heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

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Neomadra
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heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#1

Beitrag von Neomadra »

hallo zusammen.

vor einiger zeit habe ich mich im vorstellungsforum vorgestellt und unsere geschichte (unser sohn, 3,5 monate ist vor 4-5 wochen mit an taubheit grenzender schwerhörigkeit diagnostiziert worden) erzählt.

heute haben wir die ersten hörgeräte bekommen und sind ein wenig schockiert: er reagiert auf NICHTS. weiterhin. auch mit den hörgeräten. der akustiker hat mit den werten der ersten und bisher einzigen gemachten bera gerechnet (hier: http://www.schwerhoerigenforum.de/phpbb ... php?t=5288 habe ich die details damals erzählt) sprich mit der hörschwelle von von 100db. die hörgeräte, so sagte er, habe er auf ca 50db eingestellt, so dass der kleine nicht gleich überfordert würde - aber theoretisch (ist ja alles noch vage da keine frequenzspezifische bera gemacht wurde) müsste er dann eine hörschwelle von ca 50db haben.

und ... er hat nicht reagiert. der akustiker hat in die hände geklascht, laut, leise - kein zucken, nichts. er hat hohe und tiefe töne in den bereichen von 60-90 db gespielt - keine reaktion.

vermutlich haben wir zuviel erwartet, aber man sagte uns vorher, es wäre oft so, dass grade babys mit hörgeräten anfangs ihre probleme haben weil es zu laut ist bzw sie plötzlich so viel hören - unserer hat seine ohne probleme angelegt bekommen, nichts "gesagt" und auch jetzt liegt er zufrieden hier mit den dingern, sie stören ihn nicht ... denn augenscheinlich bringen sie keine verbesserung ?!

das macht uns natürlich angst, denn wir hatten schon erwartet, dass er zumindest auf manches reagiert. gut, ein- zweimal gabs ein zucken oder er hat runde augen gemacht, aber wirklich ein- zweimal. mehr nicht.
der akustiker sagte, wir sollen es beobachten, in zwei wochen wiederkommen, ggf eher wenn sich nichts tut oder wir den eindruck haben, es stimme etwas nicht.

jetzt wollte ich hier mal die experten fragen:
kann das vorkommen, dass kinder anfangs nicht reagieren oder ist das ein definitives schlechtes zeichen in richtung: es ist schlimmer als gedacht, auch hörgeräte bringen nichts ...

vielen dank!
franzi
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#2

Beitrag von franzi »

Hallo Neomadra

ihr solltet eurem Sohn etwas Zeit lassen. Ich will euch jetzt keine falschen Hoffnungen machen aber oft ist es so das Kinder die an taubheitgrenzen sh sind erst mal lernen müssen was hören ist, das kann einbischen dauern. Ich geh jetzt mal davon aus das die Hgs relativ leise eingestellt sind, und der Akustiker diese beim nächsten Besuch, dann etwas lauter macht.

lg franzi
seit geburt schwerhörig. erste Hörgeräte mit 11jahren, mittlerweile Hochgradig sh bis an taubheitgrenzende schwerhörig
Links seit 12.2010 CI , re-implantation Mai.2011 und recht oktober.2014 CI.
NelemJ
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#3

Beitrag von NelemJ »

Ich kann ebenfalls nur sagen, dass ihr eurem Baby noch Zeit lassen solltet. Selbst wenn er Geräusche hört, dann muss er erstmal damit lernen sie zuzuordnen und zu verarbeiten. Er wird nun den Stand eines hörenden Neugeborenen haben.

Ggf würde ich die Lautstärke auch schon früher höher einstellen lassen.

Bitte klascht nicht dauernd in die Hände oder knallt mit Türen oder so. Das bringt nix außer Unsicherheit. Unsere Tochter hat damals auch nicht mehr auf klatschen und so reagiert, weil es einfach ein normales Geräusch geworden ist und sie sich nicht mehr so offensichtlich erschreckt hat.

