Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

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Rebekka
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Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#1

Beitrag von Rebekka »

Liebe Leute,

ich bin auf der Suche nach Tipps, wie Ihr mit starker Schwerhörigkeit im Beruf umgeht. Ich bin gerade in einer Phase beruflicher Neuorientierung und muss herausfinden, was ich mir überhaupt zutrauen kann. Telefonieren geht ok, bei Videokonferenzen sehe ich mich fast nicht benachteiligt. Schwierig sind größere Teammeetings und Projektbesprechungen live, möglicherweise noch mit Maske und in Räumen mit schlechter Akustik. Bei bestimmten Jobs müsste man zudem evtl. Schulungen oder Workshops mit Kund:innen abhalten. Wie macht ihr das? Nutzt ihr technische Hilfsmittel außer Hörgeräte, und wie ist der Umgang eurer Kolleg:innen damit? Könnt ihr auch mit Hörbehinderung anspruchsvolle Jobs machen, bei denen Kommunikation erforderlich ist?

Rebekka
cherusker
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#2

Beitrag von cherusker »

Hallo!
Was du bzgl. den Beeinträchtigungen beschreibst, betrifft mich auf die gleiche Weise. Telefonieren ist schwierig und je nach Gesprächspartner teilweise kaum möglich. Bei Meetings in größeren Räumen oder mit mehreren Personen nehme ich meist nur körperlich teil, Verstehen und aktive Teilnahme ist kaum möglich. In kleiner Runde geht es halbwegs. Mittlerweile finden die Meetings und Besprechungen nur noch Online statt. Das funktioniert für mich gut, solange ich ein Headset nutzen kann, mit PC-Lautsprechern oder der Tonausgabe eines Smart-TV geht es nicht.
Der Umgang der Kollegen mit meiner Schwerhörigkeit ist bescheiden. Ich habe bislang meine Schwerhörigkeit nicht offiziell verkündet, also kein Coming-Out, aber alle wissen, dass ich schlecht höre und in manchen Situationen kaum etwas zu 100% verstehe. Rücksicht wird da kaum genommen. Im Gegenteil, ich werde eher ausgeklammert. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich bislang noch nicht mit Hörgeräten versorgt bin. Wie ich später beruflich klarkommen werde, wird sich also noch zeigen.

Ich gehe aber davon aus, dass mit vernünftig angepassten Hörgeräten und evtl. Zubehör (externem Mikrophon, Streaming, etc.) eine weitestgehend uneingeschränkte berufliche Teilhabe - auch bei Schulungen, Workshops etc. - möglich sein sollte. Zumindest sollte man die persönliche Befähigung für einen Beruf schon abschätzen können. Das müssen aber auch Normalhörende Personen...
Grüße vom cherusker :cheers:
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Pfadi_
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#3

Beitrag von Pfadi_ »

@Cherusker, was du beschreibst war vor 6,5 Jahren für mich der Grund, das Thema "Versorgung mit HG" nicht weiter zu verdrängen.
Und ja, mit Hörgeräten solltest du Besprechungen im Präsenz gut folgen können.

Auch finde ich die Akzeptanz meines Umfeldes besser als ohne Hörgeräte. Die Schwerhörigkeit ist für jedermann sichtbar. Und zudem zeigst du, dass du deinen Beitrag zur besseren Kommunikation geleistet hast. Geh offen und selbstbewusst damit um. Das fiel mir lange schwer. Aber es hilft...wirklich.
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tabbycat
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#4

Beitrag von tabbycat »

Ich arbeite als Teamassistentin, muß viel telefonieren, habe einiges an Publikumsverkehr und nach Corona wieder mehr Präsenzmeetings.

Bis Anfang diesen Jahres war ich mit nur einem Hörgerät versorgt - auf meinen rechten Ohr, welches einen Hochton-Steilabfall hat. So wirklich zufriedenstellend war diese "Eineinhalbohrigkeit" nicht, ich fühlte mich oft ausgeschlossen, hatte teils richtig Muffensausen vor Veranstaltungen mit mehr als drei Personen.
Es war wie es war, obwohl ich seit vielen Jahren offen mit meiner Schwerhörigkeit umgehe.

