Hochtonschwerhörigkeit

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G-sus
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Hochtonschwerhörigkeit

#1

Beitrag von G-sus »

Hallo, ich weiß es ist ein bisschen viel, aber ich hoffe auf ein paar hilfreiche Antworten:

Bei meiner Frau besteht nachweislich ab dem 3 Lebensjahr eine Schwerhörigkeit. Wodurch die entstanden ist, ist unklar, dementsprechend ist auch Lärm eine sehr unwahrscheinliche aber mögliche Ursache.
Nun haben wir dummerweise einen Neufeststellungsantrag beim Versorgungsamt gestellt. Laut GdB Rechner mit der 4-Frequenztabelle steht ihr bisher ein GdB von 50% zu, da sie auf beiden Seiten hochgradig schwerhörig ist, deswegen ahnten wir nichts böses.
In dem heutigen Gutachten wird zur Berechnung des GdB die 3-Frequenztabelle verwendet, die bei Hochtonschwerhörigkeiten vom Typ Lärmschwerhörigkeit zur Berechnung herangezogen wird. Nach dieser Tabelle wird im Gutachten auf beiden Seiten eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit festgestellt. Ich habe mir die Messungen aus 1999 zuschicken lassen. Aus diesem Audiogramm errechnet sich nach der 3-Frequenztabelle aber eine beidseitige Taubheit. 1999 wurde zur Berechnung des GdB allerdings die 4 Frequenztabelle zur Berechnung genutzt, nach der sich rechts eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit 86% und links mit 79% eine hochgradige Schwerhörigkeit berechnet, wodurch ein GdB von 50% festgelegt wurde.
Uns liegen Messungen aus dem Jahr 1990, 1992, 1999, 2000, 2004 und 2011 vor. Die Messungen aus 1990 und 1992 wurden in einer Arztpraxis erstellt, allerdings nicht zur Begutachtung herangezogen. Nach den Messungen 1990 und 1992 errechnet sich nach der 3 und 4 Frequenztabelle auf beiden Seiten eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit, bei den anderen ergibt sich links immer eine hochgradige Schwerhörigkeit. Nach der 3-Frequenztabelle errechnet sich bei allen Messungen eine Taubheit.
Im jetzigen Gutachten wurde zur Ermittlung des GdB das Sprachaudiogramm als maßgeblich herangezogen, wonach sich auf der rechten Seite eine hochgradige Schwerhörigkeit mit 70% und auf der linken Seite eine leicht - mittel bis hochgradige Schwerhörigkeit mit 60% ergeben hat. Wenn man jetzt die GdB Tabelle heranzieht ergibt sich ein GdB von 30%, 40% oder doch 50%? Das Versorgungsamt will den GdB auf 40% reduzieren. Demnach wird der Schwerbehindertenausweis eingezogen und die Befreiung für Rundfunkgebühren fallen auch weg.
Da wir aber mit den o. g. Messungen erstens nachweisen können, dass die Schwerhörigkeit vor dem 7ten Lebensjahr bestand, und zweitens Messungen haben die auch nach der 4 Frequenztabelle eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit bestätigen, steht meiner Frau ein GdB von 70 zu.
Wir haben bereits den zweiten Widerspruch abgeschickt mit dem Antrag auf GdB 70, haben aber bisher keine Antwort bekommen. Wir haben die Messungen aus 1990 und 1992 beigefügt. Wenn das Versorgungsamt nun wieder ablehnt, bleibt nur der Weg zum Sozialgericht.
Meine abschließende Frage ist, ob dieser Weg unter diesen Umständen Erfolg hat oder ob es aussichtslos ist.

Gruß Jan
Gabriele
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#2

Beitrag von Gabriele »

Hallo Jan
Wir selber kommen jetzt langsam in´s dritte Jahr unserer Klage gegen das VA.
Solltet ihr Interesse an einem guten Rechtsanwalt haben und sehr viel Geduld, dann kann ich euch weiter helfen.

