Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

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Elisa Beth
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Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#1

Beitrag von Elisa Beth »

Hallo!

Ich habe mich hier angemeldet, da ich Fragen zu Otosklerose habe. Hier ein paar Informationen zu mir: Ich bin 35 und habe vor 6 Wochen mein erstes Kind bekommen. Vier Wochen nach der Geburt ist mir plötzlich aufgefallen, dass ich nun auf dem rechten Ohr deutlich schlechter höre. Ich wollte eines Abends ein Hörbuch anhören und habe überhaupt nichts verstanden, als mein gutes Ohr im Polster versunken ist. Da Anfang 2020 bereits das Thema Otosklerose im Raum stand, wusste ich bereits, was mich vermutlich erwartet. Damals, 2020, war das Audiogramm nach sieben Wochen aber besser und unauffälliger, der Unterschied zwischen Knochenleitung und Luftleitung auf dem rechten Ohr war fast verschwunden und der Hörverlust mit ca. 20db wieder geringer. Somit war ich vorerst beruhigt. Das Hörvermögen blieb dann erfreulicherweise auch etwa so bis Juni 2021 (SSW 24), als ich nur zum Durchspülen dort war. Doch nach meiner "Entdeckung" Ende Oktober hat der HNO nun leider bestätigt, dass sich mein Hörvermögen auf dem rechten Ohr seit Juni merklich verschlechtert hat.

Hier sind die Audiogramme:
https://ibb.co/pPv49B2

Die für Otosklerose typische Senke bei 2000Hz habe ich nicht, aber der zeitliche Zusammenhang mit der Schwangerschaft und die Familiengeschichte sprechen für Otosklerose. Interessanterweise war das Audiogramm im Jänner 2020 dem aktuellen recht ähnlich und es hat sich dann wieder gebessert. Im Jänner war ich damals dort, weil beide Ohren nach einem Thermenbesuch extrem verstopft waren.

Das aktuelle Audiogramm ist aber doch nochmal schlechter als das allererste und war jetzt eine deutliche Verschlechterung in sehr kurzer Zeit und macht mir Sorgen. Ich weiß, dass bei Otosklerose eine solche Verschlechterung während der Schwangerschaft aufgrund der großen Hormonumstellung typisch ist.

Meine Mutter hatte Otosklerose einseitig und hat sich nach der drastischen Verschlechterung in der zweiten Schwangerschaft operieren lassen. Sie hatte danach wieder 70% Hörvermögen und das blieb dann auch so. Das andere Ohr blieb heil.

Zu meinen Fragen/Sorgen:

Die Frage, die mich derzeit am meisten beschäftigt, lautet: Wie wahrscheinlich ist bei Otosklerose eine weitere Verschlechterung nach der Geburt und wie schnell würde diese passieren? Es heißt, dass die Krankheit langsam fortschreitet und sich nur durch eine OP stoppen lässt. „Muss“ es sich verschlimmern oder „kann“ das sein? 2020 hat sich mein Hörvermögen ja wieder verbessert. Ist eine solche Verbesserung oder Schwankung häufig?
Derzeit fällt mir stark auf, dass ich schlechter höre als vor zwei Wochen. Ich höre rechts wie unter Wasser, dumpf und ganz leise. Aber ich weiß nicht, ob sich das derzeit tatsächlich laufend verschlechtert oder ob es mir einfach nur so bewusst ist, weil mich das beschäftigt und ich ständig darauf achte. Das war nämlich auch so, als die Diagnose das erste Mal im Raum stand. Dieses Mal fällt es mir aber viel stärker auf.

Laut HNO soll ich zunächst abwarten und beobachten und es in einem Jahr kontrollieren lassen, da eine OP derzeit nicht nötig ist und mit Baby eh nicht gut machbar. Was sind eure Erfahrungen mit der weiteren Entwicklung? Geht es mit dem Hörvermögen ständig bergab, wenn die Verknöcherung einmal so einen „Boost“ bekommen hat, oder bleibt die Situation nach der Geburt eher stabil?

Meine nächste Frage: Wie wirkt sich der Hormonhaushalt beim Stillen aus? Positiv, negativ oder gar nicht?