Seit ich auf beiden Ohren versorgt bin (links kam eine Altersschwerhörigkeit dazu) ist alles viel besser: Dadurch, daß ich nun wieder räumlich höre, bewege ich mich wieder sicher in größeren Menschenansammlungen und Präsenzmeetings.

Telefonieren geht dank meiner linksseitigen Resthörigkeit und einer großen Belüftungsbohrung noch ganz normal. Wahlweise kann ich das Telefon im Büro aber auch auf die Hörgeräte streamen und hab dann die Hände frei.

Für Onlinemeetings benutze ich ein Headset und nehme die Hörgeräte raus.

Übrigens bin ich der Ansicht, daß sprechenden Menschen geholfen werden kann: Wenn ich mein Defizit nicht kommuniziere darf ich im Gegenzug nicht damit rechnen, daß jemand Rücksicht darauf nimmt - auch wenn es sich rumgesprochen haben sollte .

Schlüsselerlebnis für meine Offenheit war übrigens die Begegnung mit zwei Briten vor gut 20 Jahren im Büro. Die hatten eh schon einen starken Akzent. In Kombination mit meiner Schwerhörigkeit verstand ich kein Wort von dem, was sie mir erzählen wollten. Beim Verlassen meines Büros sagte dann einer zum anderen "oh, I think, she's stupid...". DAS hatte ich ausnahmsweise verstanden - und bin hinter beiden her, pflanzte mich vor ihnen auf und erklärte ihnen, daß ich schlecht höre und sie bitte langsam und deutlich mit mir reden sollen.
Hat dann übrigens prima funktioniert mit der Kommunikation mit den beiden - nachdem ihre Gesichtsfarbe von feuerrot wieder auf vornehme Inselblässe zurückgegangen war :D
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harzel
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#5

Beitrag von harzel »

Liebe Rebekka,

mir geht es ähnlich wie dir. Ich bin knapp 40 und arbeite im Bereich Marketing/Werbung.
Bei vielen beruflichen Situationen habe ich keine oder wenige Probleme. Beispielsweise beim Telefonieren oder bei Gesprächen in kleinen Büros. Meetings oder Konferenzen in größeren Räumen (mit mehreren Personen) finde ich allerdings sehr mühsam und ich verstehe oft vieles nicht. Für diese Situationen habe ich mir ein Hörprogramm gespeichert, das mehr "aufmacht". Damit komme ich schon etwas besser zurecht, richtig gut aber ist es auch nicht.
Leider weiß ich nicht genau, wie man damit am besten umgeht. Ich würde mich auch sehr freuen, wenn hier im Forum Berufstätige von ihren Erfahrungen erzählen könnten. Vielleicht ist das ja hilfreich.

Gruß,
harzel
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Randolf
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#6

Beitrag von Randolf »

Hallo, es kommt dabei sehr auf den ausgeübten und den erlernten Beruf und den GdB an.
Wer keinen SbA hat, muß sehen, wie es eben kommt. Hauptsache, das Geld reicht zum Wohnen und Leben.
Mike from MUC
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#7

Beitrag von Mike from MUC »

Da möchte ich mich gleich mit einer Frage anschließen. Was würdet Ihr denn als Strategie raten, wenn man vor einer größeren Gruppe einen Vortrag hält, bei dem es auch Fragen und Diskussionen gibt? Gar nicht thematisieren? Einen Kollegen bitten, bei Verständnisproblemen quasi zu dolmetschen? Nachfragen? Gleich am Anfang auf die Hörprobleme hinweisen - wie am besten?
tabbycat
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#8

Beitrag von tabbycat »

Ich würde vor Eröffnung der Diskussion freundlich, sachlich und ohne Gedruckse darauf hinweisen - und erwähnen, daß man bitte einfach nur langsam und deutlich mit mir reden möge.
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Randolf
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#9

