spüren. Ich bin zur Zeit etwas erkältet und als ich mich gestern geschneuzt habe, habe ich gespürt, wie meine Ohren (auch das CI_Ohr) "aufgingen". Ich war dann völlig perplex, dass dieses Aufgehen der Ohren gar keine Auswirkung auf das Hören im rechte Ohr hatte, bis mir dann das CI wieder einfiel. Das CI hat sich in meinem Körper eingepasst wie jeder andere Körperteil.
Gruß
Andrea
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 3. Apr 2007, 10:53
von TouchMySoul
Hallo
weiss jetzt nicht ob es wirklich hierhin gehört aber wollte einfach mal meine Gefühle dazu äussern.
Als wir erfuhren,kurz vor Jerrys 2ten Geb., das Jeremy GL ist bracht für uns erstmal eine Welt zusammen
Mir zog es regelrecht den Boden unter den Füssen weg.
Hatte ich doch nochnie in irgendeiner Art das geringste mit SH oder GL zu tun.
Dann hörte bzw. lass ich von diesen "wunder"
CI und ICH wünschte mir nichts sehnlicher herbei als das Jerry dieses "Ding" bekam einfach weil ich dachte wie soll er jemals in einer hörenden Welt zurechtkommen ?!
Ich dachte in diesen moment weder an Risiken noch an irgendetwas anderes.
Wir liessen ihn daraufhin untersuchen bis wir nach ca. 5 Jahren und 3 verschiedenen Kliniken dann die absolute ContraIndikation bekamen
" Nicht
CI fähig " ... Ohman im ersten moment bracht eine erneunte Welt zusammen.
Dann kam das Thema ABI auf den Tisch,nach erneuten Informationen suchen(besonderen Dank hier an Karin)schlugen wir diesen Gedanken sofort aus.
Naja und heute muss ich gestehn... es geht auch ohne
CI weil es muss.
Klar ist vieles viel schwerer .... für uns als hörende und grade für Jeremy als komplett GLér aber er meistert seinen Weg bis hierher blendend und er wird ihn auch in Zukunft blendend meistern. Dadurch das seine Geschwister und unsere gesammte Familie alle hörend sind ist er in der Welt der hörenden voll integriert.
Und heute denke ich ... vielleicht war es ganz gut so das er kein
CI bekam ... wer weiss ob er dann so wäre wie er ist ... nämlich ein cleveres, aufgewecktes, fröhlich,freches kleines Kerlchen was ich über alles liebe.
In dem Sinne nur ein paar Gedanken von mir.
LG
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[Editiert von TouchMySoul am: Dienstag, April 3, 2007 @ 10:02][/size]
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 3. Apr 2007, 14:37
von Maike
Hallo TouchMySoul,
verzeih mir bitte, wenn ich auf etwas hinweise: Jeremy kann KEIN CI bekommen, daher war es in Eurem Fall die BESTE Entscheidung, ihm weder ein CI (wäre ja obersinnlos gewesen) noch ein ABI zu geben.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass ein CI für andere Kinder, die eine Hörschnecke haben und darstellbare Hörbahnen, das Mittel der Wahl ist.
Bitte erlaube mir diesen Hinweis - ich bin ja selber ohne CI aufgewachsen und weiß daher zu gut, dass man auch ohne CI leben kann. Das ist keine Frage. - Nur: Es ist eben auch keine Frage, dass es eben mit CI doch leichter für diejenigen ist, die die MÖGLICHKEIT dazu haben...
Ich hoffe, ich bin Dir nicht irgendwie zu nahe getreten. Das will ich am allerwenigsten. Mir geht es einfach um eine möglichst "sachliche" Diskussion, die eben auch zeigt, was wo warum möglich oder auch nicht möglich ist.
Euch ganz liebe Grüße!
Maike
Re: Ci warum, wenn so hohe Risiken
Verfasst: 3. Apr 2007, 16:23
von mäusepeter
Hallo Phil,
habe wieder meine Hände nicht unter Kontrolle, bin ein 2 Finger Schreiber, deshalb der Fehler: Mäusepeter!
Wir in unserem kleinen Ort hatten halt das Glück, dass es bereits ein CI Kind gab.Der Junge ist auch gehörlos geboren und hat mit 3 Jahren ein CI bekommen. Ich kanntedie Familie schon früher und habe gesehen wie er plötzlich gehört hat.Sicher hat er eine andere Entwicklung genommen als Julie, aber für mich war es trotzdem toll was heute möglich ist. Und plötzlich sind wir in dieser Situation-damals unfaßbar! Ich habe halt dann viel mit der Mutter gesprochen und mir den Jungen angesehen. und nur das hilft, Betroffene sprechen und ansehen. Schauen was möglich wäre-wenn alles klappt.
Mit der Integration haben wir auch Riesen-Glück.Eine Erzieherin in der Integrationskita hat Gebärden gelernt-damals für den Jungen und nun ist Julie in ihrer Gruppe. Julie ist Integrationskind und bekommt zusätzlich Frühförderung von der Sinnesbehindertenstelle.Das ist für sie optimal.
Das mit den positiven Reaktionen ist schon so wie Du es beschreibst, ABER eben nur, wenn man es erklären kann. Ansonsten
werden wir immer wieder angestarrt und es wird getuschelt.
Und die Menschen die in der Umgebung Verständnis zeigen und mitfühlen- haben die denn angeboten auch Gebärden zu lernen? Eher nicht oder? Es tut ja allen immer schrecklich leid, aber den Kindern hilft das Mitleid ja auch nix.
Zur OP: Wir hatten ja auch viele Ängste während der Erkrankung und dann danach die Frage warum so etwas noch mal durchziehen, wo sie doch gerade so schlimme Sachen überstanden hat??? Könnten wir nicht glücklich sein dass sie lebt? Doch dann haben wir einfach den richtigen Arzt getroffen. Er hat Julie so liebevoll behandelt und unsere Ängste ernst genommen und akzeptiert, dass ich überzeugt war, er geht in der OP genauso liebevoll mit Julie um als wäre es sein eigenes Kind. Das hat mir geholfen.
Eine junge Frau in unserem Ort hat sich auch ein CI entfernen lassen wegen der Kopfschmerzen, sie hatte es allerdings auch erst mit 20 bekommen und kam gar nicht zurecht. Ansonsten kenne ich nur positive Fälle.
Liebe Grüße MÄUSEPETER