Es ist leider so das einem oft nichts anderes übrig bleibt zu klagen, denn beim VA sitzt meiner Meinung nach oft mal ein Schuhverkäufer hinter´m Schreibtisch.

LG
Gabi
Theresa 27, beids. CI ´08 u.´10 (N5)
Reimplantation re,2011 u. 2012
Lorenz 26, beids. Hg Sophia 23, beids. CI ´09 u.11 (Hybrid L )u.Kolobom
Alle Kinder progredient.
G-sus
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#3

Beitrag von G-sus »

Wir warten erstmal die neue Reaktion des Versorgungsamts ab. Oder sollten wir die von mir genannten Unterlagen einem Anwalt vorlegen und uns schon mal beraten lassen? Wenn ja, dann suchen wir uns einen.
rhae
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#4

Beitrag von rhae »

Ich muss gestehen bei deinem Bericht leicht durcheinander gekommen zu sein. Magst Du mal das aktuelle Audiogramm deiner Frau hier in die Diskussion stellen - dann kann man mit Sicherheit bei der GdB-Berechnung weiterhelfen.

Wenn Deine Frau vor dem 7. Lebensjahr mind. an Taubheit grenzend schwerhörig war und dies heute immer noch ist, dann steht ihr ein SB-Ausweis mit GdB 100 und den Merkzeichen GL+RF zu.

vg Ralph
G-sus
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#5

Beitrag von G-sus »

rechts 250 Hz = 30 dB links 250 Hz = 25 dB
rechts 500 Hz = 50 dB links 500 Hz= 35 dB
rechts 1000Hz = 65 dB links 1000Hz = 60 dB
rechts 2000Hz = 115 dB links 2000 Hz= 115 dB
rechts 3000 Hz = nicht messbar links 3000 Hz = 115 dB
rechts 4000 Hz= nicht messbar links 4000 Hz = 115 dB

Sprachverstehen
Hörverlust für Zahlen rechts = 45 dB links = 35 dB

Sprachverstehen
rechts bei 60 dB = 0% links bei 60 dB = 30%
rechts bei 80 dB = 30% links bei 80 dB = 40%
rechts bei 100 dB = 50% links bei 100 dB = 30%

Gesamtwortverstehen
rechts = 80% links = 100%

Das ergibt einen Hörverlust von rechts 70% und links 60%, woraus sich wiederum der GdB ableitet und das sind 40%, da laut jetzigem Gutachten die Berechnung nach dem Sprachverstehen maßgeblich ist.

Es handelt sich um eine hochgradige Hochtonschwerhörigkeit mit Hörresten vom Typ Lärmschwerhörigkeit. Nach den Messwerten ergibt sich nach der 4-Frequenztabelle rechts eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit und links mit 79%, also mit einem Prozentpunkt vor an Taubheit grenzend, eine hochgradige Schwerhörigkeit und so wurde der GdB im Gutachten 1999 auch berechnet und es ergibt sich ein GdB von 50%. 1999 wurde kein Sprachaudiogramm erstellt.

Im jetzigen Gutachten wird aber die 3-Frequenztabelle zur Berechnung des GdB herangezogen, nachzulesen in der Versorgungsmedizin-Verordnung.
Danach ergibt aus dem Tonaudiogramm beiderseits eine Taubheit und somit 100%.

Meine Frage ist nun ob wir uns auf die Berechnung des Tonaudiogramms des jetzigen Gutachtens auch rückwirkend berufen sollten, da wohl erstmalig die Berechnung mit der 3 Frequenztabelle angewendet wurde.

Eine andere Überlegung ist auch, dass wir das Gutachten akzeptieren und dann nach 3 Monaten ein neuen Verschlechterungsantrag stellen mit dem Hinweis, dass der GdB im jetzigen Gutachten nach der 3-Frequenzabelle berechnet wurde und dann auf Rückwirkung bstehen.