Wir haben damals festgestellt, dass sie mit den HG was hört, weil sie unruhiger geworden ist und schlechter geschlafen hat. Auch hat sie uns mehr angeguckt beim (normalen) sprechen und irgendwie unserer Stimme gelauscht. Sie hat auch ihr brabbeln eingestellt, wenn Musik gespielt wurde und man hatte den Eindruck dass sie dann erstmal gelauscht hat und dann weiter gebrabbelt hat.

Wir konnten damals die Lautstärke der Test HG selber noch ein bischen regulieren von 1 bis 4 (1 leiser, 4 lauter). Wir haben damals anhand der Reaktionen keinen Unterschied festgestellt egal wie die Lautstärke eingestellt war. Es war immer gleich.

Unsere Tochter hat ihre HG (erst) mit 6 Monaten bekommen und es hat dann noch mindestens 2 Monate gedauert, bis sie den Kopf in die entsprechende Richtung gedreht hat wo das Geräusch herkam.

Auch hat unsere Tochter bei lauten und sehr lauten Geräuschen nie geweint. Das ist bis heute so. Sie erschreckt sich nicht obwohl sie mit den HG gut eingestellt ist.

Also Kopf hoch und beobachtet euer Kind. Habt einfach Freude mit dem Kleinen und genießt jeden Tag, mehr könnt ihr im Moment sowieso nicht tun.

Wenn mit einem Jahr immernoch keine Reaktionen da sind und die Sprachentwicklung nicht startet habt ihr ja immernoch die Option CI.
Felicitia
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#4

Beitrag von Felicitia »

Auch hat unsere Tochter bei lauten und sehr lauten Geräuschen nie geweint. Das ist bis heute so. Sie erschreckt sich nicht obwohl sie mit den HG gut eingestellt ist.
Das ist klar, mit HG sind selbst die lauten Geräusche, also welche die für Normalhörende sehr laut sind, nicht so laut für hochgradig Schwerhörige. Das habe ich selbst oft festgestellt. Als ich noch HG's hatte und damit etwas gehört habe und dann z. B. etwas runtergefallen ist, ist mein Mann immer total zusammengezuckt und ich dachte nur: "War doch bloß so ein leises >Pock< Geräusch..." :D ;)
HG's haben irgendwann eine Grenze und dann wird es nicht mehr lauter. Man hört dann eben nicht alles von den lauten Geräuschen.

Beispiel: Jemand hört ab 80dB, die HG's haben einen maximalen Ausgangsschalldruck von 145dB, es kommt ein Geräusch von 90 dB. dann kommen beim Schwerhörigen nur 65dB an.
Zuletzt geändert von Felicitia am 4. Sep 2011, 12:01, insgesamt 2-mal geändert.
Seit der Geburt schwerhörig. Mittlerweile bds. taub.
beidseits CI Cochlear Nucleus 5
fast-foot
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#5

Beitrag von fast-foot »

Hallo Neomadra,

ein paar Gedanken:

1. Euer Sohn ist jetzt gerade Mal zwei Monate alt. Es gibt keine Messmethode, die zuverlässig die Hörschwellen ermitteln kann.

2. Die retrocochleären Hörbahnen reifen in diesem Alter noch. Hier wird in (auch) diesem Bereich ein Defizit vermutet:
h.a. eine reifungs-/verarbeitungsstörung auf hirnstammebene bds
Dies kann sich noch bessern.

3. Ihr seid sehr früh dran. So früh, dass man eigentlich sinnvollerweise gar nicht viel unternehmen kann, da a) der Hörverlust nicht genau bestimmt werden kann und b) sich, wie gesagt, die Hörbahnen immer noch entwickeln.

Ist das Kind ein halbes Jahr alt, kann man viel aussgagekräftigere Tests durchführen. Eine Option wäre durchaus, bis dahin gar nichts zu machen, dann aber an dern richtigen Orten dafür um so zielgerichteter vorzugehen (Hörgeräte lassen sich nun ein Mal besser einstellen, je zuverlässigere Werte einem zur Verfügeung stehen).
...keine cochleären mikrophontpotentiale nachweisbar bei messung mit getrennter reizpolarität...
Sieht nach OAE-Messungen aus. Das deutet entweder auf einen Schaden der äusseren Haarzellen im Innenohr hin oder aber auf eine Mittelohrpoblematik. Wurde letztere ausgeschlossen (z.B. Paukenerguss)?