Beitrag von Randolf »

tabbycat hat geschrieben: 4. Dez 2022, 12:35 Ich würde vor Eröffnung der Diskussion freundlich, sachlich und ohne Gedruckse darauf hinweisen - und erwähnen, daß man bitte einfach nur langsam und deutlich mit mir reden möge.
... ganz genau. Und einfach ein paar Tritte auf den Fragenden / die Fragende zugehen, dann ist die Funkverbindung wieder hergestellt. Da hat jemand mit einem GdB ganz andere Probleme.
Blümle
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#10

Beitrag von Blümle »

#7 Mach ich mittlerweile immer: „Weil ich hörbehindert bin und Hörgeräte dagegen leider nur sehr eingeschränkt helfen, bitte ich Sie schon vorweg um Nachsicht, wenn ich etwas akustisch nicht auf Anhieb verstehe und nachfragen muss. Zudem können Sie mir sehr helfen, wenn Sie so gut wie möglich auf Nebengespräche verzichten. So etwas ist mit Hörgeräten leider ne ganz schwierige Situation. Vielen Dank!“
Hab damit ganz gute Erfahrungen gemacht.
Randolf
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#11

Beitrag von Randolf »

Rebekka hat geschrieben: 2. Dez 2022, 10:22 Liebe Leute,

ich bin auf der Suche nach Tipps, wie Ihr mit starker Schwerhörigkeit im Beruf umgeht. Ich bin gerade in einer Phase beruflicher Neuorientierung und muss herausfinden, was ich mir überhaupt zutrauen kann. Wie macht ihr das? Nutzt ihr technische Hilfsmittel außer Hörgeräte, und wie ist der Umgang eurer Kolleg:innen damit? Könnt ihr auch mit Hörbehinderung anspruchsvolle Jobs machen, bei denen Kommunikation erforderlich ist?
Da steht es doch: Neu orientieren, stark sh. Wohl kein SbA. Da braucht es die richtigen Hilfsmittel, ggfs. FM. KK und Jobcenter sind gefordert.
Dani!
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#12

Beitrag von Dani! »

Hallo Rebekka,
mit einer derart allgemeinen Frage kann dir wahrscheinlich keiner eine genaue Auskunft erteilen. Ich zum Beispiel kann maximal 1 Stunde an einem Teammeeting teilnehmen. Dann bin ich für den Rest des Tages platt. Das selbe gilt auch für Telefonate. Wer länger als 1 Stunde mit mir quatschen möchte, muss dies auf elektronischem Wege tun. Rücksicht erfahre ich von meinen Kollegen nicht wirklich, obwohl sie das seit 20 Jahren wissen beziehungsweise seit sie mich überhaupt kennen. Allerdings ist das kein Problem, weil sie in meinem Fall von mir abhängig sind nicht umgekehrt.

@Mike: du hast ja schon selbst Vorschläge gemacht, was du tun könntest. Ich kenne deinen Hörverlust nicht. Jeder ist anders und kommt anders gut damit klar. Letztendlich musst du selbst ausprobieren, welches von deinen Vorschlägen für dich in welcher Situation am besten passt.
Dominik
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L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
Frangipani
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#13

Beitrag von Frangipani »

Hallo Rebekka,

zu deiner Frage "Könnt ihr auch mit Hörbehinderung anspruchsvolle Jobs machen, bei denen Kommunikation erforderlich ist?" - von meiner Seite ein klares Ja. Trotz vieler Huerden geht es. Ich habe vor ein paar Monaten in einen neuen Job mit viel Kommunikation zu Kunden, komplexen Projekten etc. gewechselt und der Start war nicht leicht, aber es wird immer besser. Ich denke, schau fuer dich was dir hilft und wieweit du im jeweiligen Job die Belastungen beeinflussen kannst.

Mir hilft es vor allem, so zu arbeiten, dass ich die Stressoren/Energiefresser minimiere wo es relativ problemlos geht. Manches kann ich nicht vermeiden wie z.B. ab und zu Arbeitstage mit ganz viel Aussenkontakt und bis zu 14h Kommunikation. Anderes kann ich steuern, z.B. ob ich im Grossraumbuero telefoniere (geht durchaus, aber strengt eben an, gerade bei langen Gespraechen). Ich lasse alles auf's Handy laufen und telefoniere da wo es ruhiger ist und wann immer moeglich an den Home Office Tagen.

