Bewertung des Gutachtens im Rahmen Rechtsstreit mit einem privaten Krankenversicherer

Beho
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Re: Bewertung des Gutachtens im Rahmen Rechtsstreit mit einem privaten Krankenversicherer

#26

Beitrag von Beho »

@ muggle

Vielen Dank für deine ausführliche Erläuterung.

Zu
„MoreSound Amplifier: das ist der Name des Störschallunterdrückungsfeatures. Störschallunterdrückungsmechanismen muss jedes Hörgerät haben, was im Rahmen der GKV ausgegeben wird. Wie Störschallmechanismen genau arbeiten, ist von Hersteller zu Hersteller etwas unterschiedlich und auch, ob man damit gut oder weniger gut klarkommt.“

Hättest du Beispiele aus dem Preissegment 1300-1800 € für Geräte, die das auch haben, das würde mir ggf. sehr helfen.

Zu
„Jetzt musst du nachweisen, dass halt günstigere Hörgeräte als die von dir gewählten eben nicht ausreichend sind“
Das ist dem Grunde nach nicht so, Beweispflicht für eine Überversorgung liegt beim Versicherer. Der hat dies seiner Meinung gemacht in dem er Alternativgeräte aufgeführt hat, die günstiger gewesen wären.


Auswahl meiner Hörgeräte
Ich habe über 1,5 Jahre 6 Geräte getestet, dabei ca. 30 Termine bei Hörgeräteakustikern wahrgenommen, leider ist keiner direkt bei mir am Ort, wohne halt auf dem Land.
Ich habe beispielhaft einen Film getreamt und bei der gleichen Stelle geprüft mit welchem Hörgerät (ich hatte meistens 2 Modelle gleichzeitig im Test) ich mehr verstanden habe und das dann dokumentiert. Damit habe ich dann bewertet mit welchem Hörgerät ich mehr verstanden habe.

Die Tests in den Räumen der Hörgeräteakustiker empfand ich als wenig praxistauglich.

Ich habe bei der Auswahl der Hörgeräte nie auf irgendwelche Komfortfeatures geachtet, wie Bluetooth usw., die waren für mich nicht relevant. Mir ging und geht es einzig darum meine Behinderung bestmöglich auszugleichen. Das ich auch mit Hörgeräten nicht so gut höre, wie ein Normalhöriger in meinem Alter muss ich glaube nicht detailliert erläutern.

Hätte ich die Geräte gekauft, wenn ich sie selbst hätte komplett bezahlen müssen.

Definitiv ja. Ich habe jetzt nicht bewusst teurere Geräte genommen, nur weil es ggf. jemand anderes bezahlt. So bin ich nicht eingestellt. Wie geschrieben es ging mir nur um den optimalen Behinderungsausgleich.

Ich habe aber Versicherungsschutz. Ich habe kein Limit in den Hilfsmitteln in meinem Tarif, den ich damals auch bewusst gewählt habe nach dem Motto lieber mehr Beitrag als einen Billigtarif der Leistungseinschränkungen hat. Ich meinen mehr als 25 Jahren bei dem Versicherer habe ich 2 Rechnung neben den Hörgeräten eingereicht. Meine Schadenquote sollte bei ca. 2 % liegen. Auch wenn dies bei der rechtlichen Bewertung keine Auswirkung haben sollte, ich möchte damit nur dokumentieren, ich bin keiner der versucht das System auszunutzen.
emilsborg
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Re: Bewertung des Gutachtens im Rahmen Rechtsstreit mit einem privaten Krankenversicherer

#27

Beitrag von emilsborg »