So, wie ich die Sache sehen, wurden keine Knochenleitungsmessungen durchgeführt. Vorhandene Paukenergüsse (die nicht explizit ausgeschlossen wurden, nehme ich an), können behandelt werden und die Hörfähigkeit um bis zu. 30 dB verbessern.

Ausserdem besteht ein Potential bei den retrocochleären Hörbahnen, das bei ausreichend Input genutzt werden kann (indem sie sich entwickeln können; siehe auch das erste Zitat!).

Zusätzlich noch einige Punkte:

Ein Säugling reagiert mit Reflexen relativ spät auf Geräusche (erst, wenn bei ihm so um die 70 dB (effektiv) ankommen). Ein lauter Laster (um die 90 dB) wird also eine eher mässige Reaktion auslösen.
Felicitia hat geschrieben:Beispiel: Jemand hört ab 80dB, die HG's haben einen maximalen Ausgangsschalldruck von 145dB, es kommt ein Geräusch von 90 dB. dann kommen beim Schwerhörigen nur 65dB an.
Ich bin zwar kein Akustiker, glaube aber, dass hier eher maximal (eher weniger, da zudem komprimiert wird) bis auf ungefähr 135 dB verstärkt würde (bei diesem Hörverlust in dieser Frequenz bei einem Eingangspegel von 90 dB. Je nach Hörschädigung könnte dies bereits lauter wahr genommen werden, als dies ein normal Hörender tut. Es ist zwar auch möglich, dass der Hörgeschädigte in so einem Fall (in dieser konkreten Situation) sehr wenig hört; das Gegenteil oder "etwas zwischendrin" kann jedoch auch zutreffen. Ich halte letzteres für wahrscheinlich auf Grund der nicht auslösbaren OAEs, der eventuellen Reifungsverzögerung der retrocochleären Hörbahnen und der möglichen Paukenergüsse.

Ein Ci kann man auch in eineinhalb Jahren noch implantieren lassen, ohne dass sich dies entscheidend negativ auf das Sprachverstehen auswirkt.

Gruss fast-foot
Zuletzt geändert von fast-foot am 4. Sep 2011, 19:52, insgesamt 2-mal geändert.
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
Felicitia
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#6

Beitrag von Felicitia »

@fastfoot:
Ich bin zwar kein Akustiker, glaube aber, dass hier eher maximal (eher weniger, da zudem komprimiert wird) bis auf ungefähr 125 dB verstärkt würde (bei diesem Hörverlust in dieser Frequenz bei einem Eingangspegel von 90 dB.


Ja, du könntest Recht haben. Das weiß ich nicht so genau. Ich weiß nur, dass meine letzten HG 145dB max. hatten.

Ansonsten kann ich ebenfalls fastfoot nur Recht geben. Man muss nichts überstürzen. Zwar sollte man sich auch nicht endlos mit einer Implantation Zeit lassen, aber noch etwas zu warten halte ich auch für besser, sollte diese Möglichkeit für euch überhaupt relevant sein.
Zuletzt geändert von Felicitia am 4. Sep 2011, 16:23, insgesamt 1-mal geändert.
Seit der Geburt schwerhörig. Mittlerweile bds. taub.
beidseits CI Cochlear Nucleus 5
Neomadra
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#7

Beitrag von Neomadra »

hallo ihr lieben - ein großes dankeschön.

es ist immer wieder sehr beruhigend, hier die antworten zu bekommen und zu lesen.
ich versuche langsam, mich in das thema einzuarbeiten und merke: man steht ziemlich alleine da.
die ärzte (bisher jedenfalls) sind sehr freundlich, aber sehr knapp in ihren infos weil sie quasi ihr "tagesgeschäft" machen. man muss eigentlich vorher schon wissen, was rauskommen wird damit man die entsprechenden fragen stellt - ohne die bekommt man keine wirklichen antworten.
auch der akustiker ist wirklich nett, sehr bemüht ... aber faktisch (noch) keine große hilfe. stelle ich fragen gibt es ausführliche antworten und informationen ... stelle ich keine ... kommen keine informationen.