Grosse Meetings sind manchmal voellig ok, manchmal sehr schwierig. Offenheit im eigenen Team hat mir sehr geholfen und klar zu kommunizieren was problematisch ist, z.B. wenn jemand abgewandt spricht. Meine Chefin habe ich anfangs ueberhaupt nicht gut verstanden. Nach dem ersten Tag war ich voellig fertig und dachte, ich kann den Job nicht machen. Mittlerweile habe ich mich an ihre eigenartige Aussprache und rapide Themenwechsel gewoehnt und schaue, dass ich ihr bei Meetings gegenueber sitze. Seitdem ich offen im Team bin, hat mich die Unterstuetzung ueberrascht. Als bei uns zwei neue Arbeitsplaetze am Fenster geschaffen wurden, wurde ich z.B. sofort gefragt ob das akkustisch besser ist als im Raum zu sitzen und konnte mir den optimalen Platz aussuchen.

Meine Erfahrung mit dem Halten von Workshops sind gut. Als Dozentin/Trainerin steuerst du ja die Kommunikation mit der Gruppe, bist voll mit dem Thema vertraut und kannst bei deiner Vorstellung auch kurz ansprechen, dass du nicht 100% hoerst und um das bitten was dir hilft.

Mittlerweile mache ich vieles einfach von dem ich weiss, dass es mir hilft - vor kurzem habe ich mich kurz nach Beginn in einem Kundenmeeting umgesetzt, um das Mundbild zu haben - gar kein Problem, aber frueher haette ich das nicht gemacht.

Wichtig finde ich, bei einem Jobwechsel nicht den Fokus auf den (gefuehlten) Defiziten gegenueber normalhoerenden Kollegen/Bewerbern zu haben, sondern dir auch bewusst zu machen was du durch die Hoereinschraenkung an Staerken entwickelt hast und mitbringst. Alles Gute fuer deine Neuorientierung!
Rebekka
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#14

Beitrag von Rebekka »

Danke für eure Antworten.
Ich gehe aber davon aus, dass mit vernünftig angepassten Hörgeräten und evtl. Zubehör (externem Mikrophon, Streaming, etc.) eine weitestgehend uneingeschränkte berufliche Teilhabe - auch bei Schulungen, Workshops etc. - möglich sein sollte. Zumindest sollte man die persönliche Befähigung für einen Beruf schon abschätzen können. Das müssen aber auch Normalhörende Personen..
Das ist halt sehr theoretisch, finde ich. Ich habe in meinem letzten Job wenig Schulungen und Workshops gehalten, schätze mich prinzipiell aber als dafür geeignet ein bzw. habe auch den Wunsch, solche Elemente in meiner Arbeit zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass man Strategien findet, gut mit der Schwerhörigkeit umzugehen, aber eben auch, dass die Kombination aus relativer Unerfahrenheit gepaart mit Schwerhörigkeit dazu führen könnte, dass es schief geht. Dass man eben ein paar Versuche braucht, um da einen guten Weg zu finden - aber hat man die im neuen Job dann auch, das ist halt die Frage. Andererseits will ich mich auch nicht von vornherein so einschränken und einen Job suchen, den ich zwar kommunikativ gut bewältigen kann, aber langweilig finde.

Ob man mit Hörgeräten Präsenzmeetings uneingeschränkt folgen kann, ist sicherlich eine Frage des Hörverlusts. Meine Hörgeräte sind sehr gut und gut eingestellt, aber mir gelingt das nicht immer. Ich brauche gute Akustik, Mundbild, Menschen, die nacheinander, laut und deutlich sprechen.
Rücksicht erfahre ich von meinen Kollegen nicht wirklich, obwohl sie das seit 20 Jahren wissen beziehungsweise seit sie mich überhaupt kennen. Allerdings ist das kein Problem, weil sie in meinem Fall von mir abhängig sind nicht umgekehrt.
Glücklich, wer in dieser Lage ist ;-) Darf man fragen, was du machst, @Dani! ? Was mit IT?