Beho hat geschrieben: 15. Feb 2025, 08:25 anbei die Hörhilfenverordnung
Gemäß des Sprachaudiogramms komme ich auf eine mittelgradige Schwerhörigkeit (Hörverlust von 50% laut Tabelle A in Abschnitt5 in https://www.bmas.de/SharedDocs/Download ... onFile&v=4)
Da ist zusammen mit dem doch recht häufigen Verlauf der frequenzabhängigen Hörverluste laut Tonaudiogramm nicht nachvollziehbar, warum es nur high-end Hörgeräte geben soll, die deinen Hörverlust gut kompensieren können (von einem vollständigen Ausgleich wollen wir bewusst nicht ausgehen). Da zudem der Anspruch gegenüber einer privaten Krankenversicherung auf Zuschuss sogar unterhalb dem der gesetzlichen Krankenkassen liegen kann, wie bereits von Mitforisten geschrieben wurde, frage ich mich ob du dich nicht vorher hättest besser informieren (bezüglich den Vertragsbedingungen in deinem Vertrag mit der privaten Krankenversicherung) und beraten (von einem Hörgeräteakustiker) lassen. Denn alleine der deutlich spätere Zeitpunkt der Testung einfacherer Systeme legt nahe, dass du gar nicht wirklich Interesse an diesen hattest.
Wohlgemerkt, ich habe auch gegen meine gesetzliche Krankenkasse (TK) geklagt und sogar jeweils zwei zuzahlungsfreie und zwei zuzahlungspflichtige Systeme getestet (angefangen wurde tatsächlich aber mit einem zuzahlungspflichtigen System, da dieses die Empfehlung war nach der Bedarfsanalyse und ich auch schon früher Hörgeräte dieses Herstellers hatte). Verloren habe ich trotz Bejahung des Gebrauchvorteils aufgrund der Tatsache dass mein Gehör sich zwischenzeitlich (Kauf Ende 2020, Gutachten beauftragt auf meinen Antrag hin vom LSG im ersten Halbjahr 2023) verschlechtert hat und somit keine Gewissheit über den Gebrauchvorteil zum Zeitpunkt des Kaufs bestand… Du siehst, solche Feinheiten spielen da eine Rolle. Persönlich ist meine Schlussfolgerung dass man entweder gleich das Gutachten mit machen müsste zum Kaufzeitpunkt (was dann aber wahrscheinlich nicht zählt, weil nicht vom Gericht beauftragt) und andersrum wie vom LSG Stuttgart empfohlen erst testen, dann klagen und Beschaffung erst nach Erfolg bedeutet, warten über ca 3 Jahre und Ungewissheit über Prozessausgang plus veraltete Hörgeräte (da Minimum drei Jahre auf dem Markt nach der Logik). Letzteres war auch für die Gutachterin ein nicht zu Ende gedachter Vorschlag des LSG, aber das ist ja auch nicht das Problem der Richter. Mach dir also (egal ob Sozialgericht oder Zivilprozess) keine großen Hoffnungen, denn es gibt mehr Fallstricke als die meisten Menschen wahrhaben wollen. Gereon ist einer der Wenigen hier die es überhaupt geschafft haben zu gewinnen und die Krankenkasse per Gerichtsverfahren zu einer Kostenübernahme zu verpflichten.
Man weiß selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war. (Françoise Sagan)
muggel
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Re: Bewertung des Gutachtens im Rahmen Rechtsstreit mit einem privaten Krankenversicherer

#28

Beitrag von muggel »

Beho hat geschrieben: 15. Feb 2025, 10:42 Zu
„MoreSound Amplifier: das ist der Name des Störschallunterdrückungsfeatures. Störschallunterdrückungsmechanismen muss jedes Hörgerät haben, was im Rahmen der GKV ausgegeben wird. Wie Störschallmechanismen genau arbeiten, ist von Hersteller zu Hersteller etwas unterschiedlich und auch, ob man damit gut oder weniger gut klarkommt.“

Hättest du Beispiele aus dem Preissegment 1300-1800 € für Geräte, die das auch haben, das würde mir ggf. sehr helfen.
Wie gesagt:JEDES Hörgerät, was im Rahmen der GKV ausgegeben wird, hat einen Störschallunterdrückungsmechanismus. Also auch das günstigste Hörgeräte, was auf dem deutchen Markt über einen Akustiker erhältlich ist.
Wie gut diese Mechanismen sind, ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich und hängt auch von den Präferenzen des Trägers ab. Es gibt Träger, die solche Mechanismen gar nicht mögen und solche, die darauf schwören. Letztendlich sind diese Mechanismen nichts anderes als eine Anpassung der Hörkurve an; meist ein Absenken der Tiefen, ein anderer Kompressionspunkt etc. Theoretisch kann das auch ein Akustiker manuell einstellen und als Programm speichern.

Zu
„Jetzt musst du nachweisen, dass halt günstigere Hörgeräte als die von dir gewählten eben nicht ausreichend sind“
Das ist dem Grunde nach nicht so, Beweispflicht für eine Überversorgung liegt beim Versicherer. Der hat dies seiner Meinung gemacht in dem er Alternativgeräte aufgeführt hat, die günstiger gewesen wären.
Wenn der Versicherer bzw. der Gutachter dir klar Geräte genannt hat, die deine Schwerhörigkeit ausgleichen können.. dann liegt es an dir nun zu beweisen, dass es eben mit diesen nicht möglich ist.
Du behauptest ja, dass eben kein anderes Gerät deine Schwerhörigkeit genau so gut ausgleichen kann wie das von dir gewählte und extrem teure Hörgerät.
Auswahl meiner Hörgeräte
Ich habe über 1,5 Jahre 6 Geräte getestet, dabei ca. 30 Termine bei Hörgeräteakustikern wahrgenommen, leider ist keiner direkt bei mir am Ort, wohne halt auf dem Land.
Ich habe beispielhaft einen Film getreamt und bei der gleichen Stelle geprüft mit welchem Hörgerät (ich hatte meistens 2 Modelle gleichzeitig im Test) ich mehr verstanden habe und das dann dokumentiert. Damit habe ich dann bewertet mit welchem Hörgerät ich mehr verstanden habe.

