Audiogramm u. Verstärkung

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Johannes B.
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Audiogramm u. Verstärkung

#1

Beitrag von Johannes B. »

moin,
ich habe eine Verständnisfrage:
angenommen, man hätte ein Audiogramm durchgängig bei 30 dB
was bedeutet das?
man hört nix,was leiser ist als 30 dB?
muss man jetzt alles mit 30 dB verstärken, um so zu hören, wie ein unverdorbenes Kinderohr?
wenn die Normalsprache also bei 60 dB liegt, muß dann das Hörgerät auf 90 dB verstärken?
Ich danke für Aufklärung.

Freundliche Grüße
Johannes B.
"8samkeit ist praktizierte Hörhilfe" :sm(89):
Salve
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Registriert: 1. Apr 2013, 00:12
11

Re: Audiogramm u. Verstärkung

#2

Beitrag von Salve »

Ja, so wie ich es erfahren haben, bedeuten deine 30 db Hörschwelle die Hürde, die das jeweilige Geräusch oder Sprache überspringen muss :-)
Alles was darunter liegt, hörst du nicht.
Wenn jetzt ein Hörgerät hinzukommt, dann verstärkt dieses jene leisen Töne in deinen hörbaren Bereich. Somit würdest du dann wieder Geräusche unterhalb von 30 db mit Hörgerät hören können.
Wenn die Normalsprache nun bei 60 db liegt, dann verstärkt dein HG alles eben nicht auf 90 db. Das wäre ja schlimm ;-) Leise Sprache wird verstärkt und laute Sprache wird eben in Anpassung deiner Hörleistung gar nicht oder weniger verstärkt.
Johannes B.
Beiträge: 2345
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Re: Audiogramm u. Verstärkung

#3

Beitrag von Johannes B. »

danke Salve,
dann hört man also mit Hörgerät deutlich weniger dynamisch als ein Kind ohne Hörgerät?
also der Unterschied zwischen leise und lauter ist entsprechend eingeschränkt?
"8samkeit ist praktizierte Hörhilfe" :sm(89):
Ohrenklempner
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Re: Audiogramm u. Verstärkung

#4

Beitrag von Ohrenklempner »

Hello

Schallsignale mit einer Intensität von 0 dB können praktisch nicht verstärkt werden. Hörgeräte fangen meist bei etwa 20 dB überhaupt mit der Arbeit an. Das hat mehrere Gründe, unter anderem:
- die Mikrofone selbst erzeugen ein Eigenrauschenrauschen von 15-20 dB
- unterhalb dieser Pegel passiert nichts Interessantes
-- leise Konsonanten in ruhiger Sprache zischeln kaum leiser als 20 dB; in der Perzentilanalyse ist kaum eine Perzentile unter 20 dB, was bedeutet, dass 99% der Sprachinformation lauter als 20 dB ist
-- das LTASS (Long Term Average Speech Spectrum, Mittleres Sprach-Langzeitspektrum) liegt bis 1 kHz bei etwa 55-60 dB, über 1 kHz überwiegend bei 40-50 dB)
- selbst in einem ruhigen Raum ist die Stille etwa 20 dB "laut"

Darum verstärken Hörgeräte frühestens ab 20 dB Eingangssignal. In deinem Fall hätten wir dann maximal 10 dB Verstärkung drauf -- im Hochtonbereich, da Sprachsignale da leiser sind. Im Tieftonbereich weniger bis gar nichts.
Hat das Gehör eine eingeschränkte Dynamik (was in den meisten Fällen so ist), greift noch eine Kompression. Damit würden dann beispielsweise 60 dB laute Signale nur noch um 5 dB verstärkt und 80 dB gar nicht mehr.

Die 60 dB (oder 65 dB) bei normal lauter Sprache ist übrigens ein Spitzenpegel. Darum steht im Sprachaudiogramm auch dB (I), das I bedeutet "impulsbewertet".
Dani!
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Re: Audiogramm u. Verstärkung

#5

Beitrag von Dani! »

Johannes B. hat geschrieben: 17. Jan 2022, 13:16 dann hört man also mit Hörgerät deutlich weniger dynamisch als ein Kind ohne Hörgerät?
Richtig, du hörst dann schlechter als Gleichaltrige Bild
also der Unterschied zwischen leise und lauter ist entsprechend eingeschränkt?
Der statische Dynamikbereich ist bei typischer Innenohrschwerhörigkeit geringer.
Da aber auch das Normalohr nicht jede Lautstärke zwischen 0 und 100dB zum selben Zeitpunkt gleichzeitig wahrnehmen kann, gibt es auch den dynamischen Dynamikbereich. Den Unterschied hört man aber erst, wenn man wirklich schwerhörig ist, nicht du.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Vorsicht bissig.
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