@Frangipani Du hast ja tatsächlich auch vor kurzem was Neues angefangen. Hattest du dafür ein Vorstellungsgespräch? Wenn ja, wie bist du dort mit der Schwerhörigkeit umgegangen und wie haben deine Vorgesetzten darauf reagiert?
Rebekka
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#15

Beitrag von Rebekka »

Gibt es hier jemanden, der in Meetings Mikrophone nutzt, wie z.B. Roger von Phonak?
Frangipani
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#16

Beitrag von Frangipani »

Rebekka hat geschrieben: 16. Dez 2022, 13:29 @Frangipani Du hast ja tatsächlich auch vor kurzem was Neues angefangen. Hattest du dafür ein Vorstellungsgespräch? Wenn ja, wie bist du dort mit der Schwerhörigkeit umgegangen und wie haben deine Vorgesetzten darauf reagiert?
Ja, ich hatte ein Vorstellungsgespraech. Es war in perfektem Rahmen - kleines Interviewpanel, kleiner Raum mit guter Akustik und die Fragen wurden vorab schriftlich geteilt mit 10 Minuten Vorbereitungszeit. Ich hatte mir vorgenommen es anzusprechen, falls etwas in der Situation problematisch ist, aber es lief alles super. Ich hatte in den letzten Jahren aber auch zig Vorstellungsgespraeche in denen es anders war. Die Frage ob vorab ansprechen oder nicht, finde ich schwierig und mache es von der Situation abhaengig.

Wie geschrieben, hatte ich in den ersten Tagen im neuen Job dann mehr Probleme als erwartet und habe es meiner Chefin mitgeteilt - die Reaktion war gut, es war kein grosses Thema.
Taubem
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#17

Beitrag von Taubem »

Ich suche auch einen Job mit SH. Habe mich zuerst auf anspruchsvolle Jobs beworben und nur Absagen erhalten. Es heisst immer, meine SH sei kein Problem, aber ich fühle, dass fast alle keinen Bock darauf haben.
Jetzt suche ich etwas, das ich Zuhause machen kann. Da gibt es nichts mehr als Callcenter-Jobs und dafür bin ich mit meiner SH ungeeignet.
Weiss jemand, was man Zuhause im IT-Bereich ohne Ohren machen kann?
Frangipani
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#18

Beitrag von Frangipani »

Taubem, auf was fuer Jobs hast du dich beworben und was hast du an Ausbildung/Studium? Wann informierst du potentielle Arbeitgeber ueber deine SH, im Interview oder schon vorher?
Randolf
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#19

Beitrag von Randolf »

Hallo Taubern,

was sind eigentlich anspruchsvolle Jobs?
Warum mußt du zu Hause arbeiten?
Hast du einen SbA?

Gruß Randolf
Taubem
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#20

Beitrag von Taubem »

Anspruchsvolle Jobs sind für mich solche, die ein Studium voraussetzen. Ich habe ein Studium absolviert und bin trotzdem arbeitslos. Einen SbA habe ich noch nicht.
Ich habe noch eine andere terminierende Krankheit, damit sie langsamer fortschreitet möchte ich von Zuhause arbeiten.
Bei den meisten Bewerbungen gebe ich meine SH an oder ich erwähne das erst bei der Vorstellung. Meine chronische Krankheit erwähne ich nicht, weil mich das noch nicht am arbeiten hindert. Aber ich bin auch nur mit SH einfach nicht erwünscht im Arbeitsmarkt.
Frangipani
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#21

Beitrag von Frangipani »

Taubem, ich druecke dir die Daumen, dass du etwas Passendes findest! Ich weiss, die lange Suche kann sehr anstrengend sein, aber irgendwann ist es die richtige Stelle und es klappt.