das forum hier ist mir eine wirklich große hilfe weil ihr fragen stellt und / oder dinge wahrnehmt, die ich (noch) nicht stellen würde bzw (noch) nicht erkenne.
dadurch kann ich dann ganz anders an die besuche beim arzt herangehen - habe mir zb für die kommende bera (oktober, in den vestischen kliniken) einige hinweise hier aus den antworten meines ersten postings herausgezogen die ich sehr wichtig finde.

was ich halt einfach merke: mehr geduld muss sein.
man möchte so gerne etwas tun, aktiv werden, etwas ändern. und hofft bei jedem schritt, dass sich was tut - ist ernüchtert, wenn nichts passiert und hat auch einfach noch nicht das wissen, dass vielleicht gar keine schnelle reaktion kommen kann.

wir beobachten den kleinen und behandeln ihn weiterhin so wie jetzt (also tagesablauf etc) und schauen mal, ob sich was ändert.

VIELEN DANK!
EinOhrHase
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#8

Beitrag von EinOhrHase »

Salut

kann zwar nicht sehr viel dazu sagen, was Säuglinge oder Kinder betrifft in Sachen Hören.

Ganz gleich, was für eine Schwerhörigkeit die Kleinkinder haben:
Für sie ist es genauso eine Umstellung wie bei alten Menschen - zumindest subjektiv.
Kann mir nicht vorstellen, dass die Entwicklung des Hörens innerhalb kurzer Zeit stattfindet. Geräusche, Laute die sich immer wiederholen, werden so nach und nach im Kopf abgespeichert um dann auf diese reagieren zu können.

Beim alten Menschen ist es genau umgekehrt. Geräusche, die mit der Zeit hörtechnisch verschwinden, werden mit dem Tragen von Hörgeräten wieder wahrgenommen und folglich als zu laut empfunden.
Da das Gehirn die Geräusche aber anders abgespeichert hat wie mit den Hörgeräten, muss man zum einen diese Geräuche als "neu" einstufen und somit anders verarbeiten.

Ähnlich denk ich, ist es mit den Kindern.
Einfache "Hörtests" mit Klatschen oder anderen Geräuschen werden kaum wahrgenommen, weil sie nicht wissen (können) was das ist und bedeuten soll.

Eine Parallele ist die (subjektive) Hörverbesserung bei neuen Hörgeräten. Man nimmt viel mehr Geräusche wahr und muss diese anders und neu einordnen. Auch wenn sich die/das Ohr/en recht schnell an die neuen Geräte gewöhnen (ca. 1-2 Wochen), braucht es eben seine Zeit, bis man die Menge an Geräuschen wirklich verarbeiten und einordnen kann um damit "normal" zu leben.
Wer nicht (gut) hören kann, sollte genauer hinsehen ;)
Körper(sprache) lügt niemals :!:

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Coralie
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Re: heute hörgerät bekommen - keine reaktionen ?!

#9

Beitrag von Coralie »

Das Hören entwickelt sich nicht erst anch der Geburt, sondern auch schon im Mutterleib lernt das Gehirn das Hören. Euer Kind fängt gerade erst damit an....ich kann es nachvollziehen, dass man so gerne sofort eine Reaktion hätte, aber manches braucht seine Zeit und die Anpassung eines Hörgerätes gerade in so jungem Alter braucht viel Fingerspitzengefühl...ihr werdet viel Geduld brauchen, ich drücke Euch die Daumen, dass der schöne Moment zu erleben, dass er etwas hört nicht so lange auf sich warten läßt, für Euch ist alle neu, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, auch wenn er nicht reagieren sollte gibt es immer noch die Möglichkeit des CIs, das war für mich ein riesen Trost....
CI einseitig, andere Seite mit Hörgerät versorgt bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit.
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