Weiters: Wenn die OP auf einem Ohr die Otosklerose stoppt, was passiert dann mit dem anderen Ohr? Bleibt das auch verschont? Bei meiner Mutter blieb es heil, aber das kann ja auch Zufall sein.
Ich habe große Angst vor einer Taubheit durch eine missglückte OP und würde mich das derzeit nicht trauen (besser schlecht hören als gar nicht...). Was sind eure Erfahrungen mit der OP?

Und zum Abschluss eine optimistische Frage: Deuten die Schwankungen mit zwischenzeitlicher Besserung vielleicht auf etwas Harmloses statt Otosklerose hin? Was könnte das denn sein?

Ich bin gespannt auf eure Antworten. Danke im Voraus!
Liebe Grüße,
Elisabeth
KatjaR
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Re: Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#2

Beitrag von KatjaR »

Liebe Elisabeth,
erstmal herzlichen Glückwunsch zum Nachwuchs! Genieße deine neue Lebenssituation, trotz der Sorgen und Fragen, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Grade wenn man erbliche Hörschädigung in der Familie hat, macht man sich natürlich viele Gedanken, bei auftretenden Hörschwankungen.

Leider gibt es auf deine vielen Fragen nicht wirklich allgemein gültige Antworten. Otosklerose (wenn man diese als Ursache unterstellt) nimmt einen sehr unterschiedlichen Verlauf, und ist extrem individuell.

Ich selbst bin nicht von Otosklerose betroffen, kenne aber einige bei denen das die Ursache ihrer Ertaubung war. Da ich hauptsächlich mit CI-Trägern zu tun habe, sind das aber die, die am stärksten betroffen waren, was ich bei dir nicht hoffe. Aber selbst wenn es zu solchen gravierenden Problemen kommen sollte, kann man die heutzutage doch gut behandeln und mit CI gut klar kommen lernen.

Ich würde wegen deiner Fragen versuchen von Fachärzten Antworten zu finden, beispielsweise über den Frauenarzt, welchen Einfluss Stillen auf welche Hormone hat, welche Verhütung ebenso. Mit den Antworten würde ich von HNO-Seite aus versuchen rauszufinden, was eher krankheitsverschlechternd sein könnte, und was eher nicht.

Viel mehr an Möglichkeiten hast du glaube ich zur Zeit nicht.
Wenn es wirklich Otosklerose sein sollt, kann ich nur mit dir hoffen, dass es ähnlich wie bei deiner Mutter nicht zu einem drastischen Verlauf kommt, und einseitig bleibt.

Alles Gute wünscht dir und dem Nachwuchs
Katja
Langjährige CI-Trägerin (AB) Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe.
(Rainer Maria Rilke)
Mukketoaster
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Re: Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#3

Beitrag von Mukketoaster »

Hallo Elisabeth

Also grundsätzlich ist jeder Kunde/Fall individuell zu betrachten. Leider kann tatsächlich jedes Szenario eintreffen. Ob und wie sich die Geburt auf die Otosklerose auswirkt, kann dir kein Mensch der Welt sagen.
Im übrigen ist es nicht zwangsläufig, dass eine Carhartt Senke auftritt. Laut deinem Audiogramm würde ich auch erstmal noch zur Ruhe raten und schauen wie es sich entwickelt. Eine Operation macht derzeit, unabhängig vom Baby, keinen Sinn- dafür ist es zu wenig ausgeprägt.

Lass die Dinge ihren Lauf nehmen und schaue was kommt. Ich kann dich beruhigen, es ist noch nicht sehr schlimm.

Solltest Du einen starken Leidensdruck haben, was völlig in Ordnung wäre, lass dir ein Hörgerät anpassen.

LG

M!
Elisa Beth
Beiträge: 2
Registriert: 2. Nov 2021, 20:17
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Re: Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#4

Beitrag von Elisa Beth »

Danke für die Glückwünsche zur Geburt und die bisher eher beruhigenden Antworten, auch wenn noch vieles unklar ist bzw. bleiben muss. Zumindest habe ich den Eindruck, dass es sich nicht zwangsläufig verschlechtern muss, wenn jeder Fall individuell zu betrachten ist und alles möglich ist. Dass in diesem Forum hauptsächlich Personen mit schwererem Verlauf anzutreffen sind, ist klar. Dass auch ein schwererer Verlauf keine Katastrophe sein muss (was es in meiner Vorstellung derzeit ist), weil auch dieser gut behandelt werden kann, ist auch eine beruhigende Botschaft. Ich habe mich davor nämlich etwas durch das Forum geklickt und natürlich in erster Linie von Mehrfach-OPs und Komplikationen gelesen. Das verunsichert, aber ich sollte mir dessen bewusst sein, dass man ja meistens bei Problemen postet und nicht dann, wenn alles gut geht.
Mukketoaster
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Re: Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#5