Wie kommunizierst du die SH im beruflichen Kontext? Ich mache es in Jobsituationen in der Regel so, dass ich ein Beispiel fuer Einschraenkungen gebe, das aber in dem Bereich auch keine grosse Huerde darstellt. Z.B., dass ich nicht gut hoere wenn jemand hinter mir oder abgewandt spricht. Das brauche ich in meinem Job nicht zwingend. Dann gebe ich aber auch ein Beispiel das positiv ist, z.B. mein Fokus in 1:1 Beratungen mit Kunden, was regelmaessig zu sehr gutem Feedback fuehrt und auch zu messbaren Erfolgen aus diesen Beratungen, die weit ueber dem Durchschnitt liegen. Falls du kein Beispiel aus beruflicher Taetigkeit hast, hast du sicher etwas aus deinem Studium, Ehrenamt etc.

Wenn du interessante Stellen siehst, recherchierst du was das Unternehmen im Bereich Diversity etc. macht? Mittlere und grosse Unternehmen sind hier oft besser aufgestellt als kleine. Oft gibt es auch Gleichstellungsbeauftrage in den Unternehmen, die auch Bewerbungsprozesse mit begleiten (sollten). Bei meinem aktellen Arbeitbeger hatte ich auch erst Befuerchtungen Nachteile zu haben (und ganz vermeiden kann man es sicher nie), aber ich habe dann erfahren, dass es aktuell ein grosses Programm gibt um ganz gezielt mehr Menschen mit Behinderung einzustellen, auf allen Ebenen der Organisation und auch, um bestehende Mitarbeiter zu mehr Offenheit zu ermutigen.

Falls du Englisch liest, ich fand diese Artikel hilfreich:
https://view.publitas.com/p222-4764/hea ... page/18-19
https://idainstitute.com/what_we_do/new ... ob_search/
Alles Gute!
Pfadi
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#22

Beitrag von Pfadi »

Taubem hat geschrieben: 27. Dez 2022, 01:35 Anspruchsvolle Jobs sind für mich solche, die ein Studium voraussetzen. Ich habe ein Studium absolviert und bin trotzdem arbeitslos. Einen SbA habe ich noch nicht.
Ich habe noch eine andere terminierende Krankheit, damit sie langsamer fortschreitet möchte ich von Zuhause arbeiten.
Bei den meisten Bewerbungen gebe ich meine SH an oder ich erwähne das erst bei der Vorstellung. Meine chronische Krankheit erwähne ich nicht, weil mich das noch nicht am arbeiten hindert. Aber ich bin auch nur mit SH einfach nicht erwünscht im Arbeitsmarkt.
Hallo Taubem,

ich führe beruflich Personalauswahlverfahren und lese deinen Beitrag mal aus der Sicht des Arbeitgebers:

Du schreibst, dass du keinen Schwerbehindertenausweis hast, aber mit deiner Schwerhörigkeit am Arbeitsmarkt unerwünscht bist. Ist das kein Widerspruch?

Du suchst einen „anspruchsvollen“ Job, möchtest von zu Hause arbeiten. Den Grund dafür nennst du dem Arbeitgeber nicht.
Ich glaube, dass es den meisten Arbeitgebern im Vorstellungsgespräch darauf ankommt, ein schlüssiges Bild von den Bewerbern zu gewinnen. Das könnte dazu führen, dass du mit deiner Einschränkung „nur von zu Hause“ unflexibel wirkst. Oder der Arbeitgeber wird aus dir nicht ganz schlau. Beides wäre für mich ein Grund, dich nicht einzustellen.

Und je länger du arbeitslos bist, desto schneller landest du gleich auf dem Nein-Stapel.

Alles in allem glaube ich, dass deine Schwerhörigkeit eher nicht der (eine) Grund für eine Nichteinstellung ist. Ich würde an deiner Stelle Ausschau nach Arbeitsplätzen halten, die zumindest auch im Homeoffice ausgeführt werden können. Dann würde ich mich flexibel zeigen. Homeofficemöglichkeiten werden sich dann von selbst ergeben.