Wenn eine oder sogar beide dieser Argumentationen auch juristisch relevant sind, würde ich auch einen GdB von 70% akzeptieren, wegen der guten Sprachentwicklung, aber mit einer Herabstufung haben wir nie gerechnet, da ich so blauäugig war und den GdB immer nur mit dem GdB Rechner berechnet habe, wonach sich immer mind. GdB 50% ergab.

Gruß Jan
rhae
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#6

Beitrag von rhae »

G-sus hat geschrieben: Sprachverstehen
rechts bei 60 dB = 0% links bei 60 dB = 30%
rechts bei 80 dB = 30% links bei 80 dB = 40%
rechts bei 100 dB = 50% links bei 100 dB = 30%

Gesamtwortverstehen
rechts = 80% links = 100%

Das ergibt einen Hörverlust von rechts 70% und links 60%, woraus sich wiederum der GdB ableitet und das sind 40%, da laut jetzigem Gutachten die Berechnung nach dem Sprachverstehen maßgeblich ist.
Also ich komme nach Berechnung der Werte des Audiograms auf 86% und 79% Hörverlust und daher auf einen GdB von 50. Mit der Berechnung des Sprachverstehens habe ich mich noch nicht näher auseinander gesetzt, wenn aber jemand dabei auf Hörverluste von 70% und 60% gekommen ist, so kommt trotzdem ein GdB von 50 dabei heraus. Der Wert von 60% Hörverlust (links) steht zwar auf der Grenze zwischen mittelgradiger und hochgradiger Schwerhörigkeit, aber da das rechte Ohr eindeutig hochgradig SH eingestuft ist, muss eben ein GdB von 50 gegeben werden (Tabelle D der Vers.med.Richtlinien).

Ich würde Widerspruch gegen den gegebenen Bescheid einlegen und mich auch nicht scheuen zu klagen.

vg Ralph
G-sus
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#7

Beitrag von G-sus »

Für diese Grenze gilt aber der Zwischenwert in der Tabelle und das sind 40%. Genau das ist das große Problem.

Wie schon gesagt nach Versorgungsmedizinverordnung ist NICHT das Tonaudiogramm sondern das Sprachaudiogramm maßgeblich!

Mich interessiert ausschließlich, ob ich auf die Frequenzberechnung des jetzigen Gutachtens entweder in einem Prozess weiterhin bestehen kann. Kann oder darf der Gutachter oder das VA während des Prozesses die Berechnung des GdB nach dem neuen Gutachten ändern?

Ich habe das jetzige Gutachten auch schon erstens als Kopie somit ein Beweismittel, dass die 3 Frequenztabelle von dem Gutachter herangezogen wird und zweitens wurde das Gutachten schon von zwei Ärzten bestätigt, was mir allerdings nur mündlich mitgeteilt wurde.

Wenn das Gutachten aber erst rechtskräftig ist, wenn wir nicht klagen,
ersetzt dann das neue Gutachten die alten und sind diese somit hinfällig?

Wenn ja, stelle ich dann nach 3 Monaten eine Verschlechterungsantrag und verweise dann auf das rechtskräftige Gutachten mit der 3-Frequenzberechnung, wonach sich wie schon mehrfach erwähnt eine beiderseitige Taubheit und somit 100%, bei Besserung des Gesundheitzustands, wie z. B. die gute Lautsprachentwicklung, 70%.

Oder dürfen die dann wiederum die 4-Frequenztabelle nehmen, wie in den Jahren davor?

Ich hätte gerne eine sichere Argumentation für die Anwendung der 3-Frequenztabelle, da damit der GdB von 70% 100%ig feststeht.