Beitrag von Mukketoaster »

Eben, leider reden die Menschen immer nur über extreme Fälle, hier im Forum besonders. Die meisten, bei denen es gut geht, reden/schreiben gar nicht darüber. Sei wirklich erstmal unbesorgt und schaue was kommt. Ich verstehe dich, das Ungewisse macht fast krank, aber warte wirklich ab,
jimmjimmy
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Re: Fragen zu Otosklerose und Einschätzung der weiteren Entwicklung

#6

Beitrag von jimmjimmy »

Hallo Elisabeth,
zunächst auch von mir herzlichen Glückwunsch zur Geburt eines gesunden Kindes. Geniesse es, Mutter zu sein. ich bin ebenfalls erblich von Otosklerose betroffen und verfüge diesbezüglich über einen reichen Erfahrungsschatz. Es ist eine autosomal vererbte Erkrankung und wenn ein Elternteil betroffen ist, ist die Wahrscheinlichkeit für die Kinder relativ gross, an Otosklerose zu erkranken. Bei mir haben von 4 Geschwistern 3 die Otosklerose von der Mutter geerbt. Nur der jüngste Bruder erfreut sich eines normalen altersentsprechenden Gehörs. Die übrigen drei Geschwister fachsimpeln jetzt im fortgeschrittenen Alter über die beste Hörgeräteanpassung. Wir sind diesbezüglich ja in innovativen Zeiten unterwegs, was die Hörgerätetechnologie angeht.

Von meiner Schwester weiss ich, dass sich nach ihren beiden Schwangerschaften das Hören verschlechtert hat und die Umstellung der Hormone während der Schwangerschaft wird möglicherweise dabei eine Rolle spielen. Die genaue Ursache ist wohl noch nicht geklärt. Aber eine Schwangerschaft verschlechert bei Otosklerose das Hören.

Operiert ( Stapesplastik) sind wir natürlich mittlerweile alle mit ganz unterschiedlichem Erfolg. Von mir kann ich sagen, dass meine beiden Operationen am linken Ohr das Gehör nicht wirklich verbessert haben. Ich war damals bei einem der besten Operateure ( Prof.Plester an der Uni Tübingen) und schon vor der OP wurde das Ergebnis kritisch gesehen. Weil die Otosklerose eben auch vor dem Innenohr nicht halt macht. Bis dahin hatte ich ja geglaubt, das schlechte Hören sei nur das Problem des verknöcherten Steigbügels im Innenohrfenster. Ist es aber leider nicht. Und so ist vor einer Operation an Hand der Knochen- und Schalleitung zu prüfen, ob eine Stapesplastik Hörverbesserung bringt. Die Knochenleitung sollte besser sein als die Schalleitung. Am rechten Ohr habe ich mich dann bewusst nicht operieren lassen und diese Entscheidung ist mitverantwortlcih dafür, dass ich mit diesem Ohr noch am akustischen und musikalischen Leben teilnehmen kann. Beidseits natürlich versorgt digitalen Hörgeräten.Sogar Klavierspiel ist möglich.

Warte einfach mal in Ruhe ab, wie sich das entwickelt und plane den Zeitpunkt in aller Ruhe für eine mögliche Stapesplastik. Und gehe mal davon aus, dass es bezüglich der Behandlung sicherlich weitere Erkenntnisse geben wird. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass ich vor einigen Jahren mal aufgefordert wurde, Blut an die Uni Tübingen einzuschicken, um der Frage nachzugehen, welche Genlokalisationen für die Vererbung der Otosklerose verantwortlich sein könnten. Habe leider nie ein Ergebnis erfahren.

Wenn Operation, dann an einer Stelle mit viel Erfahrung und Routine der Ärztinnen und Ärzte für diesen mikrochirurgischen Eingriff. Anatomisch ist das nämlich eine rechte Herausforderung und der Facialisnerv liegt nahe dem Operaionsgebiet. HNO in Tübingen ist wohl weiterhin diesbezüglich zu empfehlen.

Geniesse jetzt immer wieder das bewusste Hören. Die Vögel zwitschern ja gerade schon wie im Frühling.
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