Viel Erfolg

Pfadi
muggel
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#23

Beitrag von muggel »

Hallo,
ich weiss zwar nicht, warum es Homeoffice sein muss, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dies das größere Problem darstellt. Denn die Arbeitgeber möchten, dass man sich auch "mal sieht", ggf. gemeinsame Meetings in Präsenz durchführt. Dies ist einfach auch positiv für das Team- und damit für das Arbeitsklima. Hier besteht die Regel 3:2 -- 3 Tage Präsenz, 2 Tage Homeoffice, wobei de Homeoffice-Tage im Team abgesprochen werden müssen. Dieses wurde sowohl von den MItarbeitern als auch von dem Arbeitgeber so gewünscht.
Ausnahmen von dieser Regel (d.h. wenn man mehr Homeoffice-Tage haben möchte) gibt es im Einzelfall schon, z.B. wenn man Handwerker im Haus hat etc, ist aber nicht so gerne gesehen.

Da du zudem keinen Schwerbehindertenausweis hat, der deine Einschränkungen "schwarz auf weiss" zeigt, klingt das so für mich, als würdest du "nicht wollen". Gerade Arbeitgeber haben oft noch ein gewisses Maß an Misstrauen hinsichtlich Homeoffice inne. Sie glauben, dass die Arbeitsleistung im Homeoffice schlechter ist, dass viel Arbeitszeit mit anderen Dingen "vergeudet" wird. Oft ist dieses unbegründet, aber es hilft, wenn die Leute regelmässig im Büro sind, um auch gegen dieses Vorurteil anzukämpfen.

Nun kommst du daher und "willst" direkt ein Homeoffice-Platz haben. Die Begründung hast du mit einer Erkrankung genannt, jedoch weiß ich nicht, ob für Arbeitgeber das verständlich ist. Bei Dialyse wäre es klar, aber nur wenn man z.B. Rollstuhlfahrer sein sollte, spricht nichts gegen Bürotage (ja, ich darf das sagen, ich sitze selbst im Rollstuhl).

Was ich gelernt habe aus meiner letzten Bewerbungsrunde: Offenheit und Ehrlichkeit. Ich habe so die Angst meiner Arbeitgeber vor "Behinderten" genommen, denen offen gesagt, was geht und was nicht geht. Dies war nötig, da ich tatsächlich die erste schwerbehinderte Bewerberin in dem Betrieb bisher war.
Und? Es klappt wirklich super. Wenn ich merke, dass etwas nicht passt, dann spreche ich das an. Ich versuche zu erkären, warum und wieso und wenn dieses schlüssig und verständlich ist, habe ich bisher noch nie ein "nein" bekommen. In Meetings setze ich eine Konferenzanalge ein und (nach den obligatorischen Startschwierigkeiten) funktioniert es super. Die Kollegen erinnern sich gegenseitig an die Mikrofonnutzung.
Geht es mir nicht gut, dann schreibe ich genau das meinem Teamleiter und bekomme eher ein "klar kannst du eher gehen, gute Besserung" anstelle eines "nee, geht nicht". Offen kommunizieren, erläutern, Barrieren abbauen.
Auf mehrfachen Wunsch einer bestimmten Moderatorin hier die Warnung:
Achtung, auch gelegentlich bissig!
AlfredW
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#24

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

wobei dieses "früher gehen" nicht zu häufig vorkommen sollte.

Gruß

Alfred
bds Innenohrschwerhörigkeit ca. 80 dzb
Phonak Audeo R P50 13T UP + TV-Link
muggel
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Re: Schwerhörig im Beruf, Meetings etc.

#25

Beitrag von muggel »

AlfredW hat geschrieben: 27. Dez 2022, 12:16 Hallo,

wobei dieses "früher gehen" nicht zu häufig vorkommen sollte.

Gruß

Alfred
Natürlich kommt das nicht zu häufig vor - das sollte klar sein.. Und wenn, dann geht die fehlende Zeit von meinem Überstundenkonto ab. Was ich halt sagen wollte: Kommunikation ist halt wichtig, auch bei solchen Kleinigkeiten (z.B. auch nur 10/15 min vor offiziellen Schluß gehen).
Auf mehrfachen Wunsch einer bestimmten Moderatorin hier die Warnung:
Achtung, auch gelegentlich bissig!
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