Die Tests in den Räumen der Hörgeräteakustiker empfand ich als wenig praxistauglich.
Ein eher sehr schlechtes Vorgehen, aber das nur nebenbei. Letztendlich haben es genau 3 Hörgeräte mit entsprechendem Anpassbericht zum Gutachter geschafft... warum? Warum wurde von den anderen 3 Geräten kein Anpassbericht eingereicht?

Dass die Tests in den Räumen der Akustiker nicht praxistauglich sind.. darüber brauchen wir uns nicht unterhalten. Aber diese Test sind eben normiert und bilden die Grundlage für die Kostenübernahme.
Hätte ich die Geräte gekauft, wenn ich sie selbst hätte komplett bezahlen müssen.

Definitiv ja. Ich habe jetzt nicht bewusst teurere Geräte genommen, nur weil es ggf. jemand anderes bezahlt. So bin ich nicht eingestellt. Wie geschrieben es ging mir nur um den optimalen Behinderungsausgleich.
Gut, dann sollte es dich doch auch nicht ärgern, wenn die Versicherung eben nicht 6000 Euro zahlt, sondern weniger, weil du nicht nachweisen kannst, dass diese Geräte den bestmöglichen Behinderungsausgleich darstellen.
Ich habe aber Versicherungsschutz. Ich habe kein Limit in den Hilfsmitteln in meinem Tarif, den ich damals auch bewusst gewählt habe nach dem Motto lieber mehr Beitrag als einen Billigtarif der Leistungseinschränkungen hat. Ich meinen mehr als 25 Jahren bei dem Versicherer habe ich 2 Rechnung neben den Hörgeräten eingereicht. Meine Schadenquote sollte bei ca. 2 % liegen. Auch wenn dies bei der rechtlichen Bewertung keine Auswirkung haben sollte, ich möchte damit nur dokumentieren, ich bin keiner der versucht das System auszunutzen.
Die Argumentation ist mehr als dünn. D.h. wenn man -- warum auch immer -- krank wird und viele Hilfsmittel und Therapien benötigt, dann ist man - nach deiner Argumentation - jemand, der versucht, das System auszunutzen, weil man ja mehr als 2% Schadensquote hat. Aber jemand, der so ziemlich die teueresten Hörgeräte, die es auf dem Markt gibt, haben will, obwohl er einen sehr gleichmässigenm moderaten Hörverlust hat, welche auch mit einer geringeren Technikstufe wohl sehr gut ausgleichen lässt, ist es nicht?

Zu deiner Hörhilfenverordnung: du hast einen echt sehr einfach zu versorgenden Hörverlust. Dieser ist sehr gleichmässig, so dass "es muss nur alles etwas lauter sein" sehr zutreffend ist (und sich auch so im Sprachaudiogramm zeigt). Eine Notwendigkeit für spezielle Features wie 24 Frequenzbänder, Frequenzverschiebung, oder extrem aufwendige Störschallunterdrückungsmechanismen kann ich zumindest aus dem Audiogramm nicht erkennen. Die anderen Features sind, wie oben schon aufgeführt, Komfortmechanismen und medizinisch nicht notwendig.

Ob du einen wirklich fundierten Gebrauchsvorteil hast, wenn die Geräte bis 10kHz gehen, ist auch nicht klar, da diese Frequenz wohl nie bei dir geprüft wurde. Daher stellt sich schon die Frage, ob du diese (und auch 8 kHz) überhaupt noch hörst (und wenn ja ab wieviel dB), oder ob da einfach dein Alter zugechlagen hat (im Laufe des Alters hören wir Menschen immer weniger hohe Töne. So hören Kinder das PFeifen einer Hundepfeife, während dieses Erwachsene oft nicht mehr hören.)

Kurzum: deine PKV sagt, dass die von dir gewählten Hörgeräte das Maß des Notwendigen übersteigt. Dieses hat auch ein Sachverständiger / Gutachter bestätigt. Daher will die Krankenkasse nicht die vollen Kosten erstatten, aber (wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe) über 1500 Euro pro Gerät. Damit bekommst du schon mehr als doppelte als gesetzlich Versicherte.



Ich gehe daher davon aus, dass das Gericht der Versicherung Recht geben wird und du nicht die volle Kotenübernahme erhälst.
Auf mehrfachen Wunsch einer bestimmten Moderatorin hier die Warnung:
Achtung, auch gelegentlich bissig!
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