Gruß Jan
rhae
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#8

Beitrag von rhae »

Der Zwischenwert von 40 bei Tabelle D wird aber nur gegeben, wenn die Hörverluste beider Ohren auf der Grenze (in eurem Fall 60) liegen würden. Bei deiner Frau ist aber nur ein Hörverlust bei 60%, das andere Ohr ist kein Grenzfall, daher muss 50 gegeben werden.

vg Ralph
Frau Staub

Re: Hochtonschwerhörigkeit

#9

Beitrag von Frau Staub »

Bevor ihr einen Rechtsanwalt bzw das Gericht einschaltet solltet ihr kostengünstiger den Beauftragten für behinderte Menschen der jeweilgen Landesregierung einschalten.

In Hessen ist dies
Friedel Rinn
c/o Hessisches Ministerium des Innern und für Sport
Friedrich-Ebert-Allee 12 65185 Wiesbaden
Tel.: 06 11 / 353-1417
Fax: 06 11 / 353-1699

Der Landesbeauftragte berät die Hessische Landesregierung in allen Fragen der Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen.

So unterstützt er die Hessische Landesregierung in ihrer Zielsetzung, den geforderten Beschäftigungsumfang schwer behinderter Menschen in der hessischen Landesverwaltung durch Beratung und Initiierung geeigneter Integrationsmaßnahmen zu gewährleisten.

Darüber hinaus bietet er fachliche und vermittelnde Unterstützung für die Schwerbehindertenvertretungen in der Landesverwaltung, ist Ansprechpartner für den Landesbehindertenrat, die Sozialverbände, Selbsthilfegruppen und für alle Menschen mit Behinderungen in Hessen.

Er ist Ansprechpartner für Ratsuchende und wird vermittelnd tätig bei berechtigten Eingaben Betroffener.

Der Landesbeauftragte hat seinen Dienstsitz im Gebäude des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport und führt seine Aufgaben ehrenamtlich aus.

In seinem Bemühen, Menschen mit Behinderungen den Weg zur vollen beruflichen und gesellschaftlichen Integration zu ebnen und ihr Partner zu sein, wird er durch die Ressorts und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Büros unterstützt.

Diese Landesbeauftragten sollen in den Situationen, wie sie im Forum dargestellt sind, helfen. Lasst euch nicht von den Behörden drangsalieren und gebt kein Geld für einen Anwalt aus, der bei kleinen Streitwerten nichts verdienen kann und sich auch nicht bemühen wird. Im übrigen dauert der Rechtsweg ziemlich lange.

Es ist also zweckmässig dem Beauftragten den Sachverhalt ohne technische Einzelheiten zu schildern. Wenn im Hochtonbereich besondere Schierigkeiten bestehen, dann ist dies massgeblich für das Verständnis. Fehlen bestimmte Frequenzen beim Hörsinn, dann ergibt sich im ganzen kein Sprachverständnis mehr und der Hörgeschädigte ist fast ausschliesslich auf die Untertitel im Fernsehen angewiesen. Ich kenne das aus der eigenen Familie. Wenn der Hörbehinderte nur die Hälfte des Gesprochenen versteht, hat er das ganze nicht verstanden. Man kann schon sagen bei einer Hörbehinderung von ca 50 % ist selbst das Verstehen von einfachen Inhalten ohne mehrfache Wiederholung nicht möglich.
Bei den Behörden liegen die Dinge so, dass die Behördenmitarbeiter oft von oben darauf hingewiesen werden, mit Vergünstigungen sparsam umzugehen, damit die Steuerzahler geschont werden. Es ist bekannt, dass sich die meisten die Mühe ersparen auf dem Klageweg sich durchzusetzen schon allein aus Kostengründen.
Hier bietet sich nun der Bürgerbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, den ihr in Anspruch nehmen sollten und den es in jedem Bundesland gibt.
G-sus
Beiträge: 6
Registriert: 14. Okt 2011, 19:58
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Re: Hochtonschwerhörigkeit

#10

Beitrag von G-sus »

Ist auf jeden Fall eine Sache, die wir machen werden, danke! Wir wohnen in Hamburg, werde mich dann mal informieren, wer